Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 103
wo sind Grün- und Freiflächen? Wie bewegen wir uns von A nach B?
Und natürlich hat auch jetzt die Pandemie einen ganz entscheidenden Impact auf diese Planung und auf diese Gedanken, wo wir in Zukunft hin wollen. Wir haben schon vor einigen Jahren das Konzept „Leben am Wasser“ forciert und präsentiert, weil für uns das Wasser als Element des Lebens ein wesentliches ist, das die Stadt lebenswert macht, die Stadt bereichert und vor allem auch in Zeiten von Hitze einen unglaublichen Beitrag dazu leisten kann, die Stadt abzukühlen. Das heißt, Konzepte liegen am Tisch, man muss nur hinschauen und auch danach handeln, sehr geehrte Damen und Herren.
Ja, das alles ist Stadtplanung - von der Mobilität über das Wohnen bis hin zur Wirtschaft -, und wir haben, Frau Kollegin Arapović hat es schon erwähnt, letzte Woche im Gemeinderat über den STEP, den Stadtentwicklungsplan, gesprochen. Mit Herbst erfolgt eben der Startschuss für die Neuauflage des STEP, und eines muss ich schon festhalten, weil unsere Kritik offensichtlich nicht verstanden wurde: Der STEP existiert nicht als Selbstzweck. Dass es einen Stadtentwicklungsplan gibt, das allein heißt noch nicht, dass auch die Entwicklung der Stadt so ist, wie wir es uns vorstellen. Und das ist genau der Punkt, den ich stets kritisiere. Es ist nämlich nicht nur das Dokument, das ich in der Vergangenheit stets kritisiert habe, sondern auch die Struktur, in die es eingebettet ist - das habe ich mehrfach betont und erklärt -, denn das Instrument des Stadtentwicklungsplans, das es jetzt gibt, ist sehr schwammig formuliert - und das ist nicht gut bei der Stadtplanung, weil es so eben keine Orientierung und keine Planungssicherheit gibt, sehr geehrte Frau Kollegin.
Wenn ich keine Orientierung habe, wo sich die Stadt hinentwickeln soll, und wenn ich keine Vision habe und kein Ziel, das greifbar ist, dann passiert halt irgendetwas, ungeplant oder einfach, weil eh alles möglich ist.
Um beim Beispiel der Landwirtschaft zu bleiben: Das ist ein bisschen wie ein Chaos am Feld. Man bereitet den Boden auf, sät vielleicht noch Samen aus, und dann gießt man aber vielleicht nur eine Hälfte des Feldes, oder man kümmert sich nur um einen Teil, der einem besonders gut gefällt, oder man platziert aus heiterem Himmel einen Schuppen, der aber so Schatten wirft, dass eigentlich nichts mehr wachsen kann. Die gewünschte Ernte wird ausbleiben, sehr geehrte Damen und Herren. Im normalen Leben würde das niemand machen, in der Landwirtschaft schon gar nicht, und obwohl das so logisch klingt, passiert genau das aber leider immer wieder in der Stadtplanung: Wildwuchs, Beliebigkeit, Chaos - und das ist giftig für die Entwicklung der Stadt, sehr geehrte Damen und Herren.
Um genau das zu vermeiden, brauchen wir die richtigen Instrumente, Ebene für Ebene, Schritt für Schritt, von einem klaren Zukunftsbild, wie unsere Stadt 2035 aussehen soll, über unsere Bezirke bis hin zu den Grätzln, bis zu den einzelnen Grundstücken. So, wie es jetzt ist, haben uns der Stadtentwicklungsplan und seine Konzepte in vielen Fragen im Stich gelassen - ich habe es letzte Woche schon gesagt - und haben so auch das Vertrauen in die Stadtentwicklung getrübt. Das sind leider die schlechten Erfahrungen, die wir in den vergangenen Jahren stets machen mussten, und deswegen ist auch unsere Skepsis, was den neuen Stadtentwicklungsplan betrifft, sehr groß, sehr geehrte Frau Kollegin von den NEOS.
Vom Masterplan Partizipation bis hin zum Hochhauskonzept, alle diese Konzepte geben keine Antwort auf Fragen, sondern sie machen Probleme, wo vorher keine waren. Der Stadtentwicklungsplan und seine Konzepte sind keine praktischen Instrumente, die man anwenden kann. Daher brauchen wir eine Reform in der Stadtentwicklung, und ich bringe aus diesem Grund auch einen Antrag ein, der besagt, dass Konzepte und Masterpläne evaluiert werden müssen, auch im Hinblick auf ihre Effizienz, ihre Wirtschaftlichkeit und Treffsicherheit, sehr geehrte Damen und Herren.
Apropos Instrumente: Auch der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zählt zu den Instrumenten der Stadtentwicklung. Werden Stadtteile entwickelt, bringt das meistens eine Änderung des Flächenwidmungsplanes mit sich, und wenn etwas verändert wird, dann prallen oft Interessen aufeinander. Es geht ja auch oft um viel Geld, das ist natürlich sehr heikel und das erfordert auch Sensibilität und vor allem Transparenz. Das ist derzeit leider nicht der Fall, und deswegen bringe ich einen weiteren Antrag ein, und zwar betreffend vollständige Transparenz bei Flächenwidmungs- und Bebauungsplanänderungen.
Zunächst brauchen wir überhaupt einmal eine Reform, was die Frage betrifft, wie denn der Prozess der Flächenwidmungsplanung ausgelöst wird. Das ist oft gar nicht klar. Dass ein Flächenwidmungsplan geändert wurde, merkt man oft erst, wenn der Bagger am Nebengrundstück auffährt. Oder: Die städtebaulichen Verträge - nach wie vor ein schwarzes Loch, kein Mensch weiß, wie die eigentlich entstehen und wie die verhandelt werden. Aber auch, was die Zugängigkeit von Informationen zu Verfahren, zu Flächenwidmungsplanänderungen betrifft, verlangen wir, dass das transparenter wird, ersichtlicher wird und zugängiger gemacht wird. Auch die Stellungnahmen, die oft von Anrainern zu laufenden Verfahren abgegeben werden, verpuffen im Nichts. Die Stellungnehmenden geben etwas ein, aber sie wissen gar nicht, was damit passiert, ob das eingearbeitet wird, wie die Antwort darauf ist, denn diese Antwort der Magistratsabteilungen wird nicht veröffentlicht. Auch die Veröffentlichung dieser Antworten auf Stellungnahmen würde dazu beitragen, sehr geehrte Damen und Herren, mehr Verständnis, Klarheit und Transparenz zu schaffen. - Das sind grundsätzliche Dinge, grundsätzliche Instrumente, die uns in der Entwicklung der Stadt helfen sollen. Das bildet die Basis, das Fundament unseres Hauses in der Stadtentwicklung, wenn man so will.
Wir sehen ja, was passiert, wenn die Stadtplanung nicht funktioniert, wenn die Instrumente nicht greifen, sehr geehrte Damen und Herren - ein Stichwort: das Heumarkt-Projekt. Ich weiß, diese Diskussion ist unangenehm für die SPÖ, aber ich muss sie einfach führen,
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