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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 22.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 117 von 126

 

mer wichtig ist, in einem Ernährungssystem weniger auf große Player zu setzen, sondern vielmehr auf Diversifizierung. Und was Sie hier tun, ist eine Monopolisierung der Verpflegung in den Kindergärten. Das halten wir für den falschen Weg. Sie schließen auch kleinere Anbieter aus, die zwar die Qualität liefern könnten, die eine hohe Bioquote anbieten könnten, die aber diese großen Zahlen, nämlich 25.000 Mahlzeiten pro Tag, nicht liefern können. Das ist nicht fair gegenüber kleinen Anbietern, die eine Chance verdient haben, an dieser Ausschreibung teilzunehmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir schlagen daher in unserem Antrag auch vor, dass diese Ausschreibung auf mehrere Lose aufgeteilt wird, beispielsweise auf fünf - suchen Sie sich eine Zahl aus -, aber ein einziger Anbieter für ganz Wien ist einfach nicht tragbar.

 

Ich möchte zu einem weiteren Punkt kommen, der betrifft die Bioquote. Im Akt steht auch, dass man die Bioquote und die Qualitätskriterien beibehalten möchte. Ich möchte nicht, dass die Bioquote beibehalten wird, ich möchte, dass die Bioquote erhöht wird. Das ist etwas, was hier nicht vorgesehen wird, zumindest ist es uns aus den Unterlagen nicht ersichtlich, dass hier gewährleistet werden soll, dass die Bioquote, wie von StR Czernohorszky angekündigt wird, erhöht wird. Wir fordern, dass die Bioquote 2023 auf 60 Prozent und 2025 auf 70 Prozent erhöht wird, wie Sie es eh auch selber behaupten, aber wir brauchen einen politischen Beschluss dazu. Es braucht dieses Bekenntnis des Gemeinderates, dass das auch passieren wird. Und was es vor allem braucht, ist, dass es nicht bei einem Bekenntnis bleibt, sondern dass sich das in den Ausschreibungen widerspiegelt, denn im Grunde geht es genau darum, was man mit den GeschäftspartnerInnen quasi ausverhandelt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir haben auch gesehen, dass in der Vergangenheit beispielsweise beim Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser die verpflichtende Quote von 30 Prozent in den Ausschreibungen nicht berücksichtigt wurde. Das heißt, man kann sich zwar schöne Dinge vornehmen, wenn man sie dann nicht umsetzt und nicht entsprechend ausschreibt, dann wird man die selbstgesetzten Ziele nicht erreichen.

 

Warum pochen wir so auf dieses Thema der Bioquote in der Gemeinschaftsverpflegung beziehungsweise in den Kindergärten? - Nicht, weil wir Bobos sind und finden, dass es superschön und ein super Lifestyle ist, bio zu essen, sondern weil die Gemeinschaftsverpflegung ein riesengroßer Hebel ist, um die Biolandwirtschaft in diesem Land voranzubringen und weil die Gemeinschaftsverpflegung gewährleistet, dass alle Kinder in Wien, die einen Kindergarten besuchen, einen Zugang zu Biolebensmitteln haben, und zwar auch die, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren sind. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Jetzt werden Sie sagen, die Stadt Wien ist eh super, wir sind Österreich-weit sowieso die Besten und wir haben schon 1998 30 Prozent Bioquote in der Gemeinschaftsverpflegung beschlossen. Ja eh, aber das ist fast 25 Jahre her, und wir sind nur in den Kindergärten und in den Schulen bei 50 Prozent, in den Krankenhäusern und in den Pensionistenhäusern sind wir nur bei 30 Prozent.

 

Bei aller Liebe, aber wenn wir mit dieser Geschwindigkeit weiter tun, dann sind wir 2055 erst dort, wo Kopenhagen heute ist, nämlich bei 90 Prozent. 2055 ist ein bisschen weit weg, und ich glaube, die Stadt Wien kann das viel, viel besser. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Kopenhagen hat es geschafft, innerhalb von weniger als 20 Jahren auf 90 Prozent Bioquote in der gesamten Gemeinschaftsverpflegung zu kommen. Das ist ein riesengroßer Kraftakt, das heißt, man kann nicht einfach sagen, okay, das Menü, das wir heute anbieten, werden wir einfach eins zu eins weiterhin anbieten, halt in bio. Das spielt es halt nicht, oder das spielt es halt schon, aber mit sehr viel Geld, und das ist im ökonomischen Sinne nicht unbedingt nachhaltig. Was man tun muss, ist, das Ganze systemisch anzugehen. Man muss sich einfach das System anschauen, wie Lebensmittel produziert werden, wie gekocht wird, was es für eine Infrastruktur gibt. Genau dort müssen wir ansetzen. Ich weiß, das ist nicht unbedingt Ihr Thema, Herr Stadtrat, aber es geht ums Essen in den Kindergärten. (VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Es ist eh spannend! Ich finde es interessant!)

 

Wir müssen das Ganze also systemisch denken. Es geht nicht nur darum, einfach eins zu eins die Dinge zu ersetzen, sondern es geht um Infrastruktur, es geht um Know-how, es geht um Ausbildung von Köchinnen und Köchen, es geht darum, auch diesen Beruf attraktiv zu gestalten und sich einfach eine Strategie zu überlegen, wie man an das Ganze herangeht.

 

Wir fordern in unserem Antrag auch, dass Sie hier einen Plan vorlegen, wie man in Wien in der Gemeinschaftsverpflegung, insbesondere in den Kindergärten und in den Schulen, möglichst viele Frischküchen hat, weil frischgekochtes Essen einerseits nährstoffreicher ist und weil frischgekochtes, gesundes Essen auch geschmackvoller ist. Und es ist extrem wichtig, dass gesundes Essen den Kindern schmeckt, weil in der Kindheit genau die Ernährungsgewohnheiten für ein ganzes Leben geprägt werden. Wenn man es schafft, dass sich die Kinder von Anfang an gesund ernähren, es ihnen schmeckt und dass sie Kontakt mit frischen Lebensmitteln haben, dass sie mitkochen und einfach wissen, wie Mahlzeiten hergestellt werden und sie damit in Kontakt treten, ist es dadurch möglich, ihre Ernährungskompetenz zu steigern und einen gesunden und nachhaltigen Umgang mit Lebensmittel zu pflegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich möchte hier auf einen Artikel eingehen, der gestern im „Falter“ erschienen ist, der eben die Schulverpflegung zum Thema hatte, also die Essensverpflegung in den Wiener Schulen, wo es eben auch um diese Ausschreibungen gegangen ist und darum, dass es nur zwei Großanbieter in Wien gibt, die quasi die Marktmacht haben, überhaupt dieses Essen anzubieten. Auf die Frage, wieso die Stadt Wien auf Großanbieter setzt, hat der stellvertretende Leiter der MA 56 gesagt - ich zitiere: „Wir können uns hier auf keine Experimente einlassen.“

 

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