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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 25.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 99

 

GRin Veronika Matiasek (FPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es kommt ja selten vor, dass man seitens der Opposition sagt, die Aktuelle Stunde ist punktgenau getroffen. Heute ist das tatsächlich der Fall. Ich spreche auch sehr gerne zu dem Thema, weil es mich immer wieder bewegt. Leider sind es ja nur fünf Minuten, weil es die Aktuelle Stunde ist. Auch ich habe sehr genau verfolgt, was auf allen Ebenen, auf der Bundes- und auf der Landesebene, anlässlich dieser Gewaltschutztage kommuniziert worden ist. Mir geht es schon ein bisschen ähnlich wie meiner Vorrednerin, dass ich seitens des Bundes, seitens der Frauenministerin und den anderen zuständigen Ministern so manches vermisse. Es ist viel gesprochen worden, es ist viel versprochen worden, aber man muss sich dann anschauen, was tatsächlich an Taten über bleibt.

 

Ich bin sehr froh, dass das Thema Zivilcourage diesmal im Mittelpunkt steht. Das ist immer schon ein großes Anliegen von uns gewesen, denn ohne Zivilcourage würde noch viel mehr passieren. Es hat ja immer wieder aufmerksame Menschen, Nachbarn, Familienangehörige gegeben. Ich bin auch froh, dass kommuniziert wird, wie Zivilcourage richtig vollzogen werden soll: Nämlich nicht, dass man aus lauter Eifer die Auseinandersetzung mit einem Täter oder potenziellen Gewalttäter sucht, sondern sich in Richtung Opfer bewegt, das halte ich für sehr klug, beziehungsweise dass man die Anzeige bei der Polizei macht, wenn man entsprechende Wahrnehmungen hat. Denn es ist immer wieder passiert, dass auch Leute, die sich mutig entgegengestellt haben, dann selbst zum Opfer wurden. So soll es ja nicht sein, denn wir wollen ja so wenige Opfer wie möglich haben.

 

Ich möchte einen Punkt ansprechen, der mir auch ein großes Anliegen ist, der in der ganzen Debatte jetzt überhaupt nicht vorgekommen ist, das ist die Rolle der Justiz. „Ich bin doch nicht in der Lage, einen Menschen umbringen zu können. Ich bekenne mich zwar schuldig, dass ich versucht habe, sie zu verletzen, aber dass ich versucht habe, sie zu ermorden, das ist absurd.“ - Wenn dann die Täter vor Gericht, vor dem Richter oder einer Richterin stehen und tränenreich mit solchen Sprüchen kommen, dann passiert es leider sehr oft, dass die Strafen für wirklich harte tätliche Übergriffe sehr gering sind.

 

Wir erleben dann eine Geschichte, und jeder Mord in einer Beziehung hat eine Vorgeschichte. Das fängt nicht damit an, dass es sofort zum Mord kommt, sondern da gibt es ja eine oft jahrelange Gewaltgeschichte innerhalb dieser Beziehung oder innerhalb dieser Familie. Es ist schon bedenklich, wenn jemand eine schwere Körperverletzung verursacht, und die Freundin, die ihn - warum auch immer - angeblich kontrolliert hat, er das nicht gut vertragen hat und sie deshalb in der Badewanne mit dem Kopf unter Wasser taucht oder gegen die Wand knallt. Dann muss man lesen: Drei Monate auf Bewährung. Also das ist echt schockierend und das konterkariert die wirklich gute Arbeit vieler Gewaltschutzorganisationen, denn wenn man sich auch noch so bemüht und noch so viel investiert - wir unterstützen ja sämtliche Förderungen an die Gewaltschutzeinrichtungen der Stadt sehr gerne - und auf der anderen Seite solche Urteile ausgesprochen werden, dann ist es ja sozusagen schon prolongiert, denn der Täter lacht ja in Wirklichkeit darüber beziehungsweise greift das bei Tätern dieser Art überhaupt nicht.

 

Die Polizei hat mittlerweile schon dazugelernt und es gibt Gott sei Dank, ich habe es mir jetzt herausgesucht, seit Anfang Juli 2021 ein Unterstützungsteam für die Beamten, die vor Ort - und das ist eine schwierige Aufgabe - die Entscheidung treffen sollen, was nun weiter passiert. Da wird durch ein Projekt, das in Kanada entwickelt wurde und nun angewendet wird, wissenschaftlich unterstützt: Risikomarker werden praktisch angewendet, um eine noch wesentlich bessere Einschätzung über das Risiko tätigen zu können. Das ist auch nicht so leicht, das ist schon richtig.

 

Beklagenswert ist, dass es zu solchen Urteilen kommt, wenn diese Herrschaften dann einmal vor dem Richter oder vor der Richterin - was ich ja noch viel beklagenswerter finde - stehen. Meine Redezeit ist zu Ende, daher schließe ich mit dem Appell an die Fraktionen, die derzeit die Bundesregierung stellen: Gewaltschutzprojekte zu fördern, ist gut, und es ist unterstützenswert, da auch noch mehr zu investieren. Die Polizei hat aufgerüstet, auch inhaltlich, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, aber die Justiz ist da säumig.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Bakos. Ich erteile es ihr.

 

11.21.43

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS)|: „Ich verstehe Frauen nicht, die bei ihren Männern bleiben, obwohl sie geschlagen werden. Niemals hätte ich daran gedacht, dass ich selbst einmal in diese Situation kommen würde.“, erzählt eine von Männergewalt betroffene Frau, die ich hier zitieren möchte.

 

„Ich war sieben Jahre mit einem Mann verheiratet, der mir gegenüber gewalttätig war. Ich dachte beim ersten Mal, dass es meine Schuld gewesen sei und habe ihm verziehen. Ich habe gehofft, dass es bei dem einen Mal bleibt, aber die Gewalt nahm stetig zu. Um zuzuschlagen, reichten irgendwann oft Kleinigkeiten. Wenn ich die falschen Kleiderstücke gebügelt hatte, zu spät von der Arbeit kam oder mein Sohn weinte. Jedes Mal entschuldigte er sich nach einem Ausbruch, schenkte mir Blumen und versprach, dass es nicht wieder vorkommen würde. Und doch tat es das.“ - Zitat Ende.

 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher!

 

Heute, am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, wollen wir auf etwas aufmerksam machen, das sehr, sehr, viele Frauen - wie etwa jene, von der dieses Zitat stammt - im Laufe ihres Lebens erfahren müssen. Ich möchte aber, wenn ich ganz ehrlich bin, nicht von Gewalt gegen Frauen sprechen, sondern mich sehr bewusst darum bemühen, passive Sprache zu vermeiden. Um genau das sichtbar zu machen, was so oft unsichtbar bleibt, nämlich Männergewalt.

 

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