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Gemeinderat, 73. Sitzung vom 11.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 21

 

gesehen haben, wie rote Freunderlwirtschaft aussieht, in der wir ein Jahr lang Aufklärungsarbeit leisten mussten und die Aufklärungsarbeit zum Beispiel mit geschwärzten Akten und zu wenig Akteneinsicht behindert wurde. Das Gleiche befürchte ich auch beim Ausbau U2/U5. Ich bin mir sicher, in fünf Jahren werden wir wieder hier stehen, es wird eine Untersuchungskommission gegeben haben, und wir werden darauf hinweisen können, dass vor dieser Wahl wieder vertuscht und danach gepfuscht wurde.

 

Um so eine Untersuchungskommission zu vermeiden, sollten jetzt endlich Transparenz und Offenheit herrschen. Ich bin mir aber sicher, die wird es nicht geben, und ich sehe auch, dass aus der Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord nichts gelernt wurde. (GR Mag. Josef Taucher: Alles umgesetzt!) - Alles umgesetzt, sagen Sie? Spannend, denn ich habe einen Antrag mit, in dem selbst von Rot-Grün einige Verbesserungen im Abschlussbericht zum KH Nord gefordert wurden, zum Beispiel dass es eine vom Bauherren losgelöste Kostenkontrolle bei Projekten ab einer gewissen Größe geben soll. Gibt es das bei U2/U5? - Nein! Herr Taucher, Sie sagen: umgesetzt. Der erste Punkt, den Sie selber in Ihrer Fraktion in den Bericht geschrieben haben, wurde nicht umgesetzt, nicht ansatzweise umgesetzt.

 

Ein zweiter Punkt: Ihr Punkt war, dass alles umgesetzt ist, ich zeige Ihnen, dass nichts umgesetzt ist. Es wurde nichts umgesetzt! Kaufmännische Vorsicht bei der Präsentation von Großprojekten ist der zweite Punkt, dass Kosten mit der gebotenen kaufmännischen Vorsicht einzuschätzen sind. Ist es die kaufmännische Vorsicht, wenn von einer Summe gesprochen wird, die jetzt schon unrealistisch ist? - Es ist weder eine kaufmännische Vorsicht noch ist es ehrlich, was bei dem Ausbau der U2/U5 passiert.

 

Wenn Sie die Freunderlwirtschaft ansehen - beim Krankenhaus Nord in vielen Bereichen: Vergaben, die so gestückelt wurden, dass sie nicht ausgeschrieben werden mussten und an rote Freunde vergeben wurden. Das Gleiche werden wir beim U2/U5-Ausbau wahrscheinlich sehen. Es ist aber jetzt natürlich noch schwierig, weil wir die Information nicht bekommen. Wir werden an der Kontrolle gehindert, aber Großprojekte in der Stadt Wien stinken immer. (Zwischenrufe.) Sie stinken nach Freunderlwirtschaft und vor allem stinken sie danach, dass sie viel zu lange dauern, viel zu viel kosten, dass vertuscht wird und dass die Kontrolle dann durch eine Untersuchungskommission notwendig ist.

 

Wenn Sie sagen, zu teuer oder nicht zu teuer, muss man zuerst einmal wissen, um wie viel es teurer werden wird. Das ist relevant, dass man das einmal in einem ersten Schritt weiß. Das wäre anständig und das wäre eine Haltung.

 

Einen zweiten Antrag habe ich mitgebracht, da geht es darum, dass der Gemeinderat eine ehrliche Information verdient hat. Er hat ihn nicht nur verdient, sondern er hat einen Anspruch darauf, weil wir nicht nur das Entscheidungsgremium sind, sondern auch die Kontrolle leben müssen. Deshalb fordere ich, dass bei Großbrauprojekten und vor allem jetzt beim Ausbau U2/U5 ein Mal im Halbjahr dem Gemeinderat ein Bericht vorgelegt wird, in dem informiert wird: Wie weit sind wir hinter dem Zeitplan, wie weit sind wir hinter dem Kostenplan? Das wäre sinnvoll, wenn es hier endlich bei Großprojekten auch eine Berichtspflicht gibt. Das haben wir auch beim Krankenhaus Nord gesehen, dass das notwendig gewesen wäre.

 

Ich fasse zusammen: Wir sehen wie beim Krankenhaus Nord, dass vor der Wahl vertuscht wird. Es wird jetzt schon gepfuscht, nach der Wahl wird noch mehr verpfuscht, die Kosten explodieren, und die Wienerinnen und Wiener, genauso wie der Wiener Gemeinderat, haben ein Recht darauf, endlich ehrliche Informationen von Ihnen, Frau StRin Sima, zu bekommen. Deshalb fordere ich Sie heute auf, endlich offene Worte zu sprechen und auch politische Verantwortung für Fehlentwicklungen zu übernehmen, die wir jetzt schon sehen. - Vielen Dank.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für den Erstredner jeder Fraktion 20 Minuten beträgt, die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt. Als nächster Redner hat sich Herr GR Baron zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm gleich. Danke, Herr Kollege Wiederkehr, für die Reinigung des Mikrofons. Bitte, Kollege Baron.

 

9.22.16

GR Karl Baron (HC)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Es war einmal vor sehr, sehr langer Zeit, nämlich im Jahr 2000, als man hier im Rathaus begann, eine neue U-Bahn-Linie zu planen. 14 Jahre später - ich betone: 14 Jahre später! - war es dann endlich so weit, Rot-Grün hat einen Hauptvorschlag für das Linienkreuz U2/U5 erarbeitet. Weitere vier Jahre später, also Ende 2018, erfolgte dann der Spatenstich für den Bau. Bei den Bauarbeiten für das Linienkreuz U2/U5 setzten die Wiener Linien auf ihre langjährige Erfahrung. Durch eine Kombination bewährter Bautechniken, einen straffen Zeitplan und die Nutzung von Synergien sollen Kosten und Einschränkungen in Grenzen gehalten werden.

 

Plötzlich, man kann es kaum glauben, tauchten aber ganz böse Geister auf, um, wie immer in der rot-grünen Regierungszeit, wieder gemein und niederträchtig Probleme zu bereiten. Kostenexplosion nennt man das geheimnisvolle Wort, wie wir es in den letzten Jahren während rot-grüner Regierungsverantwortung immer und immer wieder erleben mussten.

 

Nach dem Krankenhaus Nord droht ein zweites Mal eine eklatante Überschreitung der Baukosten. Beim heute angesprochenen Projekt ist wie in der Vergangenheit wieder einmal schlampig geplant worden und rein gar nichts auf Schiene. 2014 wurde unter der damaligen SPÖ-Finanzstadträtin Renate Brauner noch mit Gesamtkosten von rund 1 Milliarde EUR für die erste Ausbaustufe des U2/U5-Projekts kalkuliert. Zwischenzeitlich erhöhten sich die Kosten auf ungefähr 2 Milliarden EUR, also das Doppelte.

 

Zur völligen Überraschung wurden im November 2018 plötzlich Offerte von den Wiener Linien als inakzeptabel bezeichnet. Man liegt weit auseinander, hieß es

 

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