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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.05.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 97

 

dessen in der Trafik gefangen und stand in Flammen. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Sie stand in Flammen. Mutige PassantInnen haben sie befreit. Nadine kämpfte einen Monat lang um ihr Überleben, leider vergeblich, wie wir wissen. Nadine und 13 weitere Frauen wurden dieses Jahr schon von ihren Ex-Partnern oder Partnern ermordet. Sie wurden mit Fäusten bedroht, mit Messern geschnitten, erstochen, mit bloßen Händen erwürgt, erschossen, tot liegen gelassen oder in eine Bettlade gelegt.

 

Das sind keine Einzelfälle. Dieses Morden hat System. Frauenmorde beziehungsweise Femizide stellen die extremste Form der Männergewalt an Frauen dar. Um es mit aller Deutlichkeit zu sagen: Frauen werden nur aus dem Grund ermordet, weil sie Frauen sind. Sie werden als Eigentum beziehungsweise Besitz des Mannes behandelt, der entsprechend mit seinem Besitz tun und lassen kann, was er will. Das Problem heißt Patriarchat, das Problem heißt Männergewalt, und dem müssen wir mit aller Entschlossenheit entgegentreten.

 

Nadine hatte lediglich eine kleine Chance zu überleben, weil Menschen eingeschritten sind und versucht haben, sie zu befreien. Und um genau diese Courage, diese Chance auf Hilfestellung soll es heute gehen. Es geht um Zivilcourage, um das Einschreiten, um das Hinhören und das Hinsehen, lange bevor der Mord geschieht und eine Frau in Flammen stehen muss. Gewalttaten geht nämlich meist eine lange Gewalthistorie voraus, es gibt laute Auseinandersetzungen, Schreie und Schläge. Dabei sind NachbarInnen oft wichtige und wachsame Ohren- und AugenzeugInnen.

 

Genau aus diesem Grund bringen wir diesen Antrag heute ein, und genau hier setzt auch das nachbarschaftliche Zivilcourageprojekt „SToP - Stadtteile ohne Partnergewalt an“, das in Wien-Margareten ja bereits erfolgreich umgesetzt wurde. SToP ist ein nachbarschaftliches Gewaltpräventionsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, Partnergewalt und häusliche Gewalt zu verhindern und niederschwellige Bewusstseins- und Bildungsarbeit im Bereich Gewaltschutz zu leisten. Es geht darum, eine gute NachbarInenschaft und ein gewaltfreies Miteinander zu entwickeln. NachbarInnen sollen gestärkt und ermutigt werden, achtsamer miteinander umzugehen, besser hinzuschauen und zu wissen, was sie bei Verdacht auf Gewalt tun können und wie sie vor allem die Betroffenen dabei unterstützen können, sich gegen diese Gewalt zu wehren.

 

Es gibt außerdem regelmäßige Männer- und Frauenstammtische im Grätzl, die Austausch und Wissenstransfer ermöglichen. Bisher hat das Projekt „SToP Margareten“ etwa 700 Menschen über die letzten 2 Jahre erreicht, was doch eine beachtliche Zahl ist, und 53 Männertische sowie 54 Frauentische organisiert. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projektes ist auch die Bewusstseins- und Bildungsarbeit mit Jugendlichen, die als Peers ausgebildet werden und auch in ihrem Umfeld gegen Männergewalt an Frauen kämpfen.

 

Im Sinne der Istanbul-Konvention muss es das Ziel sein, SToP auf ganz Wien auszuweiten, um so flächendeckende Gewaltprävention zu ermöglichen und nachbarschaftliche Zivilcourage zu stärken. Entsprechende Bereitschaft gibt es übrigens schon in einigen Bezirken, zum Beispiel im 4. Bezirk. In Margareten wird das ja schon länger umgesetzt. Der 9. Bezirk und auch der 15. Bezirk haben es im Bezirksparlament beschlossen.

 

Wien ist bereits Vorreiterin, wie meine Kollegin Marina Hanke vorher schon gesagt hat, wenn es um den Gewaltschutz geht. Deshalb müssen wir gerade jetzt, da die Zahl an Femiziden und das Ausmaß an Männergewalt weiter steigen, die Initiative SToP flächendeckend umsetzen. Ich bitte Sie daher, der Zuweisung des Antrags heute zuzustimmen im Sinne eines Endes der Männergewalt in Wien und überall. - Danke.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.

 

16.00.05

Berichterstatterin GRin Marina Hanke, BA|: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Vorsitzender!

 

Ich möchte noch ein paar Punkte zum vorliegenden Geschäftsstück sagen, da es auch ein sehr wichtiges ist, wie ich finde. Wir haben jetzt schon einiges zum Verein COURAGE gehört, der ja seit vielen, vielen Jahren - wie viele, dazu komme ich dann später noch - einen Schwerpunkt nicht nur auf die persönliche Beratung von LGBTIQ-Personen, sondern auch deren FreundInnen und Angehörigen setzt und auch mit Gruppensitzungen, Therapien, aber auch Selbsthilfegruppen, Info-Abenden, Seminaren, Workshops, und noch viel mehr ein wirklich riesengroßes Angebot hat.

 

Gerade das letzte Jahr der Pandemie - wir haben das auch in diesem Haus jetzt schon öfter besprochen - war insbesondere für Kinder und Jugendliche sehr herausfordernd. Wir können, glaube ich, auch feststellen, dass es noch einmal mehr für Kinder und Jugendliche aus der LGBTIQ+ Community fordernd war, die zum Teil von ihren Familien nicht unterstützt oder sogar aktiv abgelehnt werden. Auch für diese Kinder und Jugendlichen war COURAGE in den letzten Monaten da, hat beraten, hat unterstützt, hat stabilisiert. Und da möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal ein großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von COURAGE richten, die sich da so gut eingesetzt haben.

 

Viele, viele Jahre, habe ich vorher gesagt. Der Verein COURAGE kann im nächsten Jahr sein 20-jähriges Jubiläum begehen. Dazu einmal schon vorab alles Gute, und ich darf jetzt noch einmal um Zustimmung zu diesem Geschäftsstück ersuchen.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank.

 

16.02.10Es gelangt nunmehr Postnummer 18 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Förderung an SISTERS - Verein für queer feministische Kunst und Kultur. Ich ersuche die Frau Berichterstatterin, die Verhandlungen einzuleiten.

 

16.02.27

Berichterstatterin GRin Marina Hanke, BA: Ich ersuche um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gelangt Herr GR Berger, ich erteile es ihm.

 

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