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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.05.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 97

 

von Krebspatientinnen und -patienten zu vergleichen. Noch tragischer: Sie sind im Schnitt zwischen 20 und 50 Jahre alt, in der Blüte ihres Lebens, und können ihren alltäglichen Pflichten gar nicht oder nur begrenzt nachgehen. Und das ist nur die Spitze des Eisberges, denn sie müssen diese Last Wochen, wenn nicht sogar Jahre, mit sich tragen. Für diese Gruppe sind raschestmöglich Strukturen für die medizinische, psychologische und rehabilitative Betreuung zu schaffen, wie es in anderen Städten und Ländern bereits getan wird. In Wien sollte kein an Long-COVID-Erkrankter Monate auf einen Termin warten. Welche Art von Anlauf- und Betreuungsstellen bzw. wie viele derartige Einrichtungen sind seitens der Stadt Wien für Long-COVID-Patienten geplant?)

 

Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Peter Hacker: Danke vielmals, Herr Vorsitzender! Frau Abgeordnete!

 

Zu Ihrer Anfrage: Sie haben vollkommen recht, die Behandlung von Long-Covid-Patienten ist ein wirklich ganz dringliches Thema, und zwar ein in Wirklichkeit auf allen Ecken und Enden dringliches Thema. Ich meine, wie Sie sehen, ist das eine Erkrankung, die wir überhaupt erst seit eineinhalb Jahren auf der ganzen Welt kennen, und die Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung sind in Wirklichkeit noch immer nicht fertig erforscht. Wir wissen nicht einmal, wie lange die Langzeitfolgen dauern, weil die Erfahrungen naturgemäß viel zu wenige sind, aber zweifelsohne sehen wir, dass 10 Prozent aller Infizierten Long-Covid-Phänomene und -Belastungen in unterschiedlicher Qualität, in unterschiedlicher Ausprägung, aber vor allem insgesamt sehr unterschiedlich aufweisen. Wir sehen Betroffene, die an Müdigkeit, an Kopfschmerzen leiden, die Herzrasen, Schlafstörungen haben, die eine teilweise massiv reduzierte körperliche Belastbarkeit vorweisen, die Wortfindungsstörungen, Gedächtnisstörungen haben, um nur ein paar Symptome aufzuzählen.

 

Bei wirklich schweren Fällen ist es fast vergleichbar mit der krankhaften Erschöpfung von PatientInnen in der Onkologie. Wir wissen auch gar nicht, wie lange diese Langzeitfolgen nach einer Covid-Erkrankung sein werden, wir sind ja in der ganzen Wissenschaft, in der Forschung auf der ganzen Welt erst dabei, herauszufinden, wie wir es behandeln können. Sie wissen, dass wir für die Covid-Erkrankung eigentlich noch keine wirklich zu 100 Prozent treffsicheren Medikamente haben. Das gilt natürlich erst recht für dieses Phänomen Long Covid, das erst seit einigen Monaten überhaupt als solches begriffen und beschrieben worden ist. Klar ist aber, dass wir, so rasch es irgendwie geht, Strukturen brauchen, um die notwendige medizinische, psychologische und rehabilitative Betreuung für diese Patienten zu schaffen.

 

Das Ziel muss natürlich sein, dass Long-Covid-Patienten nicht auf Behandlung warten müssen - das ist ja gar keine Frage -, das ist das Ziel, das ist ein klares gesundheitspolitisches Ziel.

 

Sie stellen aber die Frage nach Einrichtungen der Stadt. Diese Frage ist ja auch zu Recht so gestellt, aber mir ist es schon auch wichtig, klar zu machen, dass es eben nicht nur um Einrichtungen der Stadt oder Einrichtungen des Akutspitalsystems, für das wir verantwortlich sind, geht. Was aber machen wir im Akutspitalsystem? - In den fondsfinanzierten Krankenanstalten haben sich schon viele Initiativen und viel Engagement gebildet: Wir haben im AKH zwei Ambulanzen, die sich mit Long Covid schon fast als quasi Fachambulanzen etabliert haben. Die eine in Zusammenarbeit zwischen Kardiologie und Pulmologie und die zweite an der Universitätsklinik für Neurologie für Patienten mit neurologischen Langzeitauswirkungen. Ich halte es auch für wichtig, dass das im universitären Standort stattfindet, weil wir noch so viel lernen müssen, wir wissen noch zu wenig über die Behandlungsmöglichkeiten. Daher ist es notwendig, da klare Schwerpunkte und Initiativen zu haben.

 

Das Gleiche gilt natürlich auch für unsere Spitäler, die Versorgungsspitäler im Wiener Gesundheitsverbund. Da haben wir vor allem in den Fächern Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie Schwerpunkte, sowohl im stationären Setting, also mit Langzeitbehandlung im Spital, als auch im ambulanten Setting. Drei weitere Akutspitäler in Wien, die nicht im Wiener Gesundheitsverbund sind, sind gerade dabei, Konzepte für die Behandlung zu erstellen. Das Gleiche gilt für Pflegeeinrichtungen und das Gleiche gilt für andere Einrichtungen, die sich alle im Augenblick mit diesem Phänomen beschäftigen.

 

Klar ist aber, wir werden eben eine riesengroße Bandbreite an Versorgungslandschaft brauchen, die diesen unterschiedlichen Bedürfnissen der Patienten auch entspricht. Deswegen haben wir auf Landes- und auf Bundesebene schon Aktivitäten gesetzt. Ich habe da auch im Kreis der Landes-Gesundheitsreferenten und gegenüber den Sozialversicherungen klare Aussagen getätigt und auch Leistungen eingefordert, denn die Langzeitbehandlung wird nicht nur eine Frage und am Ende des Tages überhaupt keine Frage der Akutmedizin sein, sondern sie wird natürlich eine Frage des Bereiches der Rehabilitation sein. Die dauerhafte Bewältigung ist eine Frage der Rehabilitation, und deswegen braucht es auf jeden Fall eine bundesweite Abstimmung mit den Sozialversicherungsträgern, die, wie Sie ja sehr genau wissen, im Bereich der Sozialversicherungen ihre Verantwortung haben und im Gegensatz zur Akutmedizin nicht im Bereich von uns Bundesländern.

 

Wir haben uns vergangene Woche in einer Konferenz der Landes-Gesundheitsreferenten auch mit diesem Thema sehr klar beschäftigt und sehr intensive Diskussionen geführt, wobei es keine kontroversen Diskussionen waren. Ehrlich gesagt ging es nur darum, einen gemeinsamen Text zu formulieren, weil die Meinungen und die Ansichten quer durch alle Bundesländer sehr, sehr deckungsgleich waren. Wir haben im Augenblick einen gültigen Reha-Plan, einen Rehabilitationsplan, das ist der Reha-Plan 2020, der die Grundlage für Rehabilitationsleistungen in allen Fächern quer durch das Bundesgebiet ist. Dieser Reha-Plan 2020, der jetzt die Grundlage für Leistungen ist, berücksichtigt logischerweise Covid-19 noch nicht, und daher haben wir ganz klar gesagt, dass der Dachverband der Sozialversicherungsträger diesen Rehabilitationsplan für ganz Österreich sofort

 

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