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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 133

 

es Spekulation war oder nicht. - Natürlich war es Spekulation, denn wenn Sie als Privater mit Futures handeln, fallen Sie automatisch in eine Risikokategorie, nämlich in die Risikokategorie 7, und diese wird als spekulativ bezeichnet. Wenn man also mit Futures handelt, dann spekuliert man. Das ist so. Die große Frage ist: Wurde etwas verspekuliert beziehungsweise hat man sich mit diesen Spekulationen überhoben oder nicht? Das ist die große Frage, und diese wird es auch zu klären gelten.

 

Eine Frage, die wir auch in der Untersuchungskommission behandeln werden, ist: Was war die Strategie der Wien Energie? Was war die Marktstrategie der Wien Energie am Beginn dieses Jahres? Wie hat sie sich im Laufe des Jahres geändert? - Aus unserer Sicht beziehungsweise nach dem, was wir bisher wissen, nämlich gar nichts, obwohl sich der Markt - das ist ja sogar von der SPÖ und vom Finanzstadtrat angesprochen worden - laufend geändert hat und viele Risiken aufgetreten sind, die man natürlich schon vorhersehen konnte. Es gibt in dieser Logik einen berühmten Denkfehler, der „sunken cost fallacy“ heißt. Dabei geht es darum, dass man, so wie bei Wien Energie, schon viel in eine Idee oder Strategie investiert hat und ein hohes Risiko eingegangen ist, dass man dann aber, anstatt dass man sich zurückzieht und vielleicht den einen oder anderen kleinen Verlust akzeptiert, noch einmal Geld hineinpumpt, weil man hofft und glaubt, dass es sich am Ende doch irgendwie ausgeht.

 

Fairerweise sei gesagt, dass so etwas nicht nur der Wien Energie passiert, sondern genauso auch Unternehmen im privaten Bereich. - Ich behaupte nur, dass die Geschlossenheit dieses Systems, das die Wien Energie hat, dazu geführt hat, dass dieser Fehler aufgetreten ist und dass das der wahre Grund ist, warum die Wien Energie auch diesen erhöhten Finanzbedarf hat.

 

Zu der Entlastung, die der Herr Finanzstadtrat angesprochen hat, also zu dem Persilschein, den sich die Stadt selbst ausgestellt hat: Erstens finde ich es sehr spannend, dass alles noch vor dem Termin mit dem BMF beziehungsweise eigentlich mit der Finanzprokuratur geschehen ist, also noch bevor man denen die Unterlagen gegeben hat. - Jetzt kann man sagen, dass man dem BMF nicht vertraut. Aber bevor man der Finanzprokuratur und Herrn Peschorn, der, glaube ich, eine recht gute Reputation hat, die Unterlagen liefert, veröffentlicht man halt einmal den eigenen Persilschein. Und man erweckt den Eindruck - zumindest wurde dem dann auch in der medialen Darstellung teilweise nicht widersprochen -, dass hier drei Wirtschaftsprüfer am Werk gewesen seien.

 

Ich habe also gegoogelt: Es gibt einen Artikel, in dem das wirklich so steht, dass drei Wirtschaftsprüfer der Stadt einen Persilschein ausgestellt haben. - Das muss man jetzt aber erst einmal durchgehen: Da ist die Rede von der Ithuba. Die Ithuba ist allerdings alles, nur kein Wirtschaftsprüfer! Ich nehme an, dieses Unternehmen war dabei, als es irgendwie um Investmentstrategien und die Legitimation von irgendwelchen Investmentstrategien gegangen ist, aber ich weiß es nicht. Ich meine, alleine die Tatsache, dass die Ithuba in Anbetracht der Vorgeschichte rund um Chorherr und dessen, was da alles passiert ist, diesfalls als Berater fungieren darf, zeugt ehrlicherweise ja schon fast von Dreistigkeit! Ich erspare mir da eine nähere Analyse, es ist jetzt eh auch wieder viel darüber geschrieben worden. - Die Ithuba ist also kein Wirtschaftsprüfer.

 

Das zweite Unternehmen ist eine renommierte Kanzlei, von welcher sozusagen eine Rechtsmeinung abgegeben wurde. Diese Kanzlei ist aber auch kein Wirtschaftsprüfer.

 

So. Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat, haben auch heute gesagt, dass ja die PwC dabei war. Die PwC ist für Wirtschaftsprüfung ja sehr bekannt, und somit vermitteln Sie natürlich auch immer den Eindruck, dass die quasi als Wirtschaftsprüfer agiert haben. Die Wahrheit ist: Herr Sponring, der sich da, wie ich einmal sage, sehr weit hinausgelehnt hat für die Wien Energie, ist kein Wirtschaftsprüfer. Er ist Energieberater, und das ist legitim und in Ordnung. Das heißt, er berät Energieunternehmen und macht sein Geschäft damit, dass er Aufträge von Energieunternehmen bekommt, die er dann berät. Ohne ihm etwas unterstellen zu wollen: Es erhebt sich aber natürlich der berechtigte Einwand oder zumindest die Frage, ob es da nicht vielleicht den einen oder anderen Interessenkonflikt gibt. Wir haben dazu jetzt auch eine Anfrage eingebracht, in der wir sehr genau gefragt haben, ob es vielleicht andere Aufträge mit der PwC in anderen Bereichen, auch im Energiebereich, gibt und ob es da möglicherweise irgendwelche Konflikte gibt. Diese Anfrage wird hoffentlich ausführlich beantwortet werden, und damit wäre das dann auch wieder vom Tisch.

 

Wenn sich jemand hinstellt und sagt, dass alles in Ordnung ist, dann ist es aber natürlich auch legitim, die Frage zu stellen, ob es zulässig ist, wenn jemand, der eigentlich von diesem Geschäft und von der Beratung von Energieunternehmen lebt, sagt, bei der Wien Energie war alles okay. - Das ist doch problematisch!

 

Unser Finanzsprecher Manfred Juraczka hat dann noch eine Anfrage an PwC gestellt und dabei festgehalten, dass Herr Sponring im Zuge seiner Präsentation erklärt hat, dass keine spekulativen Handelsbücher geführt wurden, dass Risikomanagement branchenüblich gewesen sei und die Prüfung - wörtlich: Prüfung - keine Anhaltspunkte für spekulatives Verhalten ergeben hätte. - All das sind Themen, die man so eigentlich nur von Wirtschaftsprüfern kennt, in Hinblick auf welche man erwarten würde, dass das im Testat eines Wirtschaftsprüfers steht: Das ist legitim. - Hakerl. - Das Thema ist erledigt.

 

Ich rufe Ihnen noch einmal in Erinnerung: Herr Sponring ist kein Wirtschaftsprüfer. Wir haben das Management von PwC gefragt, ob an dieser Prüfung vielleicht auch Wirtschaftsprüfer teilgenommen haben, ob diese Prüfung einen Befund von Wirtschaftsprüfern ergibt oder ob es sich nur um energiepolitische Einschätzungen eines Energieexperten ihres Unternehmens handelt.

 

Dankenswerterweise kam genau heute die Antwort von PwC. Sie schreiben zurück: „Sehr geehrter Herr Juraczka! Danke für Ihre Anfrage. Wir möchten festhalten: PwC Österreich ist nicht Abschlussprüfer der Wiener

 

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