Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 97 von 127
dass Eigentumsbildung bei Kleingärten möglich bleiben muss. Weiter heißt es in der Aussendung, dass mit dem Plan von Rot-Pink, den Verkauf von Kleingärten zu unterbinden, Familien die Chance auf leistbares Eigentum genommen wird.
Nein! Überhaupt nicht, Kollege Sittler! Sie können auch morgen noch in dieser Stadt einen Kleingarten kaufen, wenn Sie sich diesen leisten können. Ein Kauf ist auch nächste Woche und nächstes Jahr und in drei Jahren möglich, nur halt nicht mehr von der Stadt. Sie können jederzeit von Privat zu Privat einen Kleingarten kaufen.
Und jetzt wird es spannend, denn ich fürchte, das meinen Sie gar nicht, wenn es um Eigentum geht. Ich glaube, in Wirklichkeit meinen Sie, dass die Stadt günstig und billig so wie bisher ihre Grundstücke an den Mann und an die Frau bringen soll, weil der freie Markt, für den Sie sonst immer sind, diesbezüglich nämlich in der Regel überhaupt nichts geregelt hat. Das heißt, es sollen auf Kosten der jetzigen Eigentümer - denn diese gehören ja jetzt auch schon jemandem, nämlich allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern - Grund und Boden unwiederbringlich und billig verkauft werden.
Wir haben uns natürlich mit der Frage beschäftigt: Wollen wir diese Einmalerlöse oder wollen wir laufend Pachteinnahmen? - Geschichtlich mag all das seine Berechtigung gehabt haben, aber in Anbetracht der letzten Entwicklungen muss man ganz deutlich sagen: Die einzige Chance, dass die von Ihnen angesprochenen Menschen mit weniger Einkommen auch weiterhin in Kleingärten wohnen können, sind die fairen und günstigen Pachtpreise und nicht ein Kauf des Grundstücks.
Interessant ist auch, dass offenbar Bundes- und Stadtrechnungshofberichte immer nur dann zitiert werden, wenn es gerade passt, um beispielsweise irgendwelche Sachen zu skandalisieren. Ganz kurz hat Toni Mahdalik einen solchen Bericht angesprochen, und ich darf deswegen noch einmal sagen: Bereits 2016/2017 hat der Bundesrechnungshof sehr deutlich die gewährten vergünstigten Käufe kritisiert. Das heißt also: Zu diesen Preisen sollte künftig ohnehin nicht mehr verkauft werden. Und die Frage ist: Ist es dann noch diese Leistbarkeit, von der wir alle reden?
Aber auch das Kontrollamt hat 2013 und 2014 angemerkt, dass sich das bei den Schätzgutachten der Stadt Wien - ich darf jetzt zitieren - „im unteren Bereich der Schätzgutachten der üblichen Bandbreite“ bewegte. Der Stadtrechnungshof hat uns auch einige Beispiele dazu mitgeliefert. Im 10. Bezirk zum Beispiel lag laut dem Gutachten der Preis bei rund 320 EUR/m², und das ist, wie Sie sagen, sehr, sehr günstig. Auf dem freien Markt unmittelbar daneben gab es aber bereits Grundstücke, die rund 650 EUR/m² wert waren. Im 16. Bezirk lag der Preis laut Schätzgutachten bei rund 400 EUR, das war also schon ein bisschen mehr. Direkt ums Eck hat es damals bereits private Verkäufe um 900 und 950 EUR/m² gegeben. Da bewegen wir uns also schon in ganz anderen Sphären.
Noch einige ähnliche Beispiele liefert das Kontrollamt: Im 21. Bezirk und 22. Bezirk lagen die Preise laut Schätzgutachten bei den üblichen rund 300 EUR. Private Verkäufe haben aber bereits bis zu 1.000 EUR/m² erzielt, und das wird ja wohl auch nicht das Eigentum sein, von dem Sie reden!
Ich zitiere gerne auch noch aus den Empfehlungen des Rechnungshofes: Das Kontrollamt empfiehlt in diesem Fall der MA 69, die Verkäufe nach wirtschaftlichen Kriterien zu bewerten und festzustellen, ob ein konzentrierter Verkauf von Kleingärten oder die Beibehaltung der Verpachtung für die Stadt Wien die finanziell bessere Option darstellt. - Na bitte! Genau das ist jetzt passiert! Wir haben uns das ganz genau angesehen, und wir haben beschlossen oder werden beschließen, dass künftig die finanziell bessere Option nicht der Einmalerlös ist, sondern weitere Pachteinnahmen.
Übrigens - das dürfte Ihnen irgendwie entgangen sein - wird in demselben Kontrollamtsbericht aus 2013 ziemlich unverblümt die Einschränkung der Kontrollrechte der Opposition empfohlen. Ich darf auch daraus zitieren, denn das dürften wenige mitbekommen haben. In einer Empfehlung im Bericht heißt es: „Es ist daher gängige Praxis, dass die MA 69 sich jeden einzelnen Verkauf, aber auch die Einhebung von Nachzahlungen sowie die einvernehmliche Auflösung von Kaufverträgen vom Gemeinderatsausschuss für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung genehmigen lässt. Das Kontrollamt empfiehlt“ - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! - „der MA 69, unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung zu prüfen, ob die Befassung des genannten Gemeinderatsausschusses tatsächlich in allen genannten Fällen notwendig ist.“ - Also: Den Aufschrei hätte ich gerne gehört, wenn man dieser Empfehlung nachgekommen wäre!
Jetzt ist Kollege Nepp wieder da, und das passt ganz gut zum Verlauf des heutigen Tages: Ich habe vor Kurzem eine Aussendung gelesen, in der er alle roten Spitzenpolitiker auffordert wurden, ihre Eigentumsverhältnisse in Kleingärten offenzulegen. - Ich persönlich habe damit kein Problem, ich habe von der Stadt keinen Kleingartengrund gekauft. Das soll also so sein! Ich frage aber: Warum sollen das nur die roten Spitzenpolitiker tun? Ist Ihnen wurscht, wer von Schwarz oder Grün oder auch von Ihrer Fraktion Kleingärten gekauft hat?
Im Übrigen wissen Sie das ja! Sie brauchen also jetzt nicht suggerieren, dass wir jetzt transparent offenlegen müssen, wer von uns eventuell irgendetwas gekauft hat! Sie wissen das, und Sie wissen es deswegen - das habe ich Ihnen gerade erklärt, weil jeder Verkauf durch den Wohnausschuss geht. Das heißt: Wir wissen, wer wann wo zu welchem Preis ein Kleingartengrundstück kauft. Tun Sie also nicht so, als wäre das intransparent! Transparenter geht es gar nicht. Das passt aber, wie gesagt, sehr gut zum Stil, in dem das bis jetzt betrieben wurde: Es wird versucht, irgendwelche Skandale herbeizureden, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Entweder wissen Sie nicht, dass das ohnehin im Wohnbauausschuss beschlossen wird oder Sie wissen es und haben die Aussendung wider besseres Wissen gemacht. Dann würde ich Ihnen fast Böswilligkeit unterstellen, und das tue ich normal nicht sehr gerne.
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