Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 133
Juli und Ende Juli 2022 auch Termine, wo der Herr Bürgermeister persönlich und direkt in Kontakt mit der Bundesregierung, in Kontakt mit dem Bundeskanzler war, zum Thema Energiemarkt, zum Thema immer stärker steigende Energiepreise, und da wurde nicht thematisiert, wovon Sie heute behaupten, es wäre so ein eklatant wichtiges Thema in dieser Zeit gewesen. (Beifall bei der ÖVP und von StR Dominik Nepp, MA.)
Herr Kollege Gara, man kann in der Tat und man muss in Zeiten wie diesen auch darüber reden, welche Energieträger man forciert und dass wir natürlich eine Abhängigkeit vom russischen Gas haben. Ich finde es nur ein weinig - Sie müssen mir erlauben - skurril, wenn Sie jetzt ernsthaft in Ihrer Rede davon reden, dass bei einer Vertragsunterzeichnung zwischen OMV und dem damaligen Gaslieferanten Gazprom der damalige Bundeskanzler bei der Unterschriftenleistung gelächelt hätte. Ganz ehrlich, man kann durchaus auch polemisch sein, und ich habe da auch jedes Verständnis dafür, aber eine Partei wie die Ihre, die nicht nur einen Förderer hat, der anlässlich der Olympischen Spiele das halbe Olympische Dorf gebaut hat! Das wäre noch nicht das Problem, aber dieser Förderer hat es zu Beginn Ihrer Partei sogar geschafft, dass der Parteigründer und erste Parteiobmann Strolz in einem Interview behauptet hatte, er sehe mittelfristig Russland als Mitglied der Europäischen Union. (StR Karl Mahrer: Ui, ui!) Wenn Sie es mir nicht glauben, zeige ich Ihnen das Interview gerne. Und Sie wollen jetzt mit erhobenem Zeigefinger auf einen Bundeskanzler losgehen, der damals einen wirtschaftlich durchaus logischen und vertretbaren Deal vollzogen hat? (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Die Verlängerung auf 2040!) Also das finde ich selbst Ihrer unwürdig. (Beifall bei der ÖVP.)
Tatsache - und jetzt komme ich eigentlich erst zu des Pudels Kern - ist, dass weder die Abhängigkeit vom Gas noch die Frage der Marktentwicklung der Kern des Skandals Wien Energie ist. Ich sage bewusst des Skandals, denn der Skandal äußert sich eigentlich viel mehr darin, wie die Sozialdemokratie, supportet durch den kleinen Koalitionspartner, dieses Problem, das wir hier haben, handlet. Das sage ich ganz bewusst, meine Damen und Herren, wenn ich mir ansehe, wie bei der Frage, was passiert ist, einfach intransparent agiert wird.
Es wurde heute auch schon angesprochen. Wir beziehen uns auf Rechtsgutachten, die wir nicht herzeigen. Skurriler geht es kaum mehr. Die GRin Weninger, die in ihrer Verteidigungsrolle hier sehr engagiert rausgeht, spricht, ich habe es mir aufgeschrieben, von Überproduktionsverkäufen, wo man relativ sicher weiß, das war es halt nicht allein. Noch einmal, kein Problem, dass man an der Strombörse in Leipzig handelt. Nur wenn man behauptet, es wären nur Überproduktionsverkäufe gewesen, und wenn man sich dann die Volumina der Stromerzeugung der Wiener Energie und die Volumina ansieht, die mutmaßlich gehandelt wurden - genau wissen wir es ja nicht, weil überhaupt nichts nach außen dringt. Wenn ich mir dann ansehe, meine Damen und Herren, dass wenn man im Finanzausschuss Fragen stellt, auch dort geblockt wird, dann ist das einer der Skandale, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Wenn ich mir dann die Rolle des Herrn Bürgermeisters ansehe, die Frage der Notkompetenz: Ja, wir haben verschiedenes im Umlaufverfahren abgestimmt, durchgenommen. Was mich an dieser Situation am 15. Juli aber ja noch viel mehr stört, ist: Rechtlich wird man es prüfen müssen, aber ich hätte es ihm politisch vielleicht zugemutet oder zugestanden, wenn er dann unmittelbar alle politischen Player dieser Stadt informiert hätte. Aber was ist die Realität? - Am 15. Juli wurde die erste Unterschrift geleistet, und am 28. August habe ich als Fraktionsführer meiner Partei im Finanzausschuss über den Newsletter der sonst durchaus SPÖ-affinen Tageszeitung „Heute“ davon erfahren, dass es eine finanzielle Schräglage bei der Wiener Energie gibt. (Heiterkeit bei GR Mag. Josef Taucher.)
Das kann nicht der § 92 sein, so wie ihn die Gesetzgeber damals verstanden haben, die Information so rasch und so transparent wie möglich. Das von Seiten eines Koalitionspartners, der Transparenz ja zum Wesen seiner Partei gemacht hat! Ich will nicht sagen, „one-trick pony“, aber wenn ich permanent mit Transparenz hausieren gehe und decke so eine Vorgangsweise, dann habe ich ein Problem, meine Kolleginnen und Kollegen von den NEOS. Denn das gutzuheißen, wird den Wählern und Wählerinnen nur schwer erklärbar sein. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn ich gesagt habe, das Problem ist nicht die Preisentwicklung am Markt, das Problem ist die Vorgangsweise der Stadtregierung, meine Damen und Herren, dann lassen Sie mich auch darauf kommen, dass ich die Vorgangsweise der MD-Recht einfach nicht nachvollziehen kann. Dieser Gastkommentar in der Tageszeitung „Die Presse“ wurde heute eh schon angesprochen.
Als ein schon ein bisschen länger dienender Abgeordneter kann ich mich noch gut erinnern. Von dieser MD-Recht hat es einmal zur Fragestellung bei den Fragen der Volksabstimmung zu Kurzparkzonen plötzlich ein Gutachten von Herrn Dr. Pauer gegeben. Heinz Mayer - ich glaube, er ist auch ein Verfassungsjurist, den man anhören kann - hatte einen ganz anderen Zugang, aber die MD-Recht hat damals gemeint: Nein, geht nicht.
Ich kann mich gut erinnern, ich sage nur, Thema Wahlrecht: Da hatten die GRÜNEN mit der Sozialdemokratie ein ganz massives Thema damals, da hat auch Herr Dr. Pauer in einer durchaus fast schon legendär gewordenen Ausschusssitzung uns erklärt, warum ein Poststück eigentlich vom Ausschuss nie ins Plenum kommen muss. Auch damals konnte man durchaus redlicherweise auch anderer Rechtsauffassung sein.
Ich will jetzt niemandem unterstellen, dass man hier Parteilichkeit hätte. Es ist wahrscheinlich eine glückliche und möglicherweise auch karrierefördernde Fügung des Schicksals, dass sich die Rechtsmeinung der Führung der MD-Recht mit der der Wiener SPÖ so oft und so fast nahtlos deckt. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Alles Zufall!) Ein Dienst an der Demokratie und ein Dienst an der Transparenz sind das jedenfalls nicht,
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