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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 25.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 99

 

Gewalt, sie führen zu ungefragten Griffen auf den Hintern oder auf den Busen, am Arbeitsplatz oder im Bus. Sie führen zu Vergewaltigungsdrohungen im Internet, wenn Frauen, schon ganz junge Frauen, ihre Meinung sagen.

 

Sie führen zu psychischer Gewalt durch den Partner, durch den Exmann, durch den Vater oder durch den Bruder, zu Beschimpfungen, zur Kontrolle. Sie führen dazu, dass Frauen in ökonomischer Abhängigkeit gehalten werden, dass man es ihnen nicht ermöglicht, selbstbestimmt über ihr Leben zu entscheiden. Sie führen zu physischer Gewalt bis hin zu Morden, sie führen dazu, dass wir als Frauen leider immer noch jeden Tag mit dem Bewusstsein leben müssen, dass wir vielleicht nicht sicher sind. Seit vielen Jahrzehnten wirkt die Stadt Wien all dem entgegen.

 

Seit vielen Jahrzehnten ist die Stadt Wien als Frauenstadt Vorreiterin, wenn es um den Gewaltschutz geht, und sie ist es dank unserer Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál weiterhin.

 

Gerade angesichts der Erlebnisse in diesem Jahr wird das dichte Gewaltschutznetz in Wien auch noch weiter ausgebaut. Im kommenden Jahr 2022 werden rund 11 Millionen EUR in den Gewaltschutz und in die Gewaltprävention investiert. Es werden die Mittel für die Gewaltschutzvereine verdoppelt, zusätzlich zur Förderung der vier Wiener Frauenhäuser und dem Bau des fünften Frauenhauses. Erst gestern hat die neue Informationskampagne mit dem Schwerpunkt auf Zivilcourage unter dem Motto „Halt! Zu mir!“ gestartet. Sie haben vielleicht schon die Installation im Arkadenhof gesehen, die auch noch einmal darauf aufmerksam macht.

 

Im kommenden Jahr wird sich der Rettungsanker auch mit dem Thema Zivilcourage beschäftigen und Wien-weit Workshops anbieten. Wir bauen im Bereich der Gewaltprävention - wenn es um Kinder und Jugendliche geht - aus, mit dem Projekt „Respekt: Gemeinsam stärker“, setzen wir direkt bei den Jüngsten an und brechen Geschlechterrollen auf, brechen Machtdenken auf. Mit dem Ausbau der Wiener Kinder- und Jugendhilfe unterstützen wir Kinder und Jugendliche auch noch mal direkt. Ebenso, darauf wird mein Kollege Auer-Stüger dann noch genauer eingehen, setzen wir Schritte im Bereich der Männerarbeit.

 

Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Gewalt gegen Frauen irgendwann zu beseitigen, braucht aber die Anstrengung auf allen Ebenen. Werte Kolleginnen und Kollegen, ich kann an dieser Stelle nur ein Mal mehr, gerade an diesem Tag, fragen: Was macht eigentlich die Frauenministerin? Wo bleibt der Aufschrei nach 28 Femiziden in diesem Jahr? Wo ist er? - Ich habe ganz genau hingehört, ich habe ihn nicht gehört. Was macht unsere Frauenministerin?

 

Jetzt werden Sie nachher sagen, wir machen ja eh so viel. Das Frauen- und Gleichstellungsbudget ist auf 18,4 Millionen EUR aufgestockt, das werden die Kolleginnen von der ÖVP sagen, ich kann da nur ein Mal mehr darauf hinweisen, um das mal in ein rechtes Licht zu rücken, dass es gerade die ÖVP war, die in der Regierung davor Mittel für feministische Organisation, für Frauenvereine gekürzt hat. Ja, Sie tun was, ja, es gibt eh Bemühungen, aber wenn wir das den Mitteln, die die Stadt Wien als ein Bundesland ausgibt, gegenüberstellen, dann muss ich sagen, diese Bemühungen sind einfach nicht genug.

 

Werte KollegInnen, jetzt können Sie fragen: Warum sollten wir auf Sie hören? Das ist auch okay, aber wenn Sie nicht auf uns hören, dann hören Sie bitte auf die Opferschutzorganisationen, hören Sie auf die Gewaltschutzorganisationen, hören Sie auf die ExpertInnen, die Ihnen seit vielen, vielen Wochen und Monaten sagen, es ist zu wenig, es ist zu intransparent, niemand weiß, wohin diese Gelder fließen. Wir brauchen einfach mehr Mittel, wir brauchen mehr Personal. Hören Sie auf die ExpertInnen, die tagtäglich unter vollstem Einsatz, mit allen Mitteln versuchen, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, für gewaltbetroffene Frauen da sind. Hören Sie auf die und unterstützen Sie sie!

 

Stellen Sie sich hier nicht immer mit irgendwelchen Sonntagsreden hin, in denen Sie sagen, es ist alles total wichtig, Frauenpolitik finden wir eh super, Gewalt gegen Frauen ist ein total großes Problem. Diesen Sonntagsreden müssen Taten folgen, im Gewaltschutzbereich durch die Aufstockung von Mitteln, aber auch in vielen anderen Bereichen, weil wir wissen, dass der beste Schutz vor Gewalt immer noch ist, dass Frauen ökonomisch unabhängig leben können. Das heißt, wir brauchen einen Ausbau von Arbeitsmarktprojekten, wir brauchen einen Ausbau von Weiterbildungsangeboten, von Wiedereinstiegsangeboten, wir brauchen die Unterstützung von Frauen, wenn es darum geht, leistbaren Wohnraum zu finden. Da geht es auch zum Beispiel darum, endlich das Mietrecht zu ändern. Wir brauchen die Unterstützung von jungen Frauen, wenn es darum geht, Rollenbilder aufzubrechen, wir brauchen mehr Jugendarbeit, wir brauchen all das.

 

Was wir nicht brauchen, ist, dass ist zum Beispiel, dass gerade arbeitslose Frauen noch mehr bestraft werden, dass man darüber redet, dass man Arbeitslosen doch auch noch das Geld wegnehmen könnte - das alles brauchen wir nicht. Da müssen Sie endlich handeln, da müssen Sie endlich Maßnahmen setzen, denn sonst kann ich Ihnen das nicht abkaufen, dass Sie Gewalt gegen Frauen tatsächlich bekämpfen wollen.

 

All das, was ich gerade aufgezählt habe, passiert in Wien. Ich werde Ihnen jetzt nicht noch einmal alle Maßnahmen aufzählen, da sich das leider auch mit der Zeit nicht ausgeht. Ich kann an der Stelle nur noch einmal garantieren, dass wir als Frauenstadt Wien, dass wir als rot-pinke Fortschrittskoalition gerade in der jetzigen angespannten Situation alles daran setzen werden, Frauen zu unterstützen, dass wir nicht hinschauen werden, wenn immer wieder alle zwei Wochen eine genommen wird. Es gab 28 Femizide in diesem Jahr. Für uns ist klar: Es reicht! „Ni una menos!“ Nicht eine Einzige weniger!

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderates nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Matiasek zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

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