Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 106
Vergleich mit anderen Städten zeigt, dass diese in den vergangenen 10 bis 12 Jahren ein Bevölkerungsplus von 1 bis 2 Prozent gehabt haben, während Wien 13 Prozent zu verkraften hatte. Hier musste klarerweise Infrastruktur gebaut werden, und das geht nicht von heute auf morgen und ohne Schulden. Bleiben wir also bitte bei seriösen Vergleichen!
Eine unseriöse Anmerkung sei mir gestattet: Wenn in Wien der Arbeitsmarkt so schlecht ist, was ist dann in Niederösterreich? Dann muss das „Mordor“ sein, denn es kommen tagtäglich über 260.000 Menschen aus den Umlandregionen in diese Stadt, um in dieser Stadt zu arbeiten, weil es hier gute Arbeitsplätze gibt und weil man gutes Geld verdienen kann, sehr geehrte Damen und Herren.
Zu einzelnen Maßnahmen: Wir haben für die Jugendlichen viel gemacht mit dem Corona-Ausbildungspaket. Wir haben die Jugendstiftung und den Ausbildungsverbund gemacht. Es gibt Jobs mit Ausbildung. 1.100 Arbeitskräfte finden in IT und Sozialbereichen eine Ausbildung. Die angesprochenen 4.100 Wienerinnen und Wiener werden mit dem Wiener Ausbildungsgeld unterstützt, damit wir im pädagogischen Bereich und im Sozial- und Gesundheitsbereich auch Jobs finden und die entsprechenden Ausbildungen machen können. Das hat hier Früchte getragen. Wien ist das einzige Bundesland, das 2020 bei den Lehrstellenbeginnern ein Plus hat, nämlich ein Plus von 7,7 Prozent. Ich denke, hier zeigt sich, dass die Maßnahmen, die wir setzen, gut und richtig sind und greifen.
Bei den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind wir mit der Aktion 50plus sehr erfolgreich. Der 1.000. Kollege beziehungsweise die 1.000. Kollegin wurde ja gerade abgefeiert, und 60 Prozent davon bleiben dann auch tatsächlich in Beschäftigung. Auch das ist ein Erfolgsmodell, und diesbezüglich würden wir uns ein bisschen mehr Unterstützung von Bundesseite erwarten, dass man solche Modelle auch von dort stützt und übernimmt und nicht versucht, Lösungen über die Rot-Weiß-Rot-Karte zu finden Ich glaube nämlich, dass es notwendig ist, vor allem in der Pflege beziehungsweise Pflegeausbildung echte Stiftungsmöglichkeiten anzubieten und nicht so hoppertatschige Lösungen, wie es momentan der Bund macht.
Wir haben in Wien viele Hilfspakete beschlossen. Vieles ist schon gesagt worden, ich brauche das nicht noch einmal zu sagen. Ich erwähne zur zwei Punkte, die mir wichtig sind. Erstens haben wir die ÜBA aufgestockt: Die Alternative wäre nämlich, dass junge Menschen auf der Straße stehen, ohne Beschäftigung sind und arbeitslos wären, und das ist kein Ziel.
Zweitens haben wir auch als Sozialpartner die Kurzarbeit wirklich toll verhandelt. Ich muss das so sagen, denn die SozialpartnerInnen haben dort die Expertise eingebracht, die die Regierung und das Parlament einfach nicht haben. Wir sind gerade dabei, KUA 5 zu verhandeln, und ich denke, dass das hier sehr, sehr viele Arbeitsplätze gerettet hat.
Das Kommunale Investitionsgesetz, das heute schon paar Mal angesprochen wurde, ist ein guter Schritt. Ich kann aber die Euphorie der ÖVP nicht teilen. Wenn man sich das anschaut, dann sieht man nämlich, dass alle Gemeinden Österreichs durch die Steuerreform im vergangenen Jahr 1 Milliarde EUR verloren haben. Man kann zwar sagen, dass durch das Kommunale Investitionsgesetz diese Milliarde wieder zurückgegeben wurde, und das ist ein richtiger Schritt, der Fehlbetrag der Gemeinden von 2,5 bis 3 Milliarden EUR ist aber nach wie vor da. Und auch das 2. Paket mit 1,5 Milliarden, bei dem man nur 500 Millionen frisches Geld in die Hand nimmt, wobei der Rest ab 2023 zurückgezahlt werden muss, ist einfach für die Gemeinden, auch für die Stadt zu wenig. Im Hinblick darauf kann ich den Bund nur auffordern: Lassen Sie die Gemeinden in Österreich nicht verhungern! Geben Sie ihnen ausreichend Unterstützung und das notwendige Geld! Das Kommunale Investitionsgesetz und das Kommunale Investitionspaket bringen deutlich zu wenig, sehr geehrte Damen und Herren.
Schauen wir uns an, wie wir diese Krise bezahlen werden. Wir wissen, dass 80 Prozent der Steuern von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und von den Konsumenten erbracht werden. Im Hinblick darauf, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, werden wir um eine Gerechtigkeitsdebatte nicht herumkommen. Die 100 reichsten Österreicherinnen und Österreicher haben jetzt 200 Milliarden EUR Vermögen. Dieses Vermögen ist in den letzten 12 Monaten, während der Krise, von 155 Milliarden auf 200 Milliarden EUR gestiegen. Ich werde jetzt keinen einzigen Vorschlag machen, aber wir werden hier jedenfalls eine Gerechtigkeitsdebatte zu führen haben. Es kann nämlich nicht sein, dass Unternehmen europaweit Steuergeschenke bekommen, während sie im gleichen Europa keinen einzigen Cent an Steuer zahlen. Das ist nicht fair. Wir wollen hier Gerechtigkeit, und die Vermögenden werden sich entsprechend beteiligen müssen.
Ich komme nun zu ein paar Anträgen. Zum Antrag betreffend Stadtrechnungshof sag‘ ich jetzt eh nichts mehr. Dass die begleitende Kontrolle keine Nachkontrolle machen kann, das liegt auf der Hand. Das haben wir vorige Woche bereits debattiert. Deshalb verstehe ich jetzt das Ansinnen der ÖVP nicht. Auf Grund der Untersuchungskommissionen sind wir zu entsprechenden Ergebnissen gekommen und haben zum Beispiel ein Bauherrenmanagement im WiGev und andere Dinge eingerichtet.
Zu dem noch nicht eingebrachten Antrag betreffend Tourismuszonen: Wenn man die Menschen in dieser Stadt ernst nimmt, dann muss man auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ernst nehmen. Über 90 Prozent der Beschäftigten im Handel haben bei Befragungen eine Sonntagsarbeit abgelehnt. Die Rahmenbedingungen im Handel sind ohnehin schwierig, auch jetzt während der Pandemie. Wir sehen auch, dass ohnehin wenige Menschen bereit sind, unter entsprechenden Bedingungen in diese Jobs hineinzugehen. Ich nenne das Beispiel Bäckereiverkäuferin: Diese Diskussion hatten wir in den letzten Tagen. Lassen wir also den Sonntag so arbeitsfrei, wie er ist! Und wenn Ihnen das
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