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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 98 von 127

 

Kolleginnen und Kollegen! Abgesehen von der Frage, ob Pacht oder Einmalerlöse, gibt es noch viele weitere Argumente gegen einen künftigen Verkauf von städtischen Kleingärten. Ich weise jetzt vor allem auf den Umstand hin, dass wir durch die sehr umsichtige Arbeit unseren Finanzstadtrats Peter Hanke derzeit finanziell sehr gut dastehen und derzeit diese Einmalerlöse aus den Verkäufen gar nicht brauchen, weswegen wir weiterhin auf Pacht setzen können.

 

Kollege Prack hat auch erwähnt, dass es der Wunsch vieler Kleingartenvereine ist, die jetzt natürlich zusehends auch mit der Mischverwaltung Probleme haben. Wie Kollegen Prack wird natürlich auch mir immer wieder bei diversen Treffen erzählt, wie schwierig es speziell mit Eigentümern der 2. Generation ist. Es geht gar nicht um die, die eh schon 30 Jahre im Kleingarten sitzen und diesen kaufen, denn die leben ja dieses Vereinsleben im Kleingarten noch. Der nächsten Generation ist das aber in der Regel wurscht. Wenn man schaut, wo es schwere Übertretungen des Kleingartengesetzes gibt, dann sieht man, dass das in der Regel nicht durch die ersten Unterpächter geschieht, sondern in der Regel dann später durch die Eigentümer.

 

Noch einmal: Nicht zuletzt entspricht das wichtigste Argument unserer Philosophie, dass auch künftig Menschen mit geringeren Einkommen in einem Kleingarten sitzen können. Und das geht offenbar nur, solange die Stadt Eigentümerin ist und die Pacht weiterhin so fair bleibt. - Vielen Dank.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Stürzenbecher, und ich erteile es ihm.

 

19.58.52

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzter Berichterstatter! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Mein Vorredner hat zwei Drittel unserer Argumente jetzt schon gebracht, ein Drittel kommt noch quasi dazu. Für uns ist das wirklich eine wichtige Frage, und ich möchte in einer kurzen Wortmeldung vor allem auf das eingehen, was von anderen gesagt worden ist.

 

Es geht darum, dass wir etwas, was wir 1994 provisorisch auf Widerruf, wie es ausdrücklich geheißen hat, beschlossen haben, jetzt im Jahr 2021 wieder ins Gegenteil verkehren beziehungsweise widerrufen, weil sich die gesellschaftlichen Verhältnisse verändert haben. Das kommt eben vor.

 

Das heißt jetzt nicht, dass das 1994 falsch war. Es war damals eine ganz andere Immobiliensituation. Es war damals auch so, dass eine gewisse Wohnungsnot geherrscht hat, und dadurch, dass Leute in die Kleingärten gekommen sind, die damals in dieser Phase ganzjährig bewohnbar gemacht worden sind, und auf ihre Innere-Stadt-Wohnung verzichtet haben, sind natürlich zusätzlich Wohnungen in der Stadt entstanden, denn die Leute haben sich im Kleingarten niedergelassen und haben dort ganzjährig gewohnt.

 

Und damals war auch die Immobiliensituation anders. Wir haben jetzt in diesen 27 Jahren sehen können, dass der Immobilienmarkt und diese sehr aggressive Spekulation, die damit verbunden war, vor dem Kleingarten nicht Halt gemacht hat, und deshalb muss man entsprechend den geänderten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch die Linie ändern. Wer immer gleich bleibt, egal, wie die Parameter außerhalb sind, der wird nicht politisch erfolgreich sein. Und deshalb haben wir jetzt diese Maßnahme wieder ausgesetzt, dass man verkaufen kann, weil wir gesehen haben, dass eben ganz schwerpunktmäßig diese verkauften Kleingärten dann auch für Spekulation genützt werden.

 

Und bei dem, was ich von der ÖVP gehört habe, ist sozusagen der Tenor nur: Eigentum ist heilig, Eigentum ist das einzig Sinnvolle an Besitz, und alles andere ist minderwertig. Das ist natürlich eine Art religiöser Glaubenssatz. Ich weiß nicht, woher er kommt, aus dem Christentum sicher nicht, aber es ist eben nun einmal so. Bei der FPÖ muss ich mich schon etwas ausführlicher damit beschäftigen, weil die ja sonst an sich nicht der Auffassung sind, es muss alles verkauft werden. Und wir sagen auch nicht, wir sind grundsätzlich nur für Privateigentum oder wir sind nur für das öffentliche Eigentum, sondern für das, was letztlich für die Menschen besser ist. Zum Beispiel die Tatsache, dass bei uns die Institutionen der Daseinsvorsorge so stark im öffentlichen Eigentum sind, ist mit eine Ursache, eine Hauptursache, würde ich sogar sagen, dass wir die lebenswerteste Stadt der Welt sind, weil damit eine Stadt einfach besser im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu gestalten ist. Und wenn ich sage, das ist so bei den öffentlichen Dienstleistungen, das ist so bei der Daseinsvorsorge und es ist so bei den Gemeindewohnungen, dann hat sich jetzt herausgestellt, dass das bei den Kleingärten tendenziell natürlich auch so ist. Und es ist mir vollkommen wurscht, wenn da jetzt jemand behauptet, überall in Österreich gibt es mehr Eigentum. Wir haben in Wien die besten Wohnverhältnisse, die es international in Großstädten gibt. Nach der Mercer-Studie, in der wir insgesamt seit Langem Erster sind, haben wir immer die absolut höchste Punktezahl bei den Wohnverhältnissen, den ausgezeichneten Wohnverhältnissen, wofür Wien in der ganzen Welt berühmt ist, und das haben wir natürlich wegen dem sozialen Wohnbau.

 

Jetzt kommen wir aber wieder zurück zu den Kleingärten. Es hat sich herausgestellt, dass eben dieser Abverkauf tendenziell immer mehr negative Wirkungen entfaltet hat, und deshalb haben wir darauf reagiert. Und wenn jetzt jemand sagt, es soll jeder die Möglichkeit haben, mit wenig Geld in der Stadt im Grünen zu leben, in Kleingärten, dann sage ich, ja, das ist absolut weiter möglich. Und man kann ja als Subpächter genauso gut im Kleingarten leben, ohne jede Einschränkung der Lebensqualität, wie ein Eigentümer. Das muss man einfach einmal wissen. Und zwar genauso sicher, zumindest bis 2073, also 52 Jahre mindestens, und das heißt dann natürlich nicht, wie es sogar der Kollege Mahdalik auch gesagt hat, dass es dann nicht verlängert wird, denn ich gehe einmal davon aus, 2073 gibt es noch immer Demokratie. Ich hoffe das natürlich schon, da wird man das ja schwer ändern können, erfreulicherweise. Das heißt, es ist die absolute Sicherheit für die Subpächter in den Kleingärten, dass sie diese Kleingärten voll genießen

 

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