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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 100

 

Schuljahres ist der Besuch einer Ganztagsschule weitgehend gratis - alle anderen Formen der Nachmittagsbetreuung sind weiterhin kostenpflichtig. Noch in der Vergangenheit forderten Sie, alle Formen der Nachmittagsbetreuung gratis anzubieten. Erachten Sie es, als zuständiger Bildungsstadtrat, tatsächlich als fair, dass nicht alle Formen der Nachmittagsbetreuung gratis sind?)

 

Bitte, Herr Vizebürgermeister, ich darf Sie um Beantwortung ersuchen.

 

VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Guten Morgen, Herr Gemeinderat!

 

Danke für die Anfrage, die mir die Möglichkeit bietet, über die große Errungenschaft des Ausbaues der Ganztagsschule ausführen zu können. Die Einführung der beitragsfreien Ganztagsschule mit September 2020 war eine ganz wichtige Errungenschaft, die ich damals als Oppositionspolitiker auch sehr begrüßt habe, weil der Ausbau der Ganztagsschule, vor allem die Einführung einer kostenfreien Ganztagsschule, ein ganz wichtiger Baustein in Richtung mehr Chancengerechtigkeit ist. Wenn Kinder die Möglichkeit haben, eine kostenfreie Ganztagsschule besuchen zu können, dort ein gutes, qualitatives Angebot bekommen, dort auch eine qualitative Nachmittagsbetreuung verschränkt mit Unterricht bekommen, dann heißt das ein Plus für Chancengerechtigkeit. Darum war ich damals schon sehr, sehr froh, dass dieser große Schritt gegangen wurde.

 

Es geht dabei vor allem um Kinder, die vielleicht zu Hause nicht die entsprechende Betreuung und Unterstützung bekommen können oder sich keine Nachhilfe am Nachmittag leisten können. Genau diese Kinder sind in einer kostenfreien Ganztagsschule gut aufgehoben, weil es normalerweise in einer kostenfreien Ganztagsschule in der verschränkten Form auch keine Hausübungen und genug Unterstützung, vor allem individuelle Unterstützung, gibt, und darum soll es vor allem auch gehen.

 

Auch in Bezug auf gelungene Integration ist die verschränkte Form der Ganztagsschule ein gutes Angebot, wo auch Spracherwerb noch besser stattfinden kann, und nicht nur das, sondern auch Freizeitangebot und Bewegung einen starken Faktor ausmachen, und das kann ich nur sehr begrüßen.

 

Was mir in der Weiterentwicklung wichtig und auch im Regierungsprogramm verankert ist, ist, hier vor allem auch auf eine Treffsicherheit dahin gehend zu schauen, dass vor allem Kinder aus eher bildungsfernen und sozioökonomisch schwierigeren Verhältnissen für diese Platzvergabe prioritär behandelt werden. Dass bei der Schulplatzvergabe der sozioökonomische Hintergrund der Kinder auch eine Rolle spielen soll, das halte ich für sinnvoll. Ich halte es auch für notwendig, in diese Richtung der Weiterentwicklung zu gehen.

 

Es sei aber auch bei der Frage von finanzieller Gerechtigkeit und von sozioökonomischem Hintergrund angemerkt, dass auch in anderen Schulformen, die nicht verschränkt geführt werden, Beiträge erlassen werden. Es ist immerhin ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler in anderen Schulformen als verschränkten Ganztagsschulen, denen Beiträge erlassen oder die Beiträge reduziert werden.

 

Wir haben da also auch schon eine Treffsicherheit insofern, dass diejenigen entlastet werden, die es sich einfach nicht leisten können, und das ist mir besonders wichtig.

 

Ob man es weiter ausbauen kann? - Natürlich, gerne. Es ist immer eine Frage des Budgets, des Geldes. Ich schaue da einerseits den Stadtrat für Finanzen an, richte aber auch einen Appell an den Finanzminister auf Bundesebene. Investieren wir gerne bundesweit mehr in die Bildung, mehr in Schulstandorte! Da bin ich auch gerne dazu bereit, hier das Angebot auch noch weiter auszubauen. Was wir in Wien im heurigen Jahr in die Bildung investieren, ist gewaltig, und darauf bin ich besonders stolz. Da können sich viele andere Bundesländer auch etwas abschauen.

 

Ich möchte aber die Frage noch mit einer Anmerkung abschließen, weil Sie davon sprechen, ob das fair ist. Wenn ich heute von Fairness lese und weiß, was gestern Nacht in dieser Stadt passiert ist, dann muss ich mich schämen. Die Abschiebung einer 12-Jährigen, die in Österreich aufgewachsen ist, ist alles andere als fair, und da sollen sich der Innenminister und die ÖVP heute schämen und nicht von Fairness sprechen.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn GR Zierfuß gestellt. Bitte.

 

9.36.20

GR Harald Zierfuß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Jetzt haben Sie natürlich meine Frage gekonnt umschifft - zum einen auf die Bundesebene: Bei der Ganztagsschule sind wir stolz darauf, dass da 6 Millionen EUR pro Jahr an Wien fließen, alleine an Wien 6 Millionen EUR pro Jahr, um ganztägige Schulformen auszubauen. Da leistet der Bund also auch seinen Beitrag. Sie wissen aber genauso gut wie wir, dass die offene Form bei den Maßnahmen der Stadt nicht inbegriffen ist und so natürlich eine erhebliche finanzielle Ungleichbehandlung für die Eltern herrscht.

 

Jetzt ist meine Frage: Erhofft sich die Stadt Wien durch diese bewusste Benachteiligung einen Lenkungseffekt? Oder vielleicht anders gefragt: Möchte die Stadt Wien hier Eltern bewusst in ihrer Schulwahl beeinflussen?

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bitte, Herr Vizebürgermeister.

 

VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist eine bewusste Entscheidung, das Angebot auszuweiten. Davor gab es nämlich keine kostenlos geführte verschränkte Ganztagsschule, jetzt wurde diese eingeführt, 70 Standorte, eine große Anzahl, und 10 kommen pro Jahr hinzu. Sie sagen, es kommen 6 Millionen EUR von der Bundesebene. - Schön und gut, der weitere Ausbau wird ungefähr 40 Millionen EUR im Jahr kosten, habe ich mir errechnen lassen. Wenn Sie bei den Verhandlungen mit dem Finanzminister auch ein gutes Wort einlegen können, dann freue ich mich auch über zusätzliche Budgetmittel vom Finanzminister.

 

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