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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 103

 

Es ist Aufgabe guter Sozialpolitik, Sozialleistungen sicherzustellen, die gegen Armut absichern. Und da gibt es auch in Wien noch einiges zu tun. Keine Frage, im Wiener Sozialsystem läuft auch vieles richtig gut. Die MitarbeiterInnen und die Organisationen im Sozialbereich leisten großartige Arbeit. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie und Teuerung ist diese Arbeit extrem fordernd. Für diese harte, für diese großartige Arbeit möchte ich an dieser Stelle aufrichtig danke sagen, liebe SozialhacklerInnen. Danke, ihr seid super. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Gleichzeitig muss man an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass auch der Sozialbereich demographiebedingt nicht vorm Arbeitskräftemangel gefeit ist. Es wird notwendig sein, mit besseren Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung frühzeitig auf diese Entwicklung zu reagieren, sonst stehen wir im Sozialbereich bald vor ähnlichen Problemen, wie wir sie im Bildungs- und Gesundheitsbereich schon haben. Der FSW ist immerhin der größte Arbeitgeber im Bereich des SWÖ-Kollektivvertrages, das heißt, die Stadt kann, wenn sie will, großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen und auf die Bezahlung nehmen, sehr geehrte Damen und Herren. Also bitte tun Sie das auch. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Eine weitere Entwicklung, die im Sozialbereich kritisch zu sehen ist, ist, dass wir einen Teil der Menschen nicht mit der Unterstützung erreichen, die für sie gedacht ist. Die „Non take up“-Rate bei der Mindestsicherung, also die Zahl jener, die keine Unterstützung beziehen, obwohl sie Anspruch hätten, liegt je nach Berechnung immer noch bei 27 bis 33 Prozent. Das zeigt ein Bericht der Statistik Austria gerade wieder auf. Das Ziel progressiver Sozialpolitik, sehr geehrte Damen und Herren, muss es sein, die „Non take up“-Rate so gering wie möglich zu halten. Man hat sich ja was dabei gedacht, als man diese Leistungen konzipiert hat, stattdessen wird die hohe „Non take up“-Rate in Wien einfach achselzuckend hingenommen. Und das halte ich für ein massives Problem. Maßnahmen, um diese Versorgungslücke zu schließen, Fehlanzeige. Wenn Sie einmal nicht dafür werben würden, dass der Silvesterpfad zu Silvester stattfindet, wenn Sie stattdessen für die Sozialleistungen in der Stadt Wien Aufklärungskampagnen machen würden, würde sich vielleicht etwas an dieser „Non take up“-Rate ändern, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Um auch noch eine positive Entwicklung aufzuzeigen: Ich begrüße den Ausbau von Housing First im Bereich der Wohnungslosenhilfe sehr, da ist schon seit dem letzten Jahrzehnt wirklich eine wichtige Veränderung im Gange. Auch da wird man schauen müssen - dazu werde ich morgen noch einen Antrag einbringen -, dass man genügend Wohnungen zur Verfügung stellt, und vor allem auch ausreichend Personal. Die Teuerung ist gerade für die niedrigsten Einkommen eine besonders problematische Entwicklung. Wir begrüßen es daher, dass die Stadt Wien mit der Energiekostenpauschale einen Einmalbetrag an besonders vulnerable Gruppen auszahlt, wir begrüßen es auch, dass mit dem Energiebonus Haushalte mit einem Einmalbetrag unterstützt werden, auch wenn ich noch einmal an dieser Stelle darauf hinweisen will, dass Sie auf die Kinder und die Familien bei der Berechnung vergessen haben. Ich hoffe, dass Sie da noch etwas reparieren.

 

Sie fordern aber auch auf Bundesebene neben den Einmalzahlungen nachhaltige Maßnahmen. Ich würde mir erwarten, dass Sie dort, wo Sie selbst Verantwortung tragen, Ihrem eigenen Anspruch nachkommen. Die Bundesregierung setzt nämlich nachhaltige Maßnahmen wie die automatische Inflationsanpassung der Sozial- und Familienleistungen. Ich würde mir solche Überlegungen auch vom Wiener Bürgermeister, vom Wiener Sozialstadtrat wünschen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Die automatische Anpassung von Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Kinderabsetzbetrag, Studienbeihilfe, Reha-Geld, Krankengeld und Umschulungsgeld, aber auch die Negativsteuer kommen. Das hat die SPÖ immer nur gefordert, umgesetzt habt ihr das nie. Und das reicht halt nicht. Aber Sie können jetzt in Wien von der Ankündigung zur Realisierung übergehen, und wir könnten bei der Bekämpfung der Kinderarmut anfangen. Die Anhebung der Kindermindestsicherung auf das Niveau der Armutsgefährdungsschwelle wäre eine nachhaltige Maßnahme, sehr geehrte Damen und Herren, und das kann Wien ganz alleine machen. Beim aktuellen Richtsatz für die Kinder fehlen 33,96 EUR pro Monat auf die Armutsgefährdungsschwelle für ein Kind pro Haushalt. 33,96 EUR sind mehr als 400 EUR pro Jahr, und das ist die alleinige Verantwortung von Wien. Ich bringe daher einen Antrag ein, der fordert, dass die Kindermindestsicherung auf die Armutsgefährdungsschwelle angehoben wird. Bitte geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie diesem Antrag zu. Tun wir etwas gegen Kinderarmut in unserer Stadt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein weiteres Problem - und das ist allen, die im Sozialbereich aktiv sind, bekannt - ist, dass die Mindestsicherung im Gegensatz zum Ausgleichszulagenrichtsatz in der Regel nur zwölf Mal ausbezahlt wird, bis auf ganz wenige, die Dauerleistung beziehen. Deshalb ist die Mindestsicherung auch wesentlich weiter von der Armutsgefährdungsschwelle entfernt als die Mindestpension. Ich würde mir erwarten, dass eine sozialdemokratische Regierungspartei auch hier Akzente setzt. Aber auch an dieser Stelle: Fehlanzeige. Ich bringe daher auch hier einen Antrag ein, in dem Bonuszahlungen für MindestsicherungsbezieherInnen gefordert werden. Wenn es unser Ziel ist, mit der Ausgleichszulage, mit der Mindestsicherung vor Armut zu schützen, dann ist diese Schlechterstellung der MindestsicherungsbezieherInnen nicht nachvollziehbar, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Unser Vorschlag einer Bonuszahlung würde das ausgleichen, zumindest einmal für 2022, bis wir eine Regelung gefunden haben, die diese Schlechterstellung nachhaltig beseitigt.

 

Ein letzter Punkt, der uns wichtig ist: Die Reduktion der Notquartiersbetten für Wohnungslose im Sommer. Das ist gerade in Zeiten der Klimakrise eine völlig unverständliche Maßnahme. 38 Grad, wie sie uns jetzt gegen

 

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