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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 114

 

OTS und fordert von der Frau Klimaministerin Gewessler: Wann nimmt die Klimawende im Bund endlich Fahrt auf? Pah, denke ich mir: Klima-Ticket, CO2-Bepreisung, 16 Milliarden EUR Investitionen in die ÖBB, 17 Mal mehr Budget im Radverkehr, Klima-Check, Absage des Lobau-Tunnels und vieler anderer Autobahnen, Riesenbudget für thermische Sanierung, NoVA-Reform - eine endlose Liste. Ich denke mir, okay, es ist Ihnen noch nicht genug, es ist Ihnen noch immer zu langsam. Ich bin auch ein ungeduldiger Mensch, aber wie muss Joe Taucher unter einer SPÖ-Verkehrsministerin oder unter einem SPÖ-Verkehrsminister gelitten haben? Wie schlecht muss es ihm da gegangen sein, wenn ihm das zu langsam und zu wenig ist, frage ich mich.

 

Am Tag darauf, oder, ich glaube, es war sogar am selben Tag, an dem Joe Taucher sagt, es braucht mehr vom Bund, hüpft der übliche Verdächtige aus dem Hut und schreit: Lobau-Autobahn, Stadtautobahn, sofort! Gut, das überrascht uns jetzt nicht mehr. Am Freitag darauf ist die Präsentation des Klimafahrplans durch den Herrn Bürgermeister und die Frau Stadträtin, und sofort wiederholt sich dasselbe Ritual. Der lauteste Bezirksvorsteher Wiens hüpft wieder wie ein ungezogenes Kind herum und schreit: Wir brauchen diese Verkehrserreger, wir brauchen diese CO2-Schleuder! Dann frage ich mich schon: Was soll ich jetzt glauben? Hat die SPÖ erkannt, wir müssen handeln, oder fährt sie weiter auf der Geisterbahn?

 

Vieles aus dem Klimafahrplan haben Sie ja auch im Regierungsprogramm stehen: klimaneutral 2040, der Anteil des motorisierten Individualverkehrs soll sich bis 2013 auf 15 Prozent reduzieren. Ich habe damals schon gesagt, super, jetzt steht noch viel mehr drin: Der Kfz-Bestand soll pro 1.000 Bewohner nur mehr 250 sein. Da denke ich mir, wow, Liesing hat jetzt 500 pro 1.000 Einwohner, das ist eine ordentliche Challenge, würde ich sagen. Und ich würde sagen, bei dem Willen, den ich in der Vergangenheit gesehen habe, nenne ich das einfach Voodoo. Kilian hat es eh schon gesagt, und der Ausdruck ist übrigens im Klimafahrplan drinnen: Hupfen Sie mir das vor - das steht wirklich im Papier drinnen -, wie Sie diese Ziele mit diesen wahnwitzigen Autobahnprojekten erreichen wollen, auf denen Sie noch immer bestehen.

 

Leider, leider müssen wir heute wieder darüber reden, weil erst gestern, glaube ich, war es, dass ein Präsident der Wirtschaftskammer und Bürgermeister Ludwig wieder mit ominösen Rechtsgutachten herumwerfen. Das kennen wir eh schon, ja, das nimmt ja niemand mehr so ernst, aber viel ärger war eigentlich das Koalitionsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP - und das nenne ich jetzt ganz bewusst so -, wo unter anderem natürlich diese Forderung nach diesen ganzen Straßenprojekten drinnensteht, die ein Anschluss an Betriebsgebiete sein sollen. Na, wo sind die? - In Niederösterreich! Denn wo ist die Lobau-Autobahn? - In Niederösterreich! Das heißt - und bitte lassen Sie das jetzt einsinken -: Der Präsident der Wiener Wirtschaftskammer fordert, dass mit einem Viermilliardenprojekt die Wiener Wirtschaft geschädigt wird. Das müssen Sie einmal einsinken lassen. Ich weiß, dass von der ÖVP etliche Vertreter der Wirtschaftskammer hier im Raum sind, und ich weiß nicht, wie es ihnen gerade geht.

 

Aber immerhin, dieses Zukunftspapier lobt auch den Bau von Begegnungszonen und sieht sie als eine große Chance für Geschäfte. Erinnern Sie sich noch an den Kampf um die Mahü? Wow, ich schon, denn ich bin monatelang von Tür zu Tür gegangen, habe dort angeklopft, habe für die Abstimmung geworben, habe für ein Ja geworben, damit diese Straße zu einer Begegnungszone und zu einer Fußgängerzone wird. Da haben sich damals Leute von der ÖVP dort angekettet, die haben gesagt, das ist Teufelswerk, die Mariahilfer Straße wird versandeln, und jetzt sagen sie, jeder Bezirk soll auch eine Begegnungszone haben. Wissen Sie was? Es beruhigt mich, dass ich sozusagen Teil einer Bewegung bin, die sehr früh erkennt, was eine Gesellschaft, was eine Stadt braucht. Was mich halt dann aber doch ein bisschen pessimistisch macht, ist, wie langsam es geht.

 

Warum bin ich noch skeptisch? Wenn ein SPÖ-Bezirksvorsteher im 2. Bezirk wegen ein paar Parkplätzen Radwege abreißen will, dann frage ich mich, wie ernst es Ihnen mit einem Klimafahrplan ist. Wie willens sind Sie dann eigentlich überhaupt, größere Projekte durchzuziehen, wo die Herausforderung eine viel größere sein wird?

 

Warum bin ich skeptisch? Gestern fordert die SPÖ im Bund Ministerin Gewessler auf, die Evaluierung der Autobahnprojekte zu stoppen und eine schnelle Umsetzung einzuleiten. Ein paar Meter weiter weg im Rathaus fordert Joe Taucher eine schnelle Umsetzung der Klimawende. Ich frage mich: Redet ihr manchmal miteinander? Sie sehen den Grund für meine Skepsis, ich glaube, wer das sehen und hören will, weiß, sie ist gut begründet.

 

Mir ist dann noch etwas aufgefallen, als ich das Papier studiert habe. Ich habe mir diesen Graph angeschaut, der sozusagen diesen Verbrauch der 60 Millionen anzeigt. Der bleibt bis 2025 gleich und 2025 stürzt er ab, er stürzt ganz hinunter. Dann frage ich mich: Was ist jetzt bis 2025? 2025 wählen wir ja, oder? Das heißt, Michael Ludwig wird natürlich wieder als Spitzenkandidat der SPÖ bei dieser Wahl antreten und er will nicht das Image verlieren, er sei ein Betonierer, deswegen fällt diese Kurve meiner Meinung nach erst nach 2025.

 

Gut, ich möchte noch ganz kurz ein paar Sachen erwähnen, die wir gestern bei der Vorstellung des Klimafahrplans besprochen haben. Es gab die Sorge, dass dieser sozial sein muss - no na ned, eh - und dass es Anreize geben muss. Ich sage Ja, und da fällt mir gleich etwas ein. Ich will Anreize, dass ein zwei bis drei Tonnen schweres Fahrzeug, das so hoch ist, dass ich nicht einmal bei der Windschutzscheibe hineinschauen kann - und ich bin 1,65 m -, das sich über zwei Parkplätze erstreckt, einen anderen Preis fürs Parken zahlt als jemand, der dort mit einem Smartcar parkt. Das ist für mich soziale Politik.

 

Aber die sozialste Politik in der Mobilität überhaupt - und das haben wir in Wien - sind gute und günstige Öffis. Meine Mobilität kostet mich 1 EUR am Tag, und ich

 

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