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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 97 von 137

 

jetzt neu dazugekommen sind und vielleicht diese alte Sache nicht mitbekommen haben.

 

Ich bin gleichzeitig als Betriebsratsvorsitzender in einer Baufirma dauernd bemüht, mit unseren Kolleginnen und Kollegen auch darauf zu achten, dass Gesetze, dass Richtlinien eingehalten werden. Glauben Sie, dass die Arbeiter glücklich sind, wenn sie in der Hitze den ganzen Tag mit einem Helm herumlaufen, dass sie jetzt in der Pandemie den ganzen Tag mit Masken arbeiten müssen, dass sie Sicherheitsschuhe anziehen müssen, sich an Umweltauflagen halten und auch das Abbruchmaterial trennen müssen, bei Asbestsanierungen darauf achten müssen, dass da keine Kontamination passiert, und dass sie sich jetzt beim Bohren der Tunnel an die Feinstaub- und Kristallstaub-Verordnung halten? Ich kann nicht von ihnen verlangen, dass sie die ganzen Richtlinien einhalten, wenn dann die anderen einfach ohne einen Grund eine Baustelle besetzen und einfach den Rechtsstaat ad absurdum führen.

 

Und wenn die Frau Sequenz sagt: Wo sind die Kosten, die ihr verrechnen wollt? - Ja, ganz einfach, wissen Sie, dass dort im Moment auf der Baustelle Bagger stehen, die als Schaukeln verwendet werden? Diese Kosten betragen in der Woche 60.000 EUR. Ja, glauben Sie, dass die Baufirmen, die jetzt dort den Auftrag haben, das der Stadt verschenken oder sagen, das verrechnen wir nicht? Wer soll diese Kosten tragen? Na, genauso auch der Steuerzahler. Und deswegen ist einfach aus Verantwortungsbewusstsein den Menschen zu sagen, wir haben das gehört, eure Anliegen sind uns wichtig, wir kennen die Argumente, aber im Endeffekt nur eine Nulllösung zu haben, wir bleiben so lange, bis - zuerst war der Lobau-Tunnel Thema, jetzt ist es die Stadtstraße - die Stadtstraße nicht gebaut wird, und dann wird die nächste Baustelle besetzt. Wo kommen wir da hin, wenn jeder, der jetzt irgendwo eine Baustelle vis-à-vis hat und dem gefällt das nicht, sich hinsetzt und dann fünf Freunde dazu holt, die machen Party und bauen dort eine Pyramide und müssen das einfach unter dem Motto des Zivilungehorsam abhalten? So können wir auf einen Konsens in einer Stadt nicht aufbauen, so können wir einfach nicht weiteragieren.

 

Ein paar Worte, die mir wirklich am Herzen liegen: Es kommt jetzt immer wieder in dieser Diskussion dieses Wort Beton und Betonierer und ihr betoniert alles. Das suggeriert irgendwie, als wäre das jetzt irgendetwas Verwerfliches. Ich habe am vorigen Freitag im Rahmen des Jahresabschlusses auf verschiedenen Baustellen meine Kolleginnen und Kollegen besucht, war auch am Matzleinsdorfer Platz und habe die U-Bahn-Baustelle dort besucht. Die haben mir dann ganz stolz gezeigt, wie sie diesen Schacht gebaut haben. Dort werden Bohrpfähle in den Boden gesetzt - übrigens auch vis-à-vis vom Rathaus. Und, meine Damen und Herren, diese Bohrpfähle sind aus Beton, die wird man nicht aus Bambus bauen können, und vieles in der Stadt und in der Bauindustrie wird nicht ohne Beton gehen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, vor zwei, drei Jahren war ich bei einer Gleichenfeier von Kolleginnen und Kollegen, die im Donauspital, im SMZ-Ost das Zentrum für Radioonkologie und Strahlentherapie errichtet haben. Die Bauarbeiter und auch der Polier haben wahnsinnig stolz jedem ein Geschenk gegeben, einen Betonwürfel mit dem Zeichen der Radioaktivität drauf, weil sie auf ihre Leistung stolz waren. Ohne Beton könnten wir kein Röntgeninstitut bauen, könnten wir keine Radioonkologie bauen. Wir könnten vieles nicht bauen, wir könnten keine Brücken bauen, wir könnten keine U-Bahnen bauen, wir könnten keine Kläranlagen bauen, wir könnten keine Fundamente für Windräder bauen und dergleichen.

 

Hören Sie auf mit dieser Dämonisierung von Menschen eines ganzen Berufszweigs. Das sage ich hier stellvertretend für alle Arbeiter und Angestellten der Bauindustrie, als wären sie jetzt das Schlimmste, was es gibt, weil sie mit dem Material Beton arbeiten und die Infrastruktur dieser Stadt bauen. Ja, wir bauen Häuser für die Leute und diese Häuser werden teilweise auch mit Beton gebaut. Das ist nichts Schlimmes und dieses dauernde Verwenden von Narrativen, wo man Menschen in ein schlechtes Eck stellt, ist einfach nicht okay und nicht erträglich.

 

Meine letzten Worte an alle, die dort aktiv sind, aber auch an alle Jugendlichen: Eure Anliegen sind uns wichtig, wir sind auf euch alle stolz und es stört uns überhaupt nicht, dass man laut und kräftig seine Meinung sagt. Für Gespräche sind unsere Türen immer offen, nur am Ende muss es auch zum Punkt kommen, wo die Entscheidung da ist, in welche Richtung gehen wir. Und wenn es in einer rechtsstaatlichen Demokratie eine legitimierte Entscheidung gegeben hat, dann muss man sie akzeptieren. Ich würde sagen, wenn diese Aktion dafür dient, dass wir generell sensibler mit der Umweltthematik sind und dass wir diese Dinge auch wirklich im Fokus haben, ja, sehr gerne, aber bitte glauben wir nicht, dass die Welt und die Klimaziele von Paris deswegen jetzt den Bach runtergehen, nur, weil wir eine 3,2 km lange Gemeindestraße bauen, um dort Wohnungen für 60.000 Menschen zu errichten. Unsere Hände sind ausgestreckt und ich hoffe, dass wir jetzt wirklich faktenbasiert agieren. Wir haben immer den Weihnachtsfrieden gehabt, ich wüsste nicht, dass wir im Krieg sind, ich wüsste nicht, dass wir vorhatten, jetzt die Baustellen zu räumen. Und ich weiß auch nicht, dass wir gerade eine Klage eingebracht haben, also hören Sie auf mit dieser Art der Emotionalisierung. Die Stadt Wien war immer friedlich und bei uns war Weihnachten immer friedlich. - Danke vielmals.

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Nächste Rednerin ist Frau GRin Dr. Kickert. Bitte, Sie sind am Wort.

 

20.17.38

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich würde in dieser Debatte gerne einmal einen anderen Ansatz versuchen. Nach 2 Stunden und 40 Minuten könnten wir es einmal anders angehen und schauen, ob wir da ein bissel weiterkommen. Also würde ich jetzt einmal damit anfangen, dass ich sage, was könnten wir denn alles außer Streit stellen oder was sollten wir außer

 

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