Gemeinderat, 16. Sitzung vom 29.11.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 98
te Veranstaltungsbranche de facto am Boden liegt, der grüne Bundespräsident und die türkis-grüne Regierung am Küniglberg herumtreiben. Sie feiern dort bei einer Lockdown-Gala mit einer angehängten Champagnerparty ab, wo geschunkelt wird, wo keiner irgendeine FFP2-Maske trägt, von Abständen ja ganz zu schweigen. Und am wildesten treibt es der Kunst- und Kulturminister selbst. Ich habe da Videos vom Herum-Shaken, vom Headbangen und allem Möglichen gesehen, und ja, dies, währenddessen eine gesamte Branche zum zu Hause Sitzen verdammt ist und sich die türkisen und grünen Bonzen dort wirklich vor hunderttausenden Zusehern live im Staatsfunk zeigen und offenbar auch zeigen, wie moralisch und offenkundig verkommen diese Regierungsmannschaft mittlerweile ist. Sie zeigen, dass sie eigentlich gar nichts mehr im Griff haben und auch nicht einmal mehr sich selbst, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Grundsätzlich freue ich mich ja über den parlamentarischen Austausch. Ich glaube, im Kulturressort kommen wir eh immer viel zu wenig dazu, und deshalb bin ich auch schon ganz gespannt auf die Ausführungen der SPÖ-Redner, das sage ich ganz offen. Ich war heuer vor dem Budget auch etwas überrascht, dass es keine Jubelmeldungen über das Kulturbudget gibt, wie viel die Stadt hier nicht wieder in die Hand nimmt, wie viel mehr es geben wird, und so weiter, und so fort. Ich kann mich ja an die letzten Jahre erinnern, im Jahr 2019, glaube ich, war es eine Schlagzeile: Kulturstadträtin dreht den Geldhahn auf. - Im Jahr 2020, glaube ich, gab es überhaupt eine Erhöhung des Kulturbudgets um 10 Prozent, obwohl alles mit hineingemengt wurde. Im Jahr 2021 war es noch eine ganz kleine, geringfügige Budgeterhöhung und noch Mitte Mai dieses Jahres habe ich in einem Interview der „Wiener Zeitung“ die Frage gelesen: „Droht angesichts der Corona-Schulden der Stadt Wien eine Kürzung des Kulturbudgets?“ Die Frau Stadträtin hat geantwortet: „Nein, da bin ich optimistisch. Die Krise hat uns auch gezeigt, worin wir zu wenig investiert haben während der vorigen Jahrzehnte“, und so weiter, und so fort. - Und ja, es war ein Interview, und auch im Vorjahr hat man immer wieder gehört - das vorige Jahr war im Übrigen ein Wahljahr und vielleicht in Erinnerung zu rufen -, dass man einer gesamten Branche erzählt hat, wie systemrelevant sie denn nicht alle sind, wie wichtig es nicht ist, sie alle zu unterstützen, vielleicht auch mit einem kleinen Blick zur Seite auf etwaige Personenkomitees. Aber jetzt, im Jahr 2021, als ich die nackten Zahlen für 2022 und 2023 gelesen habe, da wusste ich, wieso es heuer wahrscheinlich keine Jubelmeldungen gibt oder wahrscheinlich geben wird. Es ist so: Ich habe da eine Vergleichszahl zum Jahr 2004 - damals war noch Ihr Vorgänger im Amt -, das Kulturbudget am Gesamthaushalt der Stadt Wien betrug 2,39 Prozent. Im Jahr 2021, also heuer, sind es noch rund 1,7 Prozent und in Zahlen rund 282 Millionen EUR. Für das Jahr 2022 gibt es zwar grundsätzlich in absoluten Zahlen eine leichte Erhöhung von knapp 5 Millionen EUR, aber gerechnet am Gesamtbudget der Stadt Wien verringert sich das Kulturbudget auf gut 1,6 Prozent. Und für das Jahr 2023 gibt es auch in absoluten Zahlen eine massive Reduzierung im Vergleich zum Budget 2022. Da beträgt dann das Kulturbudget, verglichen am Gesamtbudget der Stadt Wien, nur mehr 1,52 Prozent. Nur vielleicht auch zum Vergleich: London und Paris haben in etwa ein Kulturbudget von rund 6 Prozent.
Meine Damen und Herren, Budget ist in Zahlen gegossene Politik, und wenn ich nun die Zahlen, die jetzt am Tisch liegen, mit Ihren Aussagen, die Sie noch im Vorjahr getätigt haben, vergleiche - ich verweise darauf, es war im Übrigen ein Wahljahr -, dann sprechen die Budgetzahlen wohl eine sehr, sehr deutliche Sprache. Dies vor allem, wenn sich das Kulturbudget - in Prozent am Gesamtbudget der Stadt Wien ausgedrückt - in 19 Jahren um rund ein Drittel verringert. Ich würde doch meinen, meine Damen und Herren, dass Österreich und insbesondere Wien durchaus ein sehr, sehr großes kulturelles Erbe haben. Zwei Drittel aller Touristen, die nach Wien kommen - das hat eine Studie des Instituts für Höhere Studien vor ein paar Jahren ergeben -, kommen wegen des Kulturangebots nach Wien. Und über die Umwegrentabilität vom Kulturressort an sich über Förderungen, und so weiter, und so fort profitieren ja auch sehr, sehr viele andere Bereiche, wie die Hotellerie, die Gastronomie, das Beförderungswesen, aber auch durchaus das Bau- und Baunebengewerbe, wenn es beispielsweise um Investitionszuschüsse zu Theatern, und so weiter, und so fort geht. Deshalb verstehen wir diese Zurückhaltung im Budgetbereich nicht, meine Damen und Herren. In Zeiten wie diesen, in denen eine Branche von der Bundesregierung oder vom Bürgermeister am Freitag erfährt, dass sie ab Montag zusperren müssen und dass Lockdown herrscht, halten wir auch die Herangehensweise mit einem Zweijahresbudget eigentlich für vollkommen falsch. Denn wenn man zwei bis drei oder vier Lockdowns im Jahr hat, dann ist vielleicht kurzfristiges Handeln viel, viel entscheidender und, wie ich glaube, auch effektiver, damit man dieser Branche weiterhilft. Deshalb ist meines und unseres Erachtens auch diese Herangehensweise eine falsche.
Sehr gespannt bin ich auch darauf, wie sich diverse Ankündigungen in Zukunft umsetzen lassen werden. Es ist ja so, dass das Wien Museum im Jahr 2023 fertiggestellt und eröffnet werden soll und wir sozusagen als Vorbote im Ausschuss auch schon eine kleine Präsentation darüber genossen haben, was man denn jetzt dann in Zukunft und in den nächsten Jahren mit den einzelnen Bezirksmuseen vorhat. Da soll das Projekt Bezirksmuseen Reloaded ausgerollt werden. Es soll zum Teil neugestaltet werden, es soll mehr Personal zur Verfügung gestellt werden. Das haben ja viele andere Städte nicht, nämlich 23 Bezirksmuseen. Ich glaube, dass diese überhaupt zum Großteil ehrenamtlich geleitet werden. Ja, wie sich das entsprechend finanziell ausgehen soll, weiß ich nicht, vor allem, weil das Budget mit der Beendigung der Bauraten für das Wien Museum jetzt wieder im Bereich etwa der Jahre, in denen wir keine intensive Wien-Museum-Sanierung hatten, stagniert. Da stellt sich die Frage, wie viel Spielraum hier überhaupt noch besteht.
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