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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 24.03.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 78

 

gen! Geschätzte ZuseherInnen und ZuhörerInnen via Livestream!

 

Ich möchte auch ein paar Worte zum Poststück 9 verlieren, der Finanzierung des Programms durch das Wiener Ausbildungsgeld, für Ausbildungen im Sozial-, Gesundheitsbereich sowie für die Elementarpädagogik. Das ist eine Sonderdotation für den WAFF in der besagten Höhe von 31,53 Millionen. Wir Wiener GRÜNEN haben schon seit langer Zeit auf den Bedarf an Fachkräften im Gesundheitsbereich, im Sozialbereich, im Bildungsbereich hingewiesen, wir fordern schon seit vielen, vielen Jahren hier verstärkt Investitionen in sogenannte Zukunftsberufe. Damit meinen wir eben nicht nur die ökologische Wende, die wir damit schaffen wollen, sondern auch die sozialen und bildungspolitischen Herausforderungen, denen wir uns stellen wollen und müssen. Wir brauchen dringend Fachkräfte in diesen Bereichen, und dieser eklatante Fachkräftemangel, sehr geehrte Damen und Herren, ist stärker als je zuvor.

 

Das zeigt uns die Pandemie praktisch jeden Tag. Wer heute die Zeitung aufgeschlagen hat, konnte beispielsweise lesen, dass im AKH neue Intensivstationen aufgebaut werden, um die Corona-PatientInnen zu versorgen. Gleichzeitig muss dort festgestellt werden, dass die dringend notwendigen Fachkräfte fehlen, also Alarm, Alarm! Gleichzeitig, wenn man mit TrägerInnen von Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen spricht, hört man, dass es ganz schwierig ist, Fachkräfte zu gewinnen, und dass die Einrichtungen anfangen, sich gegenseitig Fachkräfte abzuwerben. Auch das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nur ein Beispiel, um zu zeigen, wie dramatisch der Fachkräftemangel mittlerweile eigentlich ist, wenn wir uns Sozial-, Gesundheits- und Bildungsberufe anschauen. Hunderttausend Pflegefachkräfte fehlen in Österreich und Kollegin Rychly hat es auch gerade gesagt, die Prognose für Wien bis 2030 lautet, wir brauchen 9.000 zusätzliche neue Pflegekräfte.

 

In Anbetracht des wirklich großen Fachkräftemangels und in Anbetracht der Notwendigkeit, in die Zukunftsberufe Pflege, Gesundheit, Bildung zu investieren, begrüßen wir GRÜNEN natürlich sehr den vorliegenden Antrag, den WAFF zu unterstützen, um arbeitslose Menschen, die sich für diesen wichtigen, notwendigen, sicher auch schwierigen, aber auch sehr sinnstiftenden Beruf entscheiden, mit 400 EUR pro Monat zu unterstützen. Das ist ein wirklich guter Schritt, er schließt auch an die Tradition, die der WAFF hier schon hat, an. Denn selbstverständlich hat hier der WAFF bereits schon mit diversen Trägern ausgebildet. Was wir hier heute haben, ist sozusagen eine Attraktivierung der Ausbildung und ein Verdichten des Ausbildungstaktes. Das braucht es unbedingt.

 

Gleichzeitig möchte ich aber auch sagen, dass der Takt, glaube ich, noch nicht hoch genug ist und die Maßnahme noch nicht ausreicht. Es ist ein wichtiger Schritt, es ist ein notwendiger Schritt, den wir sehr begrüßen. Ich sehe in der Tat aber auch noch offene Fragen: Etwa, wie schaut es aus mit einer wirklichen Existenzsicherung während einer viele Monate dauernden Ausbildung aus? Wir reden ja hier von Ausbildungszeiten von über zwölf Monaten, das muss man sich einmal leisten können. Davon muss man sich selbst, davon muss man die Familie versorgen können. Hier ist noch Diskussionsbedarf und ich sehe natürlich auch den Bund gefordert und meine, dass bei Sozial- und Gesundheitsminister Anschober die Problematik sehr wohl schon angekommen ist. Das weiß ich - er hat das Thema auch in der Pflegereform schon drinnen.

 

Wichtig ist, hier die Taktzahl bei der Ausbildung weiter zu erhöhen. Und wichtig ist, darauf zu schauen, dass wir mit einer verbesserten, attraktiveren Ausbildung noch bei Weitem nicht alle Probleme gelöst haben. Wir haben ein massives Arbeitsbedingungsproblem, das gelöst werden muss. Es nützt nichts, wenn wir Fachkräfte ausbilden und sie dann in der Praxis die Erfahrung machen, wie schwer, wie ungut, wie schlechtbezahlt, wie abgewertet die Arbeit dort ist. Es braucht hier einerseits gute Ausbildungsbedingungen, aber es braucht auch attraktive Arbeitsbedingungen. Wir GRÜNEN haben hier ja diesbezüglich schon Anträge eingebracht. Ich erinnere, wir wollen den Wiedereinstieg attraktiveren, damit Menschen, die den Beruf bereits erlernt haben, zurück in den Pflegeberuf kommen. Ich erinnere daran, dass wir bereits einen Antrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen eingebracht haben, insbesondere bei der Bezahlung und bei der Verkürzung der Arbeitszeit. 35 Stunden sind definitiv genug in der Pflege, wahrscheinlich sollte es sogar in Richtung 30 Stunden gehen, bei vollem Lohnausgleich.

 

Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, dass es auch ein Umdenken in den einzelnen Einrichtungen und Organisationen braucht. Die Veränderung der Organisationskultur Richtung Augenhöhe zwischen Ärztinnen und Ärzten und Pflegepersonal, ist auch ganz wichtig. Ich glaube, dass es wichtig ist, die Expertise der Pflegekräfte mehr anzuerkennen, sie stärker in die Planung einzubeziehen und partizipativer zu arbeiten. Ein weiterer Punkt, den ich noch ansprechen möchte, betrifft die Rahmenbedingungen. Es braucht eine bessere Vereinbarkeit. Wir haben es hier mit vielen, vielen Schichtberufstätigen zu tun, die Ausdehnung der Kinderbetreuungszeiten zum bisherigen Angebot gehört einfach dazu.

 

Generell und abschließend möchte ich sagen, die Pflegearbeit gehört aufgewertet, grundsätzlich. Wir alle wollen gute, beste Pflege, das ist so etwas Persönliches, so etwas in die Intimität Hineinreichendes. Da wollen wir fachlich gut betreut werden, da wollen wir von Menschen betreut werden, die wirklich ordentlich und anständig für diese Arbeit bezahlt werden. Das heißt, diese Arbeit muss uns, muss der Gesellschaft, muss der öffentlichen Hand viel mehr wert sein. Es braucht mehr Geld für die Pflege, damit hier auch mehr Geld bei den Pflegenden ankommt, in Form von besserer Bezahlung, und last but not least sind auch wir hier im Gemeinderat gefordert, den Pflegeeinrichtungen die Möglichkeit zu geben, besser zu bezahlen, indem wir ihnen auch mehr Mittel zur Verfügung stellen, damit sie als ArbeitgeberInnen ihren MitarbeiterInnen bessere Löhne bieten können. Also, mehr Geld für die Pflege. Und der heutige Antrag zu einer Ausbildungsfinanzierung ist natürlich gut. - Danke.

 

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