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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 103

 

Der öffentliche Raum in den Metropolen ist etwas sehr Kostbares, und er ist ein begrenztes Gut. In Wien bewegt sich der Großteil der WienerInnen eigentlich nachhaltig - sie fahren mit den Öffis, gehen zu Fuß oder fahren mit dem Rad -, trotzdem überlässt man 67 Prozent der Verkehrsflächen in Wien dem Individualverkehr, und diese ungerechte Verteilung des öffentlichen Raumes gilt es zu verändern.

 

Es wird - ich habe es schon gesagt - die Anzahl der kostenpflichtigen Parkplätze ungefähr verdoppelt. Die Zahl ist ungefähr 250.000. Wenn ich jetzt sage, ein Drittel davon wird frei, dann sind das - und das ist eine sehr konservative Schätzung mit 10 m² pro Auto, was ja illusionär ist, wenn man sich anschaut, welche Tanks da durch die Stadt rollen - ungefähr 700.000 m². Was kann man damit machen? - In erster Linie gilt es, diesen Platz den Menschen zurückzugeben, diesen Platz zu entsiegeln, dort Bäume zu pflanzen, ein Bankerl darunterzustellen, damit es wieder Plätze für den Austausch im Grätzl gibt und damit die Leute zusammenkommen. Und wenn Sie sich meinen Antrag anschauen, werden Sie dort einige Beispiele finden, wie wir es uns vorstellen, dass dieser Platz gestaltet wird.

 

Noch ganz kurz zum Preis, weil ich von einigen Parteien immer wieder das Wort „Abzocke“ höre, vor allem aus den Reihen der FPÖ und der ÖVP. Der FPÖ habe ich eh schon erklärt, was 30 Cent pro Tag für die Benützung des öffentlichen Raums, um dort Privateigentum zu deponieren, bedeuten: Für den Preis von einem Krügerl Bier können Sie zwei Wochen lang Ihr Gefährt im öffentlichen Raum abstellen. Wenn Sie glauben, 30 Cent pro Tag ist viel, dann würde ich sagen: Schauen Sie einmal in andere europäische Metropolen! In Amsterdam zahlen Sie vier Mal so viel und in Stockholm sechs Mal so viel für ein Parkpickerl, und dasselbe gilt auch für die Kurzparkzonen. In Amsterdam kostet die Stunde 7,50 EUR. Also wenn Sie noch einmal das Wort „Abzocke“ in den Mund nehmen möchten, dann überlegen Sie sich vorher, was ich hier gesagt habe, und dann sagen Sie es bitte nicht.

 

Aber auch der ÖVP kommt das Wort „Abzocke“ sehr leicht über die Lippen. Und dort sind ja, wie wir wissen, die Marktwirtschaftler zu Hause - oder? -, die verstehen, welchen Wert eine Ware hat. Und wer die Gebühren für das Abstellen eines Privat-PKWs im öffentlichen Raum als unfaire Belastung kommentiert, der blendet vollkommen aus, um welches Privileg es sich handelt und dass dieser Platz auch anders genutzt werden kann. Wenn Sie sagen, 10 bis 12 m² müssen jedem Wiener umsonst - oder „abgezockt“ für 30 Cent pro Tag - zur Verfügung stehen, dann muss dieser Platz allen WienerInnen zur Verfügung stehen - allen WienerInnen! Und ich möchte dann mit diesem Platz machen können, was ich will. Und wenn ich mir dort einen kleinen Swimmingpool hinstelle, Herr Mahdalik - den haben Sie heute auch schon erwähnt -, dann muss das auch okay sein. Bitte denken Sie einmal diesen Schritt weiter, denn das ist Gerechtigkeit!

 

Das grundsätzliche und langfristige Ziel ist, dass PKWs natürlich in Garagen - dort, wo sie hingehören - parken. Es gibt in Wien ungefähr 700.000 PKWs, und es gibt ungefähr gleich viele Parkplätze. Das heißt, in Wirklichkeit müsste kein einziges Auto in Wien im öffentlichen Raum herumstehen. Und ich möchte Ihnen jetzt kurz einmal vorrechnen, wie viel Platz das ist: 700.000 PKWs, das ist die Fläche der Bezirke 4, 5, 6, 7, 8 und 9, die permanent verparkt wird.

 

Aber ich möchte mit einer versöhnlichen Note schließen: Wien kann viel. Gestern hat ein Stadtrat sehr ausführlich die Erfolge bei der Impfstraße und bei der Teststraße erklärt. Das ist richtig. Wien kann Park. Wien kann soziales Wohnen. Was noch fehlt, ist eine soziale Mobilitätspolitik. In diese Richtung geht auch mein Antrag: Dass sozusagen die Stadt Wien aus dem Zentralbudget die Bezirke dabei unterstützt, den frei werdenden Platz sinnvoll zu gestalten - in Richtung nachhaltiger Klimapolitik, in Richtung nachhaltiger Mobilitätspolitik.

 

Ich ersuche daher um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Redezeit waren zehn Minuten. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dipl.-Ing. Olischar. Selbstgewählte Redezeit zehn Minuten. Ich erteile ihr das Wort.

 

9.36.03

GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Herr Stadtrat! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

So sehr es Kollege Seidl gestern bedauert hat, dass seine Geschäftsgruppe so spät dran war, so sehr freue ich mich, dass wir heute gleich die erste Geschäftsgruppe sind, um den Rechnungsabschluss beziehungsweise das Thema Stadtplanung zu diskutieren.

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist vielleicht schon bei der einen oder anderen Rede aufgefallen, aber: Städtebau an sich begeistert mich. Was ist Städtebau? - Das Bauen von Gebäuden und Stadt. Das ist sehr „überraschend“, aber wenn man ein bisschen genauer darüber nachdenkt, dann wird klar, was das auch bedeutet: Durch dieses Bauen, durch das Anordnen von Gebäuden entsteht nämlich Raum, sowohl innen als auch außen. Und was die Stadt ausmacht, ist nicht nur die Gebäudehülle alleine, sondern vor allem auch das, was in den Gebäuden oder auch vor den Gebäuden stattfindet. Vieles passiert von selbst, vieles entwickelt sich. Nicht alles kann man planen, aber die Stadtplanung kann ein Biotop bilden, damit sich etwas entwickelt. Sie kann den Boden aufbereiten, damit etwas wachsen kann.

 

Die Landwirtschaft ist als Symbolbild, als Vergleich eigentlich ziemlich passend. Man muss sich vorab Gedanken machen: Welche Samen möchte man säen? Was möchte man später einmal ernten? Wie kann man die Samen beim Wachsen unterstützten? Was brauchen sie? - Wasser, Nährstoffe, Sonne. - Und in der Stadtplanung ist es ähnlich. Zuerst muss man sich Gedanken machen: Wo möchte ich hin? Welche Vision habe ich? Welche Früchte möchte ich nach einer gelungenen Planung ernten? Wie wollen wir später wohnen? Wie wollen wir arbeiten? Wie kommen die Kinder in die Schule? Wo ist Raum für Freizeitaktivitäten, Kunst, Kultur, Sport, Schwimmbäder - jetzt gerade bei diesen Temperaturen -,

 

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