Gemeinderat, 71. Sitzung vom 30.06.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 110
tung des Betreuungsschlüssels heißt aber immer auch, ich werte diesen Beruf auf, weil ich nicht mehr mit 25 Kindern alleine bin, sondern weil ich mich als Pädagogin - wie in unserem Vorschlag und Modell - um 8 Kinder zu kümmern habe, statt um 25. Ich glaube, das macht einfach einen wesentlichen Unterschied.
Es ist auch der österreichische Berufsverband für Kindergarten- und HortpädagogInnen, demzufolge das Verhältnis in der Krippe von Kind zu Pädagogin vier zu eins sein soll, und im Kindergarten dann maximal sieben zu eins. Ich glaube, wir müssen alles tun, um hier Schritt für Schritt in diese Richtung zu kommen, nicht nur, um die beste Betreuung und Bildung für die Kleinsten zu ermöglichen, sondern auch, um das Berufsbild nachhaltig aufzuwerten und mehr junge Menschen in diesen Beruf zu bringen.
Das Thema Betreuungsschlüssel haben wir ja eigentlich auch in den Schulen, obwohl wir es dort nicht so nennen. Wenn wir aber in unsere Volksschulen schauen, dann ist es eine relativ ähnliche Situation. Wir haben in einer Volksschulklasse bis zu 25 Kinder, also auch meistens eine Lehrerin, die hier 25 Kindern das Lesen und Schreiben und Rechnen beibringt, sie über vier Jahre begleitet. Und wenn man so darüber nachdenkt, und viele wissen es jetzt auch durch ihre Zeit, die sie zu Hause verbracht haben, ist das fast ein Ding der Unmöglichkeit. Obwohl sie es ist trotzdem irgendwie schaffen, ist es aber unmenschlich, was hier geleistet wird.
Und jetzt sind wir mit Folgendem konfrontiert: In dieser Zeit der Krise, wo auch viele Kinder Aufholbedarf haben und besonders abgeholt werden müssen, sind wir mit Stundenkürzungen im Lehrbereich konfrontiert. Ich habe eine Bekannte, sie ist NMS-Lehrerin, sie hat normal drei Klassen pro Jahrgang. Denen wurden so wenig Stunden zugeteilt, dass sie von den drei auf zwei runtergehen mussten und alle Klassen bis zur Höchstschülerzahl von 25 voll machen mussten. Es wurde ihnen Unterstützungspersonal gestrichen, es gibt kein Teamteaching, kein Co-Teaching mehr.
Da frage ich mich schon - ich weiß schon, Bund, aber immer diese ewige Ausrede auf den Bund und der Bund sagt dann, Wien soll -: Es geht um die Kinder in diesem Land und in dieser Stadt. Und wenn Sie sich hier herausstellen und immer wieder sagen, die Hilfe muss auch ankommen, rasch und unbürokratisch, und die Bildung bleibt immer zurück, wird immer als Letztes angegangen, dann verstehe ich das nicht.
Ich bringe hier den Antrag immer wieder ein - Schulsozialarbeiter -: Sie haben es versprochen, 100 Schulpsychologen, die wir dringend bräuchten. Und es heißt immer, ja eh und wir haben eh die Schulkooperation, es wird eh getan. Wie passt das zusammen? Ich habe erfahren, das betrifft auch die Volksschule, nicht nur die NMS, dass in einem Bezirk in Wien bis zu zehn VolksschullehrerInnen abgebaut werden und die momentan noch nicht wissen, wo sie im Herbst unterkommen werden. Sie wissen es einfach nicht. Ich finde, es ist echt ungeheuerlich, bei der Bildung zu sparen. Das geht gar nicht.
In Wahrheit brauchen wir mehr, um Kinder gut mitzunehmen und ihnen die beste Bildung zu ermöglichen. Wir brauchen uns nur die Bildungsstandards anzuschauen und die Ergebnisse, die wir in Wien immer wieder haben. Wir müssen in Wahrheit auch in den Volksschulklassen einen besseren Schlüssel bei LehrerInnen und Kindern haben und dementsprechend möchte ich auch diesen Antrag heute einbringen.
Ich komme jetzt zum Abschluss meiner Rede noch auf ein ganz aktuelles Thema, das Sie wahrscheinlich auch schon erreicht hat beziehungsweise wissen Sie es natürlich sowieso, denn es muss ja auch von irgendwo herkommen. Ich wurde vor einigen Wochen schon von einigen Eltern angeschrieben, die mir berichtet haben, dass externe Kurse in den Kindergärten gestrichen werden sollen. Ich habe mir das angeschaut und gedacht, na ja, die Externen kommen nicht in die Schule, Corona, das ist irgendwie nachvollziehbar, und bin dem eigentlich nicht nachgegangen.
Bis eine Mutter so lästig geworden ist und gesagt hat: Nein, Moment, das gilt auch für die Zeit darüber hinaus. Der Kindergarten hat von der MA 11 die Anordnung, dass Kursangebote durch Externe für private Kindergärten, die während der Öffnungszeiten stattfinden, in den Zuständigkeitsbereich der MA 11 fallen und diese nicht mehr stattfinden können, wenn nicht gewährleistet werden kann, dass alle Kinder daran teilnehmen können. Das heißt, in privaten Kindergärten gibt es den Tanzkurs, gibt es den Flötenunterricht oder die Gitarre oder sonst etwas. Was auch immer darf in Privatkindergärten nicht mehr angeboten werden, wenn der Kindergartenbetreiber nicht sicherstellen kann, dass alle daran teilnehmen können.
Was heißt das in der Folgerung? Dass sie es natürlich nicht auf die Reihe kriegen, es anzubieten, und die MA 11 schreibt dann dazu: Alles, was die Kinder brauchen, ist im Bildungsplan enthalten. Und weiters: Zu viele Nebenbeschäftigungen können die Kleinen überfordern. Ist das wirklich Ihr Ernst? Zu viele Nebenbeschäftigungen können die Kleinen überfordern? Was maßen sich die MA 11 oder Sie, Herr Stadtrat, hier an? Eltern sollen entscheiden, was für Kinder gerecht ist oder nicht und was sie sich zumuten.
Angebote im Kindergarten wie Tanzen, Instrumentalunterricht fördern individuelle Talente, lassen gerade in diesen frühen Jahren ausprobieren, was interessiert mich, wo habe ich Talente, wo kann ich mich weiterentwickeln, welcher Sport interessiert mich. Es will nicht jeder Flöte oder Klavier lernen, und es will nicht jeder in den Tanzunterricht gehen, aber das über die Hintertür und während der Corona-Krise unter dem Deckmantel „Das können wir jetzt nicht anbieten.“ quasi aus den Kindergärten herauszuholen, das geht überhaupt nicht.
Ich bin durchaus dafür, dass wir uns Lösungen überlegen könnten, nachdem alle Kinder daran teilnehmen können, aber einfach so ist das nicht durchdacht und in meinen Augen absoluter Schwachsinn. Ich fordere Sie wirklich auf und ich bringe hier auch einen Antrag ein, das per sofort wieder einzustellen und Zusatzangebote in privaten Kindergärten zu erlauben. Vielen Dank.
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