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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 106

 

Grün zurückfällt, sondern sogar ihr eigenes Regierungsprogramm ignoriert, auch wenn Frau Bakos jetzt davon gesprochen hat, wir würden ein Dialogforum mit BürgerInnen zur Zukunftskonferenz machen, irgendwann, irgendwo, wir haben ja noch Zeit, ha ha, dann zeigt sich das hier eindeutig, dass die selbsternannte Fortschrittskoalition eher einen Rückschritt macht, denn einen Fortschritt.

 

Vielleicht bringe ich noch ein paar andere Gegenüberstellungen zu Europa. Wie erwähnt, keine Fachseminare auf Ebene des Europaausschusses, bis jetzt keine Organisation irgendeines Antrages zur Konferenz zu Europa. Daher werde ich auch heute wieder gemeinsam mit meinen KollegInnen Ursula Berner und David Ellensohn einen Beschluss- und Resolutionsantrag für eine Bürgerbeteiligung in Wien anlässlich der Konferenz zur Zukunft Europas einbringen:

 

Der Herr Amtsführende Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke Peter Hanke wird aufgefordert, Formate für eine BürgerInnenbeteiligung zu schaffen, in denen sich europapolitisch Interessierte speziell zu Fragen der Zukunft Europas, die auch Wien und die Städte betreffen, einbringen. In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung dieses Antrages - um das auch entsprechend zu besprechen - an den Gemeinderatsausschuss für europäische und internationale Angelegenheiten.

 

Aber nicht nur, was Fachseminare, Zusammenarbeit, Bürgerbeteiligung betrifft, nein, wenn wir uns anschauen, was ist zum Thema Soziales passiert: Die EU baut in ihrer Gemeinschaft die soziale Säule aus. Was macht Wien? Wien, die NEOS und die SPÖ kürzen die Mindestsicherung. Zum Thema Klimaschutz: Die EU hat einen maßgeblichen klimarelevanten Anteil der Mittel ausgebaut und einen Aufbaufonds geschaffen. Was macht die SPÖ? Sie baut gemeinsam mit den NEOS um hunderte Millionen eine Stadtstraße quer durch einen Bezirk in Wien.

 

Zum Thema Menschenrechte, da das die Frau Bakos gerade so angesprochen hat: Der linksgrüne Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony setzte kürzlich ein Zeichen gegen die Pläne Viktor Orbán‘s, auf einem Gelände im Bezirk Ferencváros, das eigentlich für die Errichtung von leistbaren Wohnungen für Studierende gedacht war, die chinesische Fudan Universität anzusiedeln. Er ließ die dortige Verkehrsflächen - und das finde ich wieder einmal so großartig, wie man auch anders Widerstand leisten kann - nach dem Dalai Lama, nach dem freien Hongkong und nach uigurischen Märtyrern benennen: Straßenbenennungen in anderer Form. Sein Projekt hat Orbán dann gestoppt. Ich frage aber auch im Vergleich, was macht hier in Wien der Herr Bürgermeister der Menschenrechtsstadt? - Er ehrt den chinesischen Botschafter mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Stadt Wien. Ich verstehe das nicht und ich werde es wahrscheinlich nie nachvollziehen können, wie hier NEOS und SPÖ einen chinesischen Diplomaten unterstützen können.

 

Wie soll sich die EU weiterentwickeln? Das ist eine zentrale Frage, hier müssten wir weiterarbeiten. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament sollte es auch transnationale Listen geben, um in den entsprechenden Mitgliedstaaten Wahlkämpfe europäischer Dimensionen stärker einbringen zu können. Auch die Westbalkan-Staaten, besonders Nord-Mazedonien und Albanien sollten möglichst bald Beitrittsperspektiven erhalten.

 

Aber eine der größten Herausforderungen ist gegenwärtig die Zunahme autoritärer Tendenzen in immer mehr Ländern. Das war nicht immer so, wenn ich bedenke, vor 35

 

Jahren startete Michail Gorbatschow in der Sowjetunion mit seiner Glasnost, und in den folgenden Jahren begann ein weltweiter Demokratisierungsprozess. Seit 2015, 2016 geht es leider in die Gegenrichtung, und nicht nur in Ländern wie Belarus, Brasilien, Myanmar, den Philippinen oder Türkei, sondern sogar in der EU, nämlich in Ungarn und Polen ganz besonders. Die EU hat jedoch einen wichtigen Schritt gesetzt, indem das Europaparlament im Dezember 2020 den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus beschlossen hat. Dieser ermöglicht es der Union endlich, Zahlungen an Mitgliedsstaaten auszusetzen, die gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen. Und es gibt auch erfreulichen Widerstand aus der Zivilbevölkerung, in Slowenien, wo die Zivilgesellschaft gegen Janez Janšas Demokratieabbauversuche demonstriert. Auch der deutliche Wahlsieg außerhalb Europas von Biden und Harris über Trump gibt mir in der Richtung dabei Hoffnungen.

 

Oft sind Städte die Speerspitze für ein solidarisches Zusammenleben und für Meinungsfreiheit. Ob Berlin, Barcelona oder Lyon, werden viele andere Städte Grün-Links regiert und kürzlich kam sogar Zagreb, die Hauptstadt Kroatiens dazu. Aber auch Wien trägt eine Verantwortung bei internationaler Politik, wie zum Beispiel im Umgang mit den Diktatoren wie etwa Lukaschenko in Weißrussland. Auf Bundesebene wurden Oppositionelle empfangen und Österreich trägt die Sanktionen gegen das brutale Regime mit. Jetzt müssen nur noch die österreichischen Firmen nachziehen und sich selbstverständlich für die Demokratiebewegung einsetzen. Aber auch ganz konkret Wien muss etwas tun. Ich würde mir erwarten, dass sich die Stadt auch für die Wienerinnen und Wiener einsetzt, wie im Fall von Ahmed Samir Santawy, der vor Kurzem vier Jahre Freiheitsstrafe bekommen hat und in Hungerstreik gegangen ist, mit dem Motto: „I‘m not a criminal, I go out or die.“ Hier muss Wien auch versuchen, sich für seine Bürger einzusetzen.

 

Aber ich mag heute nicht nur Kritik machen, da Herr Ornig heute gesagt hat, es braucht auch eine positive Sprache und dann nur kritisiert hat: Ich finde es positiv, wie sich Wien für die LGBTIQ-Anliegen engagiert, das hat eine große und lange Tradition, vom Life Ball bis zu den Ampelfiguren. Deswegen müssen wir etwas tun, wenn in Staaten wie Ungarn die Unterverdachtstellung von Homosexualität schon bald bestraft werden wird oder in Polen, das hier nachziehen möchte.

 

Zum Abschluss möchte ich auch in diesem Zusammenhang an Monika Vana‘s Bericht zur Geschlechterdimension in der Koalitionspolitik anschließen. Die wurde am 8. Juni im Plenum des Europäischen Parlaments mit

 

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