Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 106
Nummer 1 dar - wir haben das auch schon von der Kollegin von den NEOS vorhin kurz gehört. Der Stadtentwicklungsplan ist immer sehr geduldig, wird als Zielvision verwendet, aber weder Ziel noch Vision finden sich konkret in diesem Konvolut. Ihm zur Seite gestellt sind viele Fachkonzepte, et cetera. Ich habe das schon sehr oft an dieser Stelle erwähnt, die Verbindlichkeit von diesen Fachkonzepten ist Null, es sind allein politische Willenskundgebungen. Und zwischen dem Stadtentwicklungsplan und dem detailscharfen Flächenentwicklungsplan war bislang nichts. Auch da haben wir immer darauf hingewiesen, es braucht eine zusätzliche Planungsebene. Jetzt wurden zwar in ähnlicher Form sogenannte stadtteilbezogene Entwicklungskonzepte eingeführt, aber viel gesehen habe ich noch nicht davon, also wir warten darauf, dass sie tatsächlich zur Anwendung kommen. (Zwischenruf von GR Mag. Josef Taucher.) - Ja wunderbar, in zwei Wochen höre ich vom Kollegen Taucher, ich bin schon sehr gespannt. (Zwischenruf von GR Mag. Josef Taucher.) - Das haben wir schon vor einem halben Jahr in der Stadtentwicklungskommission beschlossen, ich weiß nicht, ob du da dabei warst. Aber ich finde, es sollte hier auf jeden Fall eine zusätzliche Planungsebene verbindlich eingesetzt werden, und dazu bringe ich auch einen weiteren Antrag ein. (Zwischenruf von GR Mag. Josef Taucher.) - Ja, du hast es eh schon gesagt, wir warten schon sehr lange, dass sie zur Anwendung kommen.
Zum Thema Warten habe ich noch einen dritten Punkt mitgebracht, den ich in den letzten fünf Minuten meiner Redezeit ansprechen möchte. Ein Thema, bei dem wir auch schon sehr lange warten und das uns schon sehr lange beschäftigt, ist das Weltkulturerbe. Und zwar ein Thema, bei dem Rot-Grün damals wirklich von einem Fettnäpfchen ins nächste, von einer Katastrophe in die nächste geschlittert ist, und das alles selbstverschuldet. Wir haben uns immer gefragt: Was ist da los? Was sind die Hintergründe? Warum läuft da alles schief? Ist es Desinteresse geschuldet oder besonderen Interessen? Ein Projekt, das auch zur derzeitigen Wetterlage passt, vernebelte Sicht, die nicht erkennen lässt, ob man noch auf dem richtigen Weg ist. Und es ist richtig schön, die drei Verhaltensphasen der Stadt, zu beobachten: wichtiges Mitmischen, fragwürdige Entscheidungen und schlussendlich Verantwortung abschieben.
Warum erzähle ich Ihnen das jetzt, sehr geehrte Damen und Herren? Vor fast genau einem Jahr haben wir als neue Volkspartei eine Sondersitzung zum Thema Heumarkt-Projekt und Rettung des Weltkulturerbes einberufen. Bei dieser Sitzung hat es einen überraschenden Auftritt der SPÖ, konkret von Kollegen Woller, gegeben, der uns hier gönnerhaft am Rednerpult erklärt hat, es gäbe einen Kompromiss mit dem Projektentwickler. Seither ist es mehr als still geworden um das Thema. So still, dass es nicht einmal mehr im Koalitionsabkommen von Rot-Pink Erwähnung findet. Erst kürzlich flatterte ein Antrag ein, so mehr schlecht als recht, mit schlechtem Gewissen auch zum Thema Weltkulturerbe und Steinhof-Gründe, also fragwürdige Herangehensweise, aber gut, jedenfalls, keine Erwähnung im Koalitionsprogramm.
Das ist natürlich erstaunlich, aber es lässt schon fast ahnen, dass Sie den Weltkulturerbe-Status unserer Stadt bereits abgeschrieben haben. Wir rechnen tatsächlich damit, dass wir in Wien auf Grund dieses vollkommen in die Hose gegangenen Prozesses, den die rot-grüne Stadtregierung zu verantworten hat, das Weltkulturerbe verlieren. Ein Jahr lang nichts, wir haben nichts mehr davon gehört. Wer weiß, was sich hinter den verschlossenen Türen an Entwicklungen getan hat, nicht nur wir werden als Opposition im Dunkeln gelassen, niemand weiß, was Stand der Dinge ist. Dass der Projektentwickler bauen will, ist nachvollziehbar und steht auch schwarz auf weiß. Auch die WertInvest hat kurz nach der Sitzung letztes Jahr eine entsprechende Presseaussendung verschickt, wo das auch klargestellt wurde, dass, sollte sich bis Herbst 2020 „keine Lösung konkret abzeichnen, müssen wir auch im Interesse des Wiener Eislaufvereins, des Hotels InterContinental und des Konzerthauses dringend die bestehende Planung weiterverfolgen“. Das hat Kollege Woller auch in seinem Deus-ex-Machina-Auftritt hier zugegeben.
Beim ursprünglichen Projekt sind also schon lange alle Lichter auf Grün, ein Projekt, das nicht Weltkulturerbe-tauglich ist - und das war von Anfang an klar, sehr geehrte Damen und Herren. Wir gehen also davon aus, dass die erste Amtshandlung von Rot-Pink der Verlust des Weltkulturerbes ist. Mein Appell an die neue Regierung, von der sich zumindest ein Teil für Mut und Transparenz ausgesprochen hatte - aber anscheinend hat sich das mit der Unterschrift des neuen Vizebürgermeisters in Rauch aufgelöst, fairerweise auch die GRÜNEN haben viel vergessen nach der Wahl seinerzeit -, seien Sie ehrlich, seien Sie ehrlich zur Opposition, aber vor allem, seien Sie ehrlich zur Bevölkerung, dieses Chaos gepaart mit Intransparenz ist einer Stadt wie unserer nicht würdig, sehr geehrte Damen und Herren.
Deshalb bringe ich auch - Sie können Ihr Bekenntnis zum Weltkulturerbe gleich bestätigen und erneuern, sehr geehrter Kollege Taucher, auch du, ich bin mir sicher, bist ein großer Verfechter des Weltkulturerbes - einen Antrag dafür ein. Ich bitte, dass wir hier dringende Reformen, was die Stadtplanung betrifft, einleiten, Evaluierungen und Überarbeitung. Es kann nicht sein, dass hier so viel Interpretationsspielraum bleibt, das geht so nicht, das ist tödlich für eine faire, transparente Stadtentwicklung. Frau Stadträtin, es warten viele Aufgaben und Herausforderungen auf Sie, wir bringen ebenso viele gute Ideen mit, das ist unser Anspruch, was konstruktive Oppositionsarbeit betrifft. Stimmen Sie unseren Anträgen zu und tragen Sie dazu bei, die Stadtentwicklung in Wien ein Stück transparenter, fairer und klarer zu gestalten. - Vielen Dank.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu Wort gelangt Herr GR Valentin. Ich erteile es ihm, selbstgewählte Redezeit zwölf Minuten.
GR Erich Valentin (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wer hätte sich vor einem Jahr gedacht, wie viel sich verändert in unserem Zusammenleben, in unserer politi
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