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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 24.03.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 78

 

Detail gehört - beleuchtet aber mehrere Seiten dieses roten Wiens. Die Stadt rühmt sich, dass 60 Prozent der vermieteten Wohnungen im sozialen Wohnbau sind, und dieser soziale Wohnbau besteht aus den Gemeindebauten, aber auch aus den Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern. Ja, wenn die Stadt Wien den günstigen Wohnraum zu besonderen Konditionen hervorhebt, dann muss auch gesagt werden, dass da mit dem Bestand und den Geldern ordentlich umgegangen werden muss. Das scheint in unserer Stadt nicht immer der Fall zu sein.

 

Ende 2018 befanden sich insgesamt 211.000 Mietwohnungen im Eigentum der Stadt Wien und wurden von Wiener Wohnen verwaltet. Was der Rechnungshof nun kritisiert hat, ist, dass zu wenige Wohnungen saniert werden, auch das wurde schon erwähnt. Was bedeutet das? Auf dem Wohnungsmarkt fehlen die günstigen Wohnungen. Es ist Aufgabe der Stadt, da ein entsprechendes Angebot zur Verfügung zu stellen, denn immerhin ist Wiener Wohnen der größte Wohnungseigentümer in ganz Europa. Wenn aber zu wenige Wohnungen saniert werden und daher nicht zur Verfügung stehen, kann auch die Nachfrage nach günstigem Wohnraum nicht befriedigt werden.

 

Laut dem Rechnungshofbericht wurde lediglich eine Sanierungsrate von 45 Prozent, also nur knapp die Hälfte der von Wiener Wohnen angestrebten jährlich 7.300 Mietobjekte, erreicht. Wenn man das auf einen Sanierungszyklus hochrechnet, sind das statt der angestrebten - auch das ist schon gefallen - 30 Jahre nur 67 Jahre, und hier gilt natürlich wiederum, dass ein längerer Sanierungszyklus und damit spätere Sanierungen auch höhere Kosten verursachen.

 

Wir fordern daher in unserem Beschlussantrag, dass die Stadt Wien und Wiener Wohnen den Leerstand weiter verstärkt abbauen müssen. Sie merken schon, das Thema leistbarer Wohnraum zieht sich durch die Wohnungspolitik der Stadt Wien. Das ist gut so, aber dazu gehört, wie schon erwähnt, auch der gemeinnützige Wohnbau.

 

Wir haben medial schon gehört, dass die Sozialbau-Gruppe rund 70 Millionen EUR bei einer kleinen Bank im Burgenland geparkt hatte. Dieses Geld ist nun weg. Okay, man könnte sagen, es ist nur Geld, aber genau dieses Geld ist ja für den leistbaren Wohnraum bestimmt. Mit 70 Millionen EUR lässt sich schon einiges bauen, grob gerechnet sind es mindestens 500 bis 600 Wohnungen, die errichtet werden könnten. Diese 500 bis 600 Gemeindewohnungen schaffte die Gemeinde Wien nicht einmal in den letzten Jahren zu bauen, also das ist schon eine ordentliche Anzahl.

 

Es wäre ja nachvollziehbar, wenn die Begründung lauten würde, die Zinsen waren bei der Commerzialbank Mattersburg so hoch. Na ja, okay, ups, das war ja eigentlich die Begründung, nur haben gemeinnützige Wohnbauträger nicht nur den Profit und die Gier nach Zinsen im Auge zu haben, sondern das Wohl der wohnungssuchenden Menschen in dieser Stadt.

 

Es ist daher unerklärlich, wie ein Unternehmen beziehungsweise eine ganze Gruppe von Unternehmen unter dem Dach der Sozialbau derart viel Geld - Medienberichte gehen von bis zu 45 Prozent der vorhandenen Liquidität und in Einzelfällen sogar mehr aus - bei einer kleinen Bank im Burgenland bunkern konnte. Ich meine, passiert ist passiert, das muss man anprangern, aber das Geld ist weg.

 

Jetzt könnte man meinen, dass es eine Instanz gibt, die solche Vorgänge prüft, um in Zukunft rigidere Vorgaben zu treffen und aus den Fehlern zu lernen. Diese Institution gibt es auch, den genossenschaftlichen Revisionsverband, der die gemeinnützigen Wohnbauträger jährlich prüft. In einem so schwerwiegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass da besonders genau geprüft wird. Es gibt jetzt nur ein kleines Problem: Der Obmann des Revisionsverbandes ist zugleich auch Finanzvorstand der Sozialbau AG. Das würde heißen, dass ein und dieselbe Person sich selbst prüfen müsste. Ich würde sagen, irgendwie ist das schon ein Interessenskonflikt.

 

Dazu kommt noch, dass die Bundes-SPÖ Anteile an der Sozialbau AG hält und wir in Wien eine Wohnbaustadträtin der gleichen Fraktion haben. Wir fordern daher die zuständige Stadträtin Gaál auf, über die Magistratsabteilung 50 als zuständige Aufsichtsbehörde eine Sonderprüfung in der Causa Commerzialbank zu veranlassen. Vielen herzlichen Dank.

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Stürzenbecher. Ich erteile ihm das Wort.

 

13.33.43

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Frau Berichterstatterin! Geschätzte Präsidentin des Rechnungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

In aller Kürze, weil wir ja an sich vereinbart haben, dass wir heute auf Grund der spezifischen Situation kürzere Reden halten, möchte ich natürlich auch zum Rechnungshofbericht Stellung nehmen. Er hat eine Überprüfung gebracht, die von April bis Oktober 2019 erfolgt ist und ausgewählte Aspekte des geförderten und gemeinnützigen Wohnbaus in Wien überprüft hat. Ich möchte dazu eine grundsätzliche Feststellung machen, die ich immer mache, wenn der Rechnungshof da ist, weil das vielleicht der Rechnungshof selber und die Frau Präsidentin natürlich wissen, aber die Öffentlichkeit nicht in dem Ausmaß darüber informiert ist, dass der Rechnungshof wirklich ein außerordentlich wichtiges Hilfsorgan des Nationalrates, der Landtage, aber in dem Fall auch des Gemeinderates in Wien ist.

 

Er ist natürlich nicht nur in seinen Erkenntnissen für die Oppositionsparteien wichtig, sondern mindestens genauso wichtig für die Regierenden, für die Überprüften, weil man auf Grund dieser meistens sehr fundierten Stellungnahmen dann Verbesserungen vornehmen und damit insgesamt zu einer besseren Verwaltung oder auch in dem Fall zu einer besseren wirtschaftlichen Leistung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger kommen kann. Deshalb meine ich auch, dass die MitarbeiterInnen des Rechnungshofes eine wichtige Arbeit für unser Gemeinwesen leisten und ich darf der Präsidentin und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür herzlich danken.

 

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