Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 133
Handel an den Energiebörsen, sogenannte Margins, zu hinterlegen gewesen wären. Dazu neuerlich ein Zitat aus dem vorhin genannten Geschäftsstück TOP 11: „Über international tätige Banken wird der Börsehandel des Wiener Stadtwerke Konzerns kontotechnisch abgewickelt. Dort sind die für den Handel notwendigen Sicherheitsleistungen taggleich zu hinterlegen.“
Es war somit geboten, eine Entscheidung über die Kreditgewährung in der kürzest möglichen Zeit herbeizuführen.
Dies ergibt sich auch aus dem Geschäftsstück, in welchem angeführt wird, dass eine ausreichende Liquiditätsversorgung ehemöglich sicherzustellen ist und die Antragstellung gemäß § 92 der Wiener Stadtverfassung alternativlos ist. Es lagen somit die Voraussetzungen zur Anwendung des § 92 der Wiener Stadtverfassung vor. - Danke.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank. Die 1. Zusatzfrage kommt von der ÖVP. Herr GR Dr. Wölbitsch-Milan, bitte.
GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Vielen Dank. Das Bild ist aus unserer Sicht jetzt nicht viel klarer, denn der Herr Aufsichtsratsvorsitzende, Herr Weinelt, hat ja dann auch in einem Interview in der „ZIB 2“ gemeint, es wäre im Juli kein Notfall vorgelegen, sondern man hätte - ich sage das jetzt so salopp - eigentlich nur die Finanzen umstrukturiert. Also dieser Widerspruch ist für uns weiterhin nicht aufgelöst und auch nicht, ob es sich wirklich um einen Notfall gehandelt hat.
Ich finde jetzt nur einen Aspekt auch sehr spannend: dass mittlerweile Behörden der Stadt Wien ausrücken müssen, um den Herrn Bürgermeister zu verteidigen. Ich finde, und das sage ich, auch sehr befremdlich, dass der Leiter einer Magistratsdirektion einen Gastkommentar verfasst, wo er, sage ich einmal, relativ klar, klarer als alle anderen Experten, unabhängig davon, welche Meinung sie haben, da überzeugt davon ist, dass diese Notkompetenz zu Recht gezogen wurde.
Anscheinend hat die Magistratsdirektion Unterlagen und Gutachten, die das belegen. Es wäre sehr schön, wenn die auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Die Vorgangsweise finde ich sehr befremdlich. Man stelle sich vor, auf Bundesebene wird der Herr Bundeskanzler angegriffen, und dann schreibt der Verfassungsdienst einen Gastkommentar und sagt, warum das eigentlich alles gar nicht stimmt, was dem Herrn Bundeskanzler vorgeworfen wird.
Ich hätte eine Phantasie, was dann die Krispers und Krainers dieser Welt auf Bundesebene machen würden, mit Anzeigen, Rücktrittsaufforderungen, et cetera. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Alles ein Unsinn, was Sie da sagen!) Also insofern finde ich das sehr befremdlich. Ich vermisse auch einen Aufschrei der NEOS, das sage ich auch, dass da ein Leiter einer Magistratsdirektion so etwas tut und einen Gastkommentar anscheinend proaktiv anbietet. Wobei, das war wahrscheinlich, so wie ich vernehme, nicht die Magistratsdirektion, sondern gewisse, sagen wir einmal, Kommunikationsverantwortliche, die das tun.
Ich nehme es zur Kenntnis, aber es stärkt natürlich, und das sage ich auch, nicht gerade unser Vertrauen in diese Magistratsdirektion und vor allem auch nicht in die Unabhängigkeit, aber das haben wir auch schon an einer anderen Stelle …
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl (unterbrechend): Darf ich um die Frage bitten?
GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (fortsetzend): Richtig, meine Frage ist eigentlich eine sehr kurze: Sehr geehrter Herr Bürgermeister, wie viel Zeit ist vergangen zwischen Ihrer Erkenntnis, dass es bei der Wien Energie einen konkreten Notfall bei der Liquidität gibt, und Ihrer Entscheidung, die Notkompetenz zu ziehen?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Bürgermeister, bitte.
Bgm Dr. Michael Ludwig: Also zum einen möchte ich einmal ganz deutlich darauf hinweisen, dass alle Magistratsdienststellen ihren Aufgaben entsprechend agieren. Das findet sich auch in der Vidierung des Geschäftsstückes, das heute zur Diskussion steht, unter TOP 11. Von daher ist es durchaus nachvollziehbar und auch richtig, dass jene Magistratsdienststellen, die herangezogen worden sind, um diese Entscheidung herbeizuführen, wenn sie, was ihre Entscheidung betrifft, angegriffen werden, auch die Möglichkeit haben, ihre Sichtweise darzustellen.
Zu Ihrer weiteren Frage: In dieser sehr umfassenden Stellungnahme ist zu unterscheiden, dass es eine Situation auf den europäischen Energiemärkten gibt, die seit längerer Zeit deutlich macht, dass es Probleme gibt. Das ist auch der Grund, dass in ziemlich allen europäischen Ländern, vor allem den Mitgliedsländern der Europäischen Union die Bundesregierungen, die nationalen Regierungen Entscheidungen getroffen haben, um finanzielle Schutzschirme zu spannen, und zwar zwischen 10 und 100 Milliarden. 100 Milliarden der Bundesrepublik Deutschland sind jetzt noch einmal um 67 Milliarden aufgestockt worden.
Während wir jetzt hier im Gemeinderat diskutieren, findet gerade eine Pressekonferenz des deutschen Wirtschaftsministers Habeck statt, bei der er die Verstaatlichung des größten Gasimporteurs in Deutschland - Uniper - vorstellen wird. Also von daher ist das zum einen eine Situation, die auch der Österreichischen Bundesregierung bekannt gewesen sein könnte und natürlich waren alle in einer sehr angespannten Situation, was die Energiemärkte betrifft.
Zugespitzt hat sich das ab dem 11. Juli, als bekannt geworden ist, dass Nord Stream 1 saniert werden muss und damit zu rechnen ist, dass es zum einen Einschränkungen bei den Gaslieferungen und zum Zweiten stark steigende Preisentwicklungen geben wird. Darauf hat die Wien Energie reagiert, hat einen entsprechenden Antrag verfasst, der geprüft worden ist - wie im Geschäftsstück nachvollziehbar ist - von der zuständigen Finanzabteilung, dem Finanzressort und der Magistratsdirektion, und diese hat mir dieses Geschäftsstück am 15. Juli zur Unterschrift vorgelegt.
Und von daher habe ich diesem Geschäftsstück entsprochen, weil die Situation eine dringende war, auf
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