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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 96 von 137

 

Narrative reinzufallen! Ihr werft uns vor, dass wir Sachen sagen, die nicht stimmen. Ich behaupte, es gibt Dinge, die ihr sagt, die nicht stimmen, und irgendwo wird wahrscheinlich der eine oder der andere Punkt gerechtfertigt sein. Aber ich hätte meinen Töchtern gesagt, wenn ihr euch gegen den Lobau-Tunnel engagiert hättet, dann steht ihr auf der Baustelle der Stadtstraße am falschen Ort. Okay, man kann nicht eine Baustelle des Lobau-Tunnels besetzen, deswegen weicht man aus. Es geht nicht darum, eine Stadtautobahn zu bauen.

 

Und ich hätte ihnen erzählt, jawohl, vor 20 Jahren wäre es wirklich fast eine Autobahn gewesen, oder eine Schnellstraße, wenn man genau sein will, und diese Schnellstraße hätte 100 km/h gehabt, die Radien wären anders gewesen. Und wir haben darüber diskutiert und geredet, wir haben das redimensioniert, und es ist jetzt eine Gemeindestraße und keine Autobahn. Sie wird 3,2 km lang sein. Wer sich nicht vorstellen kann, wie lang 3,2 km sind, das ist in etwa so lange wie die Lande- oder Startbahn am Flughafen Schwechat. Bgm Ludwig hat heute erzählt, wir haben ja in der Seestadt auch einen ehemaligen Flughafen, wo wir den Beton weggerissen haben. Ich hätte ihnen erzählt, dass 50 Prozent dieser Straße in Tunnelbauweise geführt werden, und wir machen das deswegen, damit wir die Lärmbelästigung reduzieren. Und ich hätte erzählt, sie muss deswegen vierspurig sein, weil ein Tunnel nicht einspurig sein kann.

 

Ich hätte ihnen auch erzählt, dass diese Straße eine Entlastung der Ortskerne in Aspern, Eßling und in Hirschstetten bedeuten würde. Und ich hätte ihnen auch erzählt, es ist notwendig, weil wir dort auch einen sozialen Wohnbau bauen, und auch meine Töchter eines Tages ausziehen und sich freuen würden, wenn sie einen Wohnraum bekommen. Ich hätte ihnen erzählt, dass die Stadt Wien in der Versiegelung vorbildlich ist und dass wir im Vergleich zu allen anderen Bundesländern die geringste Versiegelung dieser Flächen hätten. Vielleicht hätte ich sie überzeugt, vielleicht auch nicht, und ich hätte ihnen am Ende gesagt, okay, wenn ihr jetzt mit den Argumenten nicht einverstanden seid, habe ich jedes Verständnis für ein Engagement, für zivilrechtliche Aktionen, aber ich hätte ihnen auch ehrlich gesagt, irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, wo man die Entscheidung der Rechtsstaatlichkeit auch akzeptieren muss. Ich wäre so ehrlich gewesen, ihnen zu sagen, irgendwann einmal würdet ihr wahrscheinlich auch das Problem haben, dass es eine Klage gibt oder ein Ersatz für Schäden, die dort entstehen, eingefordert wird, und dass bei allen Möglichkeiten eines Engagements irgendwann einmal die Gesetze auch einzuhalten wären.

 

Ich hätte ihnen nicht den Tipp gegeben, geht’s hin, ohne Handys, verklebt euch eure Finger, damit man eure Identitäten nicht feststellen kann. Ich hätte ihnen nicht den Tipp gegeben, nehmt´s keine Ausweise mit, damit man euch nicht identifiziert. Am Ende hätten sie schon auch die Konsequenz ihres Handelns zu tragen, und ich finde, es ist nicht schlecht, wenn man, wer immer diese AktivistInnen sind, sie darauf aufmerksam macht. Dr. Stürzenbecher, unser lieber Freund und auch Jurist, hat es auch vorhin in einem Zwiegespräch gesagt: In Wirklichkeit ist dieser Brief, der gekommen ist, das gelindere Mittel. In diesem Brief ist keine Klagsdrohung gegeben, sondern da steht ganz eindeutig drinnen, dass es nur für den Fall der Behinderung der Bautätigkeit sein wird. Das heißt, hat jemand jetzt von Ihnen, meine Damen und Herren, einen Brief bekommen, war aber nie auf der Baustelle und hat dort auch nie eine Bauführung behindert und wird es auch in Zukunft nicht tun, hat er einfach nichts zu befürchten.

 

Ich finde auch, dass nicht alles, was hinkt, ein Vergleich ist. Ziviler Ungehorsam, Sie wissen, Kollegin Garcia, ist für mich - jemand, der auch selbst aus einem Land stammt, wo es Diktaturen gegeben hat - etwas, was ich sehr schätze, aber ich finde der Vergleich ist ein Wahnsinn. Zivilen Ungehorsam machen sie ja bei Diktaturen, also eine Gemeindestraße zu bauen, mit dem Kolonialismus in Indien zu vergleichen, es mit dem Frauenstimmrecht zu vergleichen, auch diese 3,2 km mit Zwentendorf, mit Hainburg zu vergleichen, das ist einfach jenseitig und das hält keiner Prüfung stand.

 

Zur Stadtplanung: Ich hätte meinen Töchtern auch erzählt, was ich die letzten 20 Jahre bei den Konzepten der Stadt gemacht habe. Eine der Konstanten, die wir seit 20 Jahren in allen unseren Stadtentwicklungskonzepten haben, ist, 50 Prozent der Stadt bleiben grün. Und das sage ich auch all jenen, die vielleicht jetzt zuhören und glauben, dass die Umwelt bei der SPÖ nicht gut aufbewahrt ist. Wie eine der Konstanten ist, dass wir Stadt der kurzen Wege sind, war eine der Konstanten immer die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, unser Modal-Split, und man sieht das immer wieder, wie wir da besser geworden sind. Eine der Konstanten war die Förderung des öffentlichen Verkehrs, der U-Bahn-Bau, aber eine der Konstanten war auch immer, dass wir uns für den leistbaren Wohnbau engagiert haben. Es ist in unsere DNA geschrieben, dass jeder, der in Wien lebt, sich auch diese Stadt leisten kann. Und ich hätte ihnen erzählt, dass wir in den letzten Jahren gewachsen sind, zirka 25.000 Menschen, und diese 25.000 Menschen - damit man sich ungefähr vorstellt, wo die hinpassen -, das wäre eben die Seestadt Aspern, die wir seit 20 Jahren entwickeln. Und wenn wir jetzt die Stadtstraße nicht bauen, ist die Hälfte dieser Seestadt nicht mehr baubar.

 

Und ich hätte ihnen auch erzählt, was wir in zehn Jahren gemeinsamer Koalition mit den GRÜNEN erreicht haben. Wir haben zum Beispiel an dem polyzentralen Konzept gearbeitet, das wir gemeinsam beschlossen haben, dass wir eben in der Stadt nicht so viele Einkaufszentren haben, sondern dass wir die verschiedenen Bereiche beleben. Wir haben das Fachkonzept „Grüner Raum“ beschlossen, wir haben das Fachkonzept „Produktive Stadt“ beschlossen, wir haben das Fachkonzept „Mobilität“ beschlossen, und ja, wir haben auch die Stadtstraße gemeinsam beschlossen. Und ich bin stolz auf diese Tätigkeit und diese Arbeit, das sage ich gegenüber jenen grünen Kolleginnen und Kollegen, die

 

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