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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 119 von 127

 

Kollege Sittler meinte, im Koalitionsabkommen gäbe es nichts dazu. Da muss man detailliert nachlesen, denn wir haben das klar vereinbart, dass es uns um eine verstärkte Vergabe von Baurechten geht. Grund und Boden sind ein knappes Gut, das hat meine Kollegin Arapović schon in der Rede zuvor erklärt, das ist ein knappes Gut, und eine Stadt wäre schlecht beraten, ein knappes Gut in der Form zu dem Zeitpunkt zu verkaufen.

 

Und weil Sie London angesprochen haben: Wissen Sie, wie das in London ist? Da gibt es nur Baurechte, weil die Stadt besitzt die Grundstücke oder die Herzogtümer, und trotzdem erwerben Menschen Eigentumswohnungen, auch wenn sie den Grund und Boden nur im Baurecht haben. Okay? Das passt, das passt auch für uns in dieser Form. Selbiges gilt im Übrigen auch für Amsterdam. Ich kann Ihnen viele sehr liberale Städte dieser Welt sagen, wo es ein ähnliches Prinzip gibt. Die verkaufen keinen Grund und Boden, die machen es so wie die Kirche. Ich glaube, das sollten Sie, liebe FPÖ, ÖVP sehr gut wissen.

 

Wir haben das also im Koalitionsabkommen sehr klar festgestellt: verstärkte Vergabe von Baurechten. Grund und Boden sind ein knappes Gut, das nicht vermehrbar ist. Die Stadt Wien und der Wohnfonds haben daher bereits in den letzten Jahren verstärkt Baurechte vergeben. Dafür haben wir uns auch immer eingesetzt, und das soll auch langfristig sichergestellt sein, denn es geht um die Gestaltungsmöglichkeiten. Und ja, als Eigentümer hat man, was die Widmung betrifft, andere Ansprüche als ein Pächter.

 

Es geht hier auch um langfristige Bodenreserven, und dieser Weg - das haben wir auch im Koalitionsabkommen festgelegt - soll in der kommenden Gesetzgebungsperiode konsequent fortgesetzt werden. Daher ist jetzt auch dieser Verkaufsstopp genau diese konsequente Fortsetzung dieses Vorhabens, weil es da um die Gesamtinteressen der Stadt geht.

 

Ich glaube, das ist ganz wichtig: Wir wollen überhaupt nicht irgendwelche Rechte von Menschen, die einen Kleingarten haben, einschränken, überhaupt nicht, darum geht es nicht. Sie sollen es genauso nutzen und auch weitere Generationen sollen es nutzen können. Was wir nicht wollen, ist, dass auf Grund von Spekulation Stück für Stück mehr Boden versiegelt wird. Eigentlich sollten Sie das auch in Betracht ziehen, denn Klimaschutz ist, glaube ich, bei der ÖVP schon auch ein Thema. Die Realität sieht anders aus, die sieht so aus, dass dieser Grund und Boden versiegelt wird, dass da natürlich versucht wird, Maximales aus einem Grundstück herauszuholen. Wir haben uns ganz klar dafür ausgesprochen, dass das nicht mehr stattfinden soll, und daher auch ein klarer Verkaufsstopp.

 

Natürlich ist aber klar, und das wurde schon von mehreren VorrednerInnen gesagt, dass all jene, denen bereits Kosten entstanden sind, natürlich sehr wohl auch diesen Prozess weiterführen können respektive dass diese Kosten ersetzt werden. Das ist nur fair und das ist auch transparent.

 

Hier also zu sagen, das wäre kurzfristig und intransparent, stimmt überhaupt nicht, sondern es ist eine klare Position, die auch immer nachvollziehbar war. Das kennen Sie aus den bisherigen Diskussionen. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass dieses volkswirtschaftliche Vermögen der Wienerinnen und Wiener, und um das geht es, erhalten bleiben soll.

 

Und um es noch einmal zu betonen: Das ist auch die Aufgabe der Politik, nämlich genau diese volkswirtschaftliche Perspektive einzunehmen. Noch einmal, ganz klar für uns: Ja, wir wollen auch Eigentum, wir wollen auch, dass sich junge Familien, wie Sie es gesagt haben, Frau Jungnickel, die Möglichkeit schaffen, auch eine Wohnung zu erwerben. Natürlich, das halten wir auch für wichtig, aber diese Form ist durch das Thema der Kleingärten nicht sichergestellt, und daher ist ein konsequenter Schritt von uns ein Verkaufsstopp von Kleingärten. - Danke schön.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Prack.

 

22.37.27

GR Georg Prack, BA (GRÜNE)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Frau Vorsitzende!

 

Wenn man mit FPÖ und ÖVP über Eigentum diskutiert, ist man schnell einmal bei Kolchosen und Revolution. Ohne Klarheit in der Sprache ist der Mensch nur ein Gartenzwerg. - Es würde helfen, würden wir uns in der Politik manchmal an dieser Textzeile von „Element of Crime“ orientieren. Die Betonung bei Schrebergarten jedenfalls liegt auf Garten, sehr geehrte Damen und Herren, und nicht auf Eigentum.

 

Eine Stadt ist keine Summe von Einfamilienhaussiedlungen, wie sich die ÖVP das vielleicht vorstellt, sondern urbanes, dicht verbautes Gebiet. Eine Schrebergartensiedlung wiederum ist keine zu klein geratene Einfamilienhaussiedlung, sondern ein Erholungsgebiet in der Stadt. Die Betonung liegt auf Garten. Der Kleingarten, der Schrebergarten war nie als Substitutionsdroge für den Traum vom Einfamilienhaus gedacht.

 

Ein Gedankenexperiment, das Herr Sittler schon angedeutet hat, das ich aber trotzdem kurz mit Ihnen durchgehen will: Würden wir das gesamte bebaute Gebiet in Wien, unserer Stadt, mit Einfamilienhäusern zu je 200 m² - es ist ja klein bemessen - Grundfläche bebauen, wären das nicht einmal 240.000 Einfamilienhäuser. Da steht noch kein Stephansdom, da steht noch kein Schweizerhaus, da gibt es noch kein Lebensmittelgeschäft, kein Fitnesscenter, kein Theater, kein Museum, kein Fußballstadion. (Zwischenruf.) Da existiert noch kein Bürogebäude, keine Produktionshalle, kein Rathaus, kein Parlament, kein Friseur, you name ist. Gehen wir einmal davon aus, dass die typische Haushaltsgröße in dieser türkisen Welt bei vier Personen liegt - das ist dann schon reichlich hoch bemessen -, dann könnten wir nicht einmal eine Million WienerInnen in diesen Einfamilienhäusern unterbringen, und die würden sozial, kulturell und sowieso nicht überleben können. Dieses Gedankenexperiment zeigt doch, dass die Idee vom Eigentum im Einfamilienhaus in einer Großstadt eine Idee ist, die an der Realität einer Großstadt ziemlich zielgenau vorbeigeht.

 

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