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Gemeinderat, 65. Sitzung vom 28.02.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 73

 

steckt er während der Fahrt in dieser halben Stunde schon einmal 100 Menschen an.

 

Aber Herr Hacker sagte gestern, wir sind hervorragend gerüstet und voll einsatzfähig. Was das genau bedeutet, hat er aber nicht dazugesagt, sondern lediglich darauf verwiesen, dass er eh die WHO-Vorgaben musterschülerhaft erfüllt. Wir wissen ja, das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Jetzt werfe ich Ihnen natürlich nicht vor, Sie würden vorsätzlich nichts tun, Herr Stadtrat, ein gewisser Schlendrian ist aber da schon zu bemerken. Da hätte man schon vor 30 Tagen einmal die Lage beurteilen müssen und schon damals Vorbereitungen treffen müssen. Natürlich wollen Sie nicht krank werden, und natürlich wollen Sie nicht, dass sich dieses Virus lawinenartig ausbreitet, aber den Vorwurf, dass Sie die Gefahr nicht rechtzeitig erkannt haben und entsprechend gehandelt haben, den müssen Sie sich bitte schon gefallen lassen.

 

Ein Vorzeigebeispiel in Europa ist der Präsident von Friaul-Julisch Venetien. Massimiliano Fedriga hat sofort für sein Bundesland, für seine Region quasi den Notstand ausgerufen und auch sofort die Aussetzung der Schengen-Grenzen gefordert. (Unruhe bei den GRÜNEN.) Es ist bis heute nicht eingetroffen. Wenn man aber bedenkt: Österreich hat das bis heute nicht gefordert. Weder von der Bundesregierung noch aus der Stadt Wien kamen Forderungen nach Aussetzung der Schengen-Grenzen und sofortigen Grenzkontrollen. Meine Damen und Herren, das ist der eigentliche Skandal, dass hier noch immer nicht verantwortungsvoll gehandelt wird.

 

Nehmen wir uns bitte ein Beispiel an Massimiliano Fedriga, der diese Situation völlig anders sieht. Und ich würde mir von der Stadt Wien auch erwarten, da so verantwortungsvoll vorzugehen. - Danke. (Beifall bei DAÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist GR Wiederkehr. Ich erteile ihm das Wort.

 

11.22.44

GR Christoph Wiederkehr, MA (NEOS)|: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter StR Hacker!

 

Zuerst einmal Ihnen ein herzliches Dankeschön, dass Sie hier die Mitteilung gemacht haben. Ich halte es für sehr, sehr wichtig und auch entsprechend, dass Sie proaktiv auch hier im Gemeinderat die aktuelle krisenhafte Situation thematisieren und proaktiv kommunizieren, was denn der Fahrplan ist. Das halte ich für wichtig und richtig, um auch hier in diesem Rahmen ein gemeinsames Bild der Lage zu bekommen, auch, wie Sie sagen, um dieses ernst zu nehmende Thema aus dem parteipolitischen Hickhack wegzunehmen.

 

Ganz so optimistisch wie Sie bin ich allerdings nicht, denn ich sehe in vielen Bereichen der Diskussion zum Coronavirus leider doch parteipolitisches Hickhack, und vor allem politische Inszenierung, eine starke politische Inszenierung, die wir in dieser Situation nicht brauchen, denn wir haben eine ernst zu nehmende Lage. Wir haben eine bedauerliche Lage, dass sich ein neues Virus vermutlich global ausbreiten wird. Und genau in einer solchen Zeit brauchen wir keine Inszenierung, kein politisches Hickhack, sondern entschlossenes Handeln, sachliche und transparente Informationen und vor allem auch eine klare Kompetenzverteilung, wer dann das Kommando hat und wer die Leitlinien vorgibt. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das gemeinsame Ziel sehe ich wie Sie, nämlich die Ausbreitung abzuwenden und die Ausbreitung so gering wie möglich zu halten, denn ein neues Virus in den Genstamm der Menschen im Lauf mitaufzunehmen, wäre nicht das, was daraus geschehen sollte, sondern jetzt muss es natürlich konsequent angegangen werden, damit sich Corona nicht noch weiter verbreitet. In dieser Zeit, in der kein Platz für Inszenierung sein sollte, sehe ich allerdings einiges an Inszenierung. Ich sehe eine FPÖ, die abseits von Evidenz, abseits von Erfordernissen Grenzschutz fordert, um es als politisches Thema zu nützen, aber ich sehe auch einen Innenminister Nehammer, zum Beispiel, der von voller Härte gegen das Coronavirus spricht, und natürlich das auch als Inszenierung verwendet.

 

Und man sieht einen Wettbewerb der unterschiedlichen Politiker, um sich selbst mit diesem Thema in den Mittelpunkt zu stellen. Wir haben einen Kanzler, der dazu kommuniziert, wir haben einen Gesundheitsminister, der dazu kommuniziert, einen Innenminister, der dazu kommuniziert, heute im Morgenjournal noch einen Bildungsminister. Also wir haben da schon eine Vielzahl von an politischen Akteuren, die auch sich mit diesem Thema in den Mittelpunkt stellen. Und eine Gefahr, die damit einhergeht, ist, dass die Bevölkerung nicht mehr weiß, von wem jetzt eigentlich was ausgeht und wer das Richtige sagt, denn es gibt natürlich auch unterschiedliche Darstellungen und auch einen parteipolitischen Streit.

 

Den haben wir ja jetzt in Wien bei der Diskussion um die Schließung der Schule Albertgasse gesehen. Da gab es einen vermutlichen Fall einer möglicherweise infizierten Lehrerin. Dieser Fall hat sich zum Glück nicht bewahrheitet, aber er hat gezeigt, dass die Strukturen und Abläufe noch nicht gut funktionieren, weil innerhalb kürzester Zeit falsche Gerüchte gestreut wurden, in unterschiedlichsten Zeitungen auch verbreitet wurden und bis heute der Streit offen ist, wer eigentlich diese Schule geschlossen hat. Herr StR Hacker, Sie sind da ja sehr in die Offensive gegangen, waren sehr aktiv, das hat mich auch überrascht. Sie haben von einer Cowboy-Aktion des Bildungsministeriums gesprochen. Das Bildungsministerium sagt allerdings, dass sie die Anweisungen nicht gegeben haben.

 

Das heißt, da sehe ich schon noch parteipolitisches Hickhack auf Kosten der Lager, da die Schließung einer Schule natürlich sehr, sehr sensibel ist. Und wenn dann gestritten wird, wer denn überhaupt die Anweisung gegeben hat, entsteht nämlich der Eindruck, dass es nicht unter Kontrolle ist, da man nicht weiß, wer federführend tätig ist. Ich finde, wir müssen aus diesem Fall in Wien lernen, um klar zu sagen: Wer hat in solchen Fällen das Kommando? Wer kommuniziert in solchen Fällen? Und vor allem muss sichergestellt werden, dass in solchen Fällen wirklich proaktiv kommuniziert wird. Im Fall der Albertgasse habe ich diese proaktive Kommunikation

 

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