Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 106
Ihnen, Herr Stadtrat, gratulieren. Es freut mich sehr, dass es nach Jahrzehnten endlich einen zuständigen Stadtrat für diese wichtige Materie gibt, mangelt es in Wien doch in vielen Bereichen an Transparenz. Der erste Zug, und Sie verzeihen mir diese Metapher, der erste Zug im Schachspiel der Politik ist Ihnen also gelungen, Herr Wiederkehr. Man denke dabei an die Vergabe von Gemeindewohnungen, manche Postenvergaben, aber auch an zahlreiche fragwürdige Liegenschaften in der Vergangenheit. Trotzdem beschleicht mich das ungute Gefühl, dass es Ihnen, Herr Stadtrat, mehr um Ihren Posten als um echte Transparenz geht.
Das sieht man in erster Linie bei Ihnen selbst, Herr Wiederkehr. Während Sie und Ihre Kollegen aus der Opposition 2018 noch ein Hearing für amtsführende Stadträte gefordert haben, sind es nun Sie selbst ohne so ein Hearing geworden. Die Maßstäbe, die Sie für andere gefordert haben, sind Ihnen völlig egal, sobald es um Ihre eigene Position geht. Kaum an der Macht, machen die NEOS schon die Spiele der SPÖ mit und lassen die Akteneinsicht der Mandatare zu einem Witz verkommen. Wesentliche Unterlagen, die zu einer gewissenhaften Entscheidung notwendig sind, sind seit Ihrem Amtsantritt nicht mehr Bestandteil des uns zur Verfügung gestellten Aktes. Trommelte Ihre Partei im Wahlkampf stets, dass man vor allem, erst an der Macht, für mehr Transparenz sorgen möchte, so bekommen Sie bereits jetzt Ihre Grenzen von Seiten der SPÖ aufgezeigt.
Man hat bereits jetzt den Eindruck, dass Sie leider, wie erwartet, schwache Koalitionspartner sind. Ich hoffe sehr, dass sich hier etwas ändert und man der Opposition alle erforderlichen Unterlagen bereitstellt, um die bestmögliche Entscheidung im Sinne der Wienerinnen und Wiener treffen zu können.
Was mich allerdings massiv zweifeln lässt, ist, dass Sie sich im Regierungsprogramm kaum bis gar nicht durchgesetzt haben und bereits bei Regierungseintritt zahlreiche Versprechen an der Garderobe der Macht abgegeben haben. Ich habe mir die Mühe gemacht, das gesamte Regierungsprogramm auf Ihre Versprechen betreffend mehr Transparenz zu durchleuchten und bin bis auf ein paar Kleinigkeiten leider nicht fündig geworden. So haben Sie sich von einer Reihe von Vorhaben gleich ganz verabschiedet, denn kaum an der Macht, vergessen Sie und Ihre Fraktion auf Ihre wichtigsten Spielzüge.
Ihre Schachfiguren, nennen wir sie Finanzgebarung der Stadt Wien, Verträge und Vergaben der Stadt oder eine Ihrer wichtigsten Spieler die unabhängige Vergabekommission, Sie haben diesen Spieler komplett vom Feld genommen. Auch auf ein Subventionsgesetz, mit dem Sie eine rechtliche Grundlage für Förderungen schaffen wollten oder eine Reduzierung der Förderungen, haben Sie gleich ganz verzichtet, wissend, dass die SPÖ Sie sonst nicht ins gemachte Nest gelassen hätte. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Würde ich alle Ihre Forderungen aufzählen, die Sie begraben haben, um die SPÖ nicht zu verärgern, würde ich übernächste Woche noch hier stehen. Leider, oder aber auch zu Ihrer Erleichterung, ist meine Redezeit begrenzt.
Alle diese Punkte bestätigen ein Mal mehr, wieso sich die SPÖ für Sie als Partner entschieden hat, waren Sie doch ohne Widerstand zu haben, jederzeit bereit, auf Ihre Prinzipien zu vergessen. Sie haben die DNA Ihrer Partei verraten und verkauft, nur um sich heute Vizebürgermeister nennen zu dürfen. Hier möchte ich den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ gratulieren. Sie haben es geschafft, einen Koalitionspartner ohne Forderungen zu finden. Die Schonfrist, die wir Ihnen so gerne gewährt hätten, ist angesichts des Regierungsprogramms leider nicht angebracht. Nun, Herr Wiederkehr, wir werden Ihre Züge genau beobachten, auch wenn Sie kaum noch erfolgreiche Spielzüge machen können. Vergessen Sie nicht, Herr Stadtrat, dass auch für Sie Wienerinnen und Wiener an erster Stelle zu stehen haben und nicht die Interessen der SPÖ-Wien!
Wir als Oppositionspartei werden Sie an Ihren Taten messen und werden unbequem, aber konstruktiv sein. Wir werden eine Politik des Anstandes verfolgen und zeigen, was möglich wäre, hätte man sich nicht derart angeschmiegt. In diesem Sinne, Herr Stadtrat, Schach, aber hoffentlich noch nicht matt.
Geschätzte Damen und Herren, danke für Ihr Gehör und mehr Mut. Gerne unterstützen wir Sie bei den sinnvollen Bestrebungen, Wien transparenter zu machen. Wien hat sich Transparenz verdient und dafür setzen wir uns ein.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war 6 Minuten, die Restredezeit für die ÖVP ist 5 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Marina Hanke, selbstgewählte Redezeit ist 11 Minuten, Fraktionsredezeit ist 19 Minuten.
GRin Marina Hanke, BA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Wir sind in der Diskussion zur Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Integration und Transparenz. Ich möchte meine Redezeit dazu nutzen, um auf einen Themenbereich einzugehen, der mir in dieser Debatte eigentlich bisher komplett abgegangen ist und das finde ich gerade in Zeiten wie diesen schade. Ich möchte auf die Situation von jungen Menschen in dieser Corona-Pandemie eingehen, auf die Situation von jungen Menschen, von jungen WienerInnen. Wir wissen jetzt seit vielen Monaten, dass gerade junge Leute, Kinder, aber vor allem auch Jugendliche und junge Erwachsene von dieser Corona-Pandemie besonders betroffen sind. Sie stehen vielleicht als Jugendliche am Beginn ihrer Ausbildung, am Beginn ihrer beruflichen Karriere, bauen sich gerade was auf, sie haben Pläne, sie haben Wünsche, sie haben Träume. Mit einem Mal ist das alles zerplatzt. Sie alle kennen die Zahlen zur Jugendarbeitslosigkeit. Die haben wir in der vorigen Debatte schon besprochen. Sie sind zu Hause, sie sind isoliert von ihren Freundinnen und Freunden, es heißt, Homeschooling, es sind vielleicht beengte Verhältnisse, man kann sich nicht austauschen, man ist im Lockdown, es gibt kein Draußensein mit Freundinnen und Freunden.
Das alles macht gerade für junge Menschen die psychische Belastung sehr groß, der psychische Druck
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