Gemeinderat, 9. Sitzung vom 28.04.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 114
wird jede Situation drückender, wenn man sie mit sich allein in seinen eigenen vier Wänden erleben muss. Ganz besonders besorgniserregend ist da der Zustand unserer Kinder, die vor allem auf Grund der fehlenden sozialen Kontakte, aber auch auf Grund der wirtschaftlichen Angst ihrer Eltern in eine Situation gekommen sind, in der sie mittlerweile nicht nur in einem leicht kritischen Zustand sind, sondern wirklich einer ärztlichen Betreuung bedürfen. Da hat es monatelang an einer Sache gefehlt, nämlich sich miteinander zu bewegen. Wie lange hat man gebraucht, um überhaupt zu erkennen, dass Sport im Freien in einer gewissen Distanz ja durchaus möglich und förderlich für die Gesundheit ist - nicht nur für die physische, auch das ist heute schon angesprochen worden, sondern natürlich auch für die psychische? Bewegung ist ein Schlüsselwort für alles. Menschen sitzen bereits monatelang angsterfüllt herum, schauen von einer Fernsehsendung zur anderen und kommen nicht mehr aus der Wohnung heraus.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich halte das für ganz gefährlich, vor allem, wenn es sich um ältere Menschen handelt. Ich kann es in meiner eigenen Umgebung wahrnehmen, dass viele ältere Personen schwer abgebaut haben, was ihre Bewegungsfähigkeit betrifft, und man weiß eben, dass das ja auch dann sehr schnell Hand in Hand mit dem psychischen Zustand geht. Es war für viele ein Anker, gewisse Institutionen regelmäßig aufzusuchen, und das ist seit Monaten nicht mehr möglich. Es hat den Alltag strukturiert, und es fehlt da wirklich an der Motivation hinauszugehen. Selbstverständlich kann man sagen, na ja, da ist jeder für sich selber verantwortlich. - Ja, das können wir, das können viele andere Menschen, aber es gibt eben auch genug ältere Personen, die allein sind, die keine Menschen um sich haben, die sie an der Hand nehmen. Diese Personen verfallen in ihren Wohnungen regelrecht von Tag zu Tag. Da wird es einer großen Anstrengung brauchen, soweit das noch möglich ist, auch wieder die entsprechende Rehabilitation dieser Zustände durchzuführen.
Wir sehen, dass es also an vielen Enden und Ecken fehlt. Ich habe eben die psychische Situation angesprochen, und diese Probleme, die jetzt durch die Pandemie, wie man so gerne sagt, wie mit dem Brennglas beleuchtet werden, sind ja keine neuen. Das hat im Rahmen der Aktuellen Stunde einer meiner Vorredner aus der Fraktion ja auch gesagt. Wir haben schon Grundprobleme, das ist etwa die Versorgung psychisch Kranker und da vor allem der Kinder. Das ist eine Geschichte, die über zehn Jahre alt ist, als wir im Rahmen der Untersuchungskommission gesehen haben, woran es mangelt und woran es fehlt. Sieht man sich den Vergleich von damals mit jetzt - ich sage nicht, heute, mitten in der Pandemie, sondern hoffentlich am Ende, sondern ich nehme das Jahr 2019 oder Anfang 2020 her - an, dann sind es nur wenige Betten gewesen, die aufgestockt werden konnten, wenige Abteilungen, die so hergerichtet werden konnten, dass sie auch wirklich den Anforderungen entsprechen. Jetzt haben wir noch einmal eine große Gruppe von Patienten dazubekommen und es wird eine große Anstrengung sein, diese auch entsprechend versorgen zu können. Nach wie vor wird gezögert, die Psychotherapie auf Krankenschein möglich zu machen. Das ist auch eine Forderung, die schon seit vielen, vielen Jahren im Raum steht, und da geht einfach überhaupt nichts weiter. Wir haben, glaube ich - also ich würde gar nicht sagen, wir, weil wir da sehr dagegen gestanden sind -, aber in Wien wurde ein schwerer Fehler begangen, als man nicht überlegt hat, wie man Einrichtungen wie etwa die Semmelweis-Klinik im Sinne eines Zwecks der Gesundheit weiterverwenden könnte. Da ist kostbarer Boden in Bestlage verscherbelt worden. Wir haben in Wien zum Beispiel keine Kinder-Reha. Kinder, die in eine Reha gehören, müssen nach Niederösterreich kommen. Was wäre besser gewesen, als dieses Areal mit den unterschiedlichen Baublöcken für eine Kinderrehabilitation in jede Richtung herzurichten?
Man hätte dort insgesamt ein wunderbares, zeitgemäßes Kindergesundheitszentrum mit Schuleinrichtungen, mit einem Gästehaus für besuchende Eltern oder Angehörige, mit der Grünfläche, die vorhanden ist, machen können. Das wäre eine ganz tolle Einrichtung gewesen, das hätte zukunftsweisend sein können. Das war ein großer Fehler, dass man diese wertvolle Einrichtung einfach verklopft und verscherbelt hat und für den öffentlichen notwendigen Zweck, für den sozialen Zweck, für den Zweck der Gesundheit unterm Strich nichts übrig geblieben ist. Diesen Vorwurf werden Sie von mir noch oft hören.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist die Kindermedizin als solche. Ich werde dazu heute auch einen Antrag einbringen. Wir haben einfach zu wenig Kinderkassenärzte, und das Wichtigste ist natürlich, dass wir bei den Kindern mit der Gesundheit ansetzen, denn eine gute Versorgung in der Kindheit erspart viel Leid für die Betroffenen. Sie erspart aber natürlich auch viele Kosten für die Allgemeinheit, wenn es sich dann um einen erwachsenen Menschen handelt. Es ist ja genauso wie in der Pädagogik: Was man in der Kindheit hineininvestiert, das erntet man dann einmal im positiven Sinne beim erwachsenen Menschen. Es ist notwendig und wichtig, dass wir ausreichende Kinderkassenärzte zur Verfügung haben, und ich darf mir erlauben, heute auch einen entsprechenden Beschlussantrag einzureichen, und zwar wollen wir gerne gemeinsam darüber im Ausschuss sprechen und werden diesen Antrag auf Zuweisung in den entsprechenden Ausschuss stellen.
Sehr geehrte Damen und Herren, mein Vorredner, Kollege Seidl, hat vergessen, zwei Anträge einzubringen, ich darf diese für unsere Fraktion einbringen. Da geht es einmal um die Personalstruktur, um den bestehenden Anforderungen gerecht zu werden und ausreichend Planstellen der Berufsrettung zu schaffen. Da wird die sofortige Abstimmung verlangt.
In einem weiteren Antrag geht es um das Sozialmedizinische Zentrum Floridsdorf, das im Eigentum des Wiener Gesundheitsverbundes steht. Da wollen wir eine Fortführung des Zweckes einer Pflege- und Gesundheitseinrichtung und schlagen vor, dieses in ein Pflegehaus umzuwandeln und entsprechend auszustatten.
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