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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 103

 

Frau Stadträtin. 3.410 EUR, nicht brutto, nein, netto! 3.410 EUR netto, das sind 5.500 EUR brutto und ein Jahreseinkommen von 77.000 EUR. Das verdienen nicht einmal 97 Prozent der Menschen in diesem Land. Das ist also eine wirklich hohe Einkommensgrenze. Das geht dann immer weiter. Wenn man sich das bei zwei Personen anschaut: Monatseinkommen von 9.000 EUR brutto. Ich meine, bei einer Person, die 5.500 EUR brutto verdient, da kann man dann schon wirklich überlegen, ob da eine Gemeindewohnung notwendig ist.

 

Aber wir wollen ja gar nicht so fordernd sein. Der Haus- und Grundbesitzerbund hätte das noch viel radikaler berechnet. Er hat gesagt, der Stadt entgehen 123 Millionen EUR, wenn man ein Medianeinkommen von 2.000 EUR hernimmt. Der Unterschied zwischen 5.500 EUR und 2.000 EUR ist schon gewaltig, aber knapp die Hälfte der Wohnungen im Wiener Gemeindebau ist fehlbelegt, und wenn man die Differenz zwischen der Gemeindebaumiete und einem möglicherweise faireren Mietzins annimmt, dann entgehen der Stadt jährlich 123 Millionen EUR. Da braucht man gar nicht darüber nachzudenken, aber allein bei diesem Einkommen, dieser sozialen Treffsicherheit, die da nicht vorhanden ist, auch das belegt eine WIFO-Studie, muss man sich echt anschauen, ob da die mit Steuergeld finanzierte Sozialleistung wirklich dort ankommt, wo sie soll.

 

Daher fordern wir, dass alle fünf Jahre nach dem Einzug, nach der Mietvertragsunterzeichnung ein Gehaltszettel vorgelegt wird. Wir fordern da die Solidarität, die Sie in der Sozialdemokratie immer einfordern, weil, ganz ehrlich, bei 5.500 EUR brutto, da muss man echt schon schauen, ob man sich da den sozialen Wohnbau gönnen soll, ob es da nicht Menschen gibt, die diesen dringender brauchen. In Anbetracht dessen, dass zig Tausende Wohnungen nachgefragt werden, muss man sich das wirklich fragen. Die Menschen, die drinnen wohnen, sollen dann nach diesen fünf Jahren überprüft werden oder für weitere fünf Jahre eben einen Solidaritätsbeitrag leisten. Das muss doch möglich sein, bitte.

 

Wir haben zwei Themengebiete gehabt, das nachhaltige Bauen und das Sanieren in der Stadt durch Nachverdichtung, und die soziale Gerechtigkeit im Gemeindebau durch Solidaritätsbeiträge für jene, die es sich wirklich leisten können. Da geht es nicht darum, dass die Menschen nicht im Gemeindebau wohnen sollen. Ich höre dann immer als Argument, die soziale Durchmischung wäre das Thema - das ist genau die soziale Durchmischung, die Menschen, die sich weniger leisten können, und die, die sich mehr leisten können, wohnen gemeinsam im Gemeindebau, aber sie sollen ein bisschen mehr dafür zahlen, wenn sie dort drinnen wohnen.

 

Was ist bei diesen zwei Punkten passiert? - Nichts. Wir haben jetzt bald Schulschluss, und ich glaube, die Stadt Wien sollte da endlich ihre Hausaufgaben machen und die Dinge angehen, die für leistbares Wohnen und auch für die Nachhaltigkeit wesentlich sind, nämlich dass innerstädtisch nachverdichtet wird und dass sie endlich sozial gerecht werden und die Grenzen prüfen, die tatsächlich für die Leute im Gemeindebau vorhanden sind. Wir von der Volkspartei fordern leistbares und sozialgerechtes Wohnen.

 

Deswegen stellen wir zwei Anträge, einen zur Nachverdichtung und Wohnraumschaffung in dieser Stadt und einen für Fairness und Gerechtigkeit in den Wiener Gemeindebauten. - Vielen Dank.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Die tatsächliche Redezeit hat jetzt 11 Minuten betragen. Danke für den Antrag, und bitte nicht die Desinfektion zu vergessen! - Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Schober. 15 Minuten selbstgewählte Redezeit, die ich jetzt einstelle.

 

15.43.36

GR Mag. Marcus Schober (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste an den Kameras, wobei ich schon hoffe, dass Sie schon eines der Wiener Bäder besuchen und unserer Diskussion von draußen folgen können!

 

Die aktuelle Legislaturperiode ist noch in der Anfangsphase, aber wir beenden mit dem Rechnungsabschluss 2020 einen erstens sehr intensiven Arbeitszyklus dieser Koalition. Wir ziehen eine Bilanz in allen wichtigen Bereichen unserer Stadt und sehen, was wir in dieser schwierigen Zeit alles geschafft haben. Die Wienerinnen und Wiener erwarten sich von uns zu Recht Transparenz über unsere Entscheidungen.

 

Als Teil dieser neuen und erfolgreichen Wiener Fortschrittskoalition werde ich das gerne machen und werde heute über Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung sprechen, und ich möchte gleich zu Beginn auf Kollegen Sittler eingehen, der, ich zitiere, wortwörtlich gesagt hat: „Leistbares Wohnen ist eine Aufgabe der Stadt Wien.“ Ich hoffe, dass Sie das auch in den Bund tragen, es ist auch eine Aufgabe der Bundespolitik, es ist auch eine Aufgabe von ÖVP-geführten Gemeinden und würde dazu führen, dass die Situation in Österreich dementsprechend eine bessere wäre. Wenn Sie heute hergehen und sagen, Sie wollen dementsprechend die Bedingungen ändern, damit Menschen eine Gemeindebauwohnung bekommen, dann sage ich Ihnen, ich bin jetzt seit 20 Jahren im Gemeindebau politisch tätig, glauben Sie mir, ich habe niemanden kennen gelernt, der die Wohnung mit dieser Summe bekommen hat. Was ich Ihnen wirklich abraten würde, ist, dass wir nach fünf Jahren einen Gehalts-Striptease machen, das führt nämlich dazu, dass wir in Situationen kommen, in denen andere Städte drinnen sind, und glauben Sie mir, das sind keine guten Situationen. Da bin ich stolz darauf, dass wir diesen Wiener Weg voranschreiten.

 

Wenn man Wohnen herleitet, müssen wir auch darüber reden, dass Wien natürlich eine wachsende Stadt ist. Wir hatten Ende 2020 rund 1,9 Millionen Menschen, die in Wien gelebt haben, und wir sind letztes Jahr um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen, damit ist das der höchste Stand in der Zweiten Republik. Es wird unsere Generation sein, und es werden die Zwanzigerjahre sein, die mitentscheiden werden, dass diese Stadt auch auf eine Über-Zwei-Millionen-Stadt hingeht, nicht das erste Mal in der Geschichte dieser Stadt, aber bestimmt lebenswerter als zur Zeit des Endes der Monarchie. Das war nämlich auch der Grund, warum wir

 

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