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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 133

 

nächstes Jahr im März und du kaufst mir das halt ab. Dieses OTC-Geschäft findet natürlich hauptsächlich zwischen Energiepartnern statt, ich sage jetzt, zwischen der Wien Energie und der EVN zum Beispiel, oder wem auch immer. Das Risiko, das dabei natürlich besteht, ist, dass wenn der Partner ausfällt, hat man Pech gehabt. Entweder liefert er nicht, obwohl er es zugesagt hat, oder noch schlimmer, er zahlt nicht, und das wäre ein wirklich großer Ausfall.

 

Deswegen sind diese OTC-Geschäfte mit diesem Risiko behaftet, deswegen versucht man aber auch, sie abzusichern, indem ich halt sage, ich gebe einem bestimmten Partner nur ein bestimmtes Obligo, ich sage, EVN bis zu so und so viel Terawattstunden und vielleicht einem anderen dann weniger. Umgekehrt natürlich auch, denn die handeln auch mit der Wien Energie, das heißt, auch die Partner schauen sich die Wien Energie an und sagen: Was hast du für ein Rating? Wien Energie hat ein Doppel-B-Rating, was gut ist, aber natürlich ist es kein Triple-A-Rating, auch dort ist es so, es ist meist begrenzt.

 

Die dritte Möglichkeit ist der Handel über diese berühmte Leipziger Börse, diese EEX. Dort werden übrigens nicht nur Strom, sondern auch Gas und Fernwärme und übrigens auch CO2 und andere Warentermingeschäfte gehandelt. Man muss wissen, dass ein Geschäft abgeschlossen wird, indem ich zum Beispiel sage, ich weiß, dass ich nächstes Jahr im März zu viel Strom habe, deswegen verkaufe ich jetzt eine Terawattstunde Strom, nächstes Jahr, also im März 2023, und mache mir jetzt schon einen fixen Preis aus. Das Besondere an dieser Börse ist, dass sie eben nicht wie eine normale Börse ist, wo es viele Teilnehmer gibt, sondern es gibt nur eine begrenzte Anzahl. Es sind im Prinzip zirka 600 Energieversorger, die auch Mitgliedsbeitrag zahlen müssen dafür, dass sie an der Börse sind. Das Besondere an dieser Börse ist, dass die Börse sagt, ich hafte für dieses Geschäft. Das heißt, wenn du das über mich machst, dann kann ich dir garantieren, dass die Ware da ist und dass das Geld da ist.

 

Um das machen zu können, braucht die Börse natürlich eine Kaution, und da gibt es sogar zwei verschiedene Kautionen. Ich war überrascht, dass Herr StR Kraus das gewusst hat. - Cool, du hast mich beeindruckt, wirklich! (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Es gibt eine Kaution, die ich am Anfang des Geschäftes hinterlegen muss, die war früher sogar nur bei 5 Prozent, dann bei 10 Prozent, mittlerweile ist die aber auch schon bei 20 bis 30 Prozent, und dann eine variable Kaution, das heißt, die steigt oder fällt, je nachdem, in welche Richtung sich das Geschäft entwickelt, ob für mich positiv oder negativ.

 

Diese Versorger haben alle ein Kautionskonto, das ist auch wichtig zu wissen, ein Kautionskonto, wo eben draufgezahlt werden muss, oder wenn es in die andere Richtung geht, wieder Geld daraufkommt und so habe ich diesen Bedarf. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das hast du alles am Freitag erfahren?) - Nein, das habe nicht nur am Freitag erfahren. (Heiterkeit beim Redner und bei GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.)

 

Vorher, es war schon im Jahr 2021, haben natürlich die Märkte, und das stimmt, begonnen, die Preise sind sprunghafter angestiegen, nicht mehr so langsam, wie es davor war. Deswegen hat auch die Wien Energie schon diesen Budgetbedarf gehabt. Zuerst haben sie die Kautionen mit eigener Liquidität geschafft, dann haben sie natürlich auf die Stadtwerke zurückgreifen müssen. Mein Wissensstand, per heute sind es übrigens 1,25 Milliarden EUR, und dann diese 2 Mal 700 Millionen EUR, von denen wir sprechen.

 

Dann kam dieser Schwarze Freitag, da ist dieser Preis noch einmal extrem angestiegen. Das Hauptproblem war aber gar nicht, dass der Preis angestiegen ist, sondern das Hauptproblem war, dass der Strompreis viel stärker angestiegen ist als der Gaspreis. Man hat gemacht, was die Wien Energie immer macht, und deswegen muss ich noch einmal kurz zum Thema Spekulation ausholen. Das ist so eine schwierige Frage. Was ich sagen kann: Die Wien Energie hat nicht gegamblet. Sie haben nicht gegamblet, weil sie wirklich immer Gas gekauft haben, zehn Einheiten Gas und vier bis fünf Einheiten Strom verkauft haben, das heißt, sie haben das abgesichert. Ich kann euch aber als Banker sagen, wenn ich eine Aktie gekauft habe und die Aktie mit einem Put-Optionsschein abgesichert habe, dann habe ich natürlich auch mein Risiko abgesichert. Ich habe nicht gegamblet, trotzdem, ihr könnt euch das Wort aussuchen, was es ist. Ich kann nur sagen, wenn etwas aussieht wie eine Ente, wenn etwas quakt wie eine Ente und auch schwimmt wie eine Ente, dann ist es meistens eine Ente. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Aber nicht immer!)

 

An diesem Schwarzen Freitag ist Folgendes passiert: Der Gaspreis ist nicht so stark gestiegen wie der Strompreis, und das war eigentlich das Tragische an diesem Tag, dass es sich eigentlich entkoppelt hat - das ist das, was man verlangt -, und deswegen ist es zu dieser hohen Kautionsleistung gekommen. Die Wien Energie hat natürlich an diesem Freitag sehr wohl gewusst, man muss diese 1,7 Milliarden EUR zahlen, und wenn das am Montag noch einmal weitergeht, dann schaut es wirklich blöd aus, und deswegen ist man natürlich auch an den Bund herangetreten. Es war ein Wochenende, es wäre auch viel zu kurz gewesen, von Banken noch eine Finanzierung zu bekommen, noch dazu, wo die Hausbank mittlerweile in Mailand ist und nicht mehr in Wien oder München, was das ebenfalls erschwert. Die Ironie dabei war, dass man die zwei Milliarden, die man dann angefordert hat, nie wirklich gebraucht hat, weil sich am Montag das dann eben doch in die andere Richtung entwickelt hat.

 

Trotzdem, wichtig, dass man es gemacht hat, und auch wichtig, dass man sie hat, weil man wirklich nicht weiß, was in Zukunft noch passiert. Was aber jetzt wichtig ist und deswegen bin ich bei den Lehren, beim vierten Punkt, und was man jetzt auch evaluieren sollte, da beginne ich vielleicht auch noch einmal kurz bei der Wien Energie. Es wird immer gesagt, es ist alternativlos. Ich kann nur sagen, es gäbe natürlich Alternativen, weil andere Energieversorger diese Alternativen auch ge

 

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