Gemeinderat, 73. Sitzung vom 11.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 21
es wird versucht, vor der Wahl zu vertuschen. Das ist unanständig, das halte ich für unehrlich und den Wienerinnen und Wienern gegenüber auch für inakzeptabel.
Dieser U-Bahn-Ausbau wird wohl die teuerste U-Bahn Wiens werden, einerseits wegen der Misswirtschaft, die wir von Seiten der Stadtregierung kennen, aber andererseits natürlich auch, weil es ein komplexes Projekt ist. Prinzipiell ist natürlich zu befürworten, dass investiert wird. Investiert wird in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, und die U5 ist nicht leicht zu bauen, wenn man weiß, dass man den Wienfluss unterfahren muss, dass es einen massiven Hochwasserschutz gibt, der mitzuplanen ist, und vor allem, dass auch die U4-Pilgramgasse neu zu planen ist. Das sind alles Aspekte, die natürlich zu hohen Kosten führen, was ja auch in Ordnung wäre, wenn man ehrlich kommunizieren würde und wenn man auch ehrlich sagen würde, was es denn kosten wird und vor allem, wie weit wir hintennach sind. Denn die zeitlichen Pläne, die noch immer kommuniziert werden, sind die vom Beginn. Die sind unrealistisch, die werden Sie nie einhalten können, da bin ich mir ganz, ganz sicher.
Wir haben das Problem in dieser Causa U2/U5, das wir in vielen Bereichen der Stadt sehen, nämlich fehlende Transparenz und vor allem auch ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein von den zuständigen Stadträtinnen und Stadträten. Beim Krankenhaus Nord war es Sonja Wehsely, die bis zum Schluss behauptet hat, es ist ja eh ein Erfolgsprojekt, und dafür, dass es eine halbe Milliarde Euro mehr gekostet hat und über zwei Jahre später in Betrieb gegangen ist, kann sie ja nichts. Das ist die Verantwortungshaltung von Stadträtinnen und Stadträten in der Stadt. Was ich mir bei solchen Fehlentwicklungen, Verzögerungen und vor allem Mehrkosten, die alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu berappen haben - das Geld wird auch woanders fehlen -, erwarte, ist, für diese zumindest einzustehen, sich zu trauen, auch als Politiker zu sagen: Wir haben uns verkalkuliert. Sich trauen zu sagen: Es wird länger dauern. - Und das nicht erst dann, wenn man gar nicht mehr anders kann, weil es schon offensichtlich ist, sondern rechtzeitig.
Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information, und vor allem wir im Gemeinderat haben ein Recht auf Information. Da kann man nicht immer sagen: Ach, die Wiener Linien, das sind ja die Wienern Linien, die verhandeln gerade, sondern, Frau StRin Sima, Sie haben hier eine Verantwortung, uns endlich ehrlich reinen Wein einzuschenken, wie denn der aktuelle Stand ist.
Nicht nur die Frau Stadträtin schweigt zu diesem Thema, sondern auch die Wiener Linien. Die Wiener Linien sind eine vollkommene Blackbox, in die man nicht hineinschauen kann, obwohl in die Wiener Linien sogar massiv Steuergeld hineinfließt. Alleine für den Ausbau der U2/U5 sind es 100 Millionen EUR pro Jahr, die hier vom Allgemeinen Budget zu den Wiener Linien kommen, und die Transparenz bei den Wiener Linien ist nicht gegeben. Und wenn 100 Millionen EUR pro Jahr als Zuschuss für den Ausbau U2/U5 gedacht sind, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder das Budget muss überschritten werden oder der Ausbau verzögert sich um viele Jahre nach hinten. Dazu würde ich auch gerne um eine Antwort bitten, nämlich: Wird es mehr Geld brauchen, das vom allgemeinen Steuertopf hineinfließt oder spielt man einfach auf Zeit und verzögert das Projekt um Jahre, wie man es jetzt schon sieht? Das ist eine Verzögerungstaktik, eine Verschleierungstaktik, um ja nicht vor der Wahl damit aufzufallen, dass das Projekt zu teuer wird und zu lange braucht.
Ein grundsätzliches Problem, das ich beim Ausbau U2/U5 auch sehe, ist die Frage der Einbindung der Wienerinnen und Wiener. Ja, über eine Farbe abzustimmen, ist eine symbolische Abstimmung. Viel wichtiger wäre eine ernst genommene BürgerInnenbeteiligung und Einbindung, wie es zum Beispiel auch Hamburg beim Ausbau der U-Bahn macht, Menschen hier auch rechtzeitig mit hereinzuholen, zu informieren, aber nicht nur zu informieren, sondern zu konsultieren. Das ist wichtig, und was jetzt passiert, ist genau das Gegenteil.
Es werden Rechtsstreite gegen Hausbesitzer geführt, wo die Wiener Linien einfach drüberfahren - darauf werden meine Nachredner noch eingehen -, es werden haufenweise Bäume gefällt werden, wo es gar nicht notwendig wäre. Hier sieht man, die Wiener Linien sind eine Blackbox, es gibt zu wenig Einbindung, und vor allem werden gute Alternativen, die auch geboten werden, gar nicht diskutiert.
Das ist kein Politikstil, den ich mir erwarte. Ich möchte eine Politik der Offenheit, der Transparenz haben, und vor allem eine Politik auf Augenhöhe, bei der die Wienerinnen und Wiener den Anspruch haben, zu wissen, was mit dem Steuergeld passiert, und auch eine Möglichkeit haben mitzubestimmen. Denn das ist die wichtigste Voraussetzung, dass überhaupt auch Projekte angenommen werden, und vor allem auch eine Voraussetzung dafür, dass dann die U5 von den Wienerinnen und Wienern auch geschätzt wird. Es ist natürlich sinnvoll, dass eine U5 gebaut wird. Meiner Auffassung sollte sie natürlich nach Hernals weitergeführt werden und nicht davor aufhören. Das wäre mit anderen Maßnahmen der Verstärkung des öffentlichen Verkehrs ein sinnvolles Projekt.
Wir dürfen nicht die Außenbezirke vergessen, und das geschieht immer wieder bei Planungsprojekten: Auf die Innenstadtbezirke wird geschaut, aber die Außenbezirke werden vergessen, obwohl dort besonders viel Handlungsbedarf wäre. Wir müssen in die Donaustadt investieren, wir müssen in Floridsdorf investieren, wir müssen in Liesing investieren, denn es ist in den Flächenbezirken notwendig, dass wir Geld in die Hand nehmen, den öffentlichen Verkehr ausbauen, Menschen auch einen Anreiz bieten, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Das funktioniert aber nicht, wenn man nur Prestigeprojekte in den inneren Bezirken macht. Wir müssen endlich auch in den Außenbezirken mehr investieren und den öffentlichen Verkehr ausbauen.
Zum Schluss noch einmal der Vergleich zum Krankenhaus Nord, wir wissen, wie es geendet hat: Mehrkosten, Zeitverzögerung und eine Untersuchungskommission, in der wir ja gemeinsam waren, in der wir gesehen haben, wie viele Missstände es gab, in der wir auch
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