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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 133

 

dass man gemeinsam für die Liquidität und den Umgang mit diesen internationalen Preisschwankungen eine Lösung findet.

 

Was ist dort in der Schweiz passiert? Man ist hergegangen, hat sich drei, vier, fünf Tage zusammengesetzt, sich ausgetauscht, Wege gefunden und dann gemeinsam eine Pressekonferenz gegeben, wo man die Lösung den Menschen präsentiert hat und damit aber vor allem auch das Unternehmen gesichert und nicht gefährdet hat. Das haben fast alle so gemacht.

 

Dann gibt es das zweite Schema, wie man mit so einer Situation umgeht, und das haben wir in Österreich erlebt. Vielleicht gehen wir noch einmal zurück, was an diesem Wochenende, insbesondere dann am Sonntagabend, auch kommunikativ losgetreten wurde. Frau Hungerländer spricht von Aufklärung des Finanzministers. Ich kann mich an diese Minuten sehr gut erinnern. Ich weiß ganz genau, wo ich war, sage es jetzt aber nicht, weil es Sonntagabend war und das in der Regel niemanden etwas angeht. (Heiterkeit bei GR Johann Arsenovic.) Ich habe diese „ZIB 2“ gesehen und auch das Interview des Finanzministers Brunner, und für mich war das keine Aufklärung. Für mich war es der Beginn einer politischen Kampagne, eines politischen Dirty Campaignings, wo über eine an sich ernste und wichtige Sache gesprochen wird als wäre Weihnachten, Ostern und Geburtstag zeitgleich. Herr Finanzminister Brunner hat, während er über diesen angeblichen Skandal gesprochen hat, wie ein frischlackiertes Hutschpferd von einem Ohrwaschl zum anderen gegrinst und hat sich sowas von riesig und diebisch gefreut, dass er endlich einmal der Stadt Wien und dem Wiener Bürgermeister eine hineinpracken kann, dass wir es alle gesehen haben und Zeitzeugen von genau diesem emotionalen Moment waren. (Beifall bei der SPÖ. - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Ihr kennt doch die ÖVP!)

 

Also hat man ausgepackt für das politische Campaigning: Skandal, finanzielle Schieflage, Spekulation, noch angebliche Spekulation, aber wir schieben das Wort „Spekulation“ in die erste Reihe und schauen dann quasi, was passiert, also mit ganz viel Dreck werfen und hoffen, dass dann irgendetwas picken bleibt. Dann hat sich in den folgenden Tagen das Blatt ganz schnell gewendet. All jene, die zuerst medial schön drauf waren, die das alles noch bestätigt haben und noch mehr Dynamik in dieses Dirty Campaigning hineingekriegt haben, haben dann begonnen zurückzurudern.

 

Auf Twitter sind die Experten dann doch irgendwie draufgekommen, dass das doch so nicht war, und so weiter, und so fort. Was aber kann die ÖVP natürlich nicht mehr machen? - Sie kann nicht zurückrudern. Warum nicht? - Die Plakate sind leider schon gedruckt, die die Gewista dann eine Woche später aufhängen sollte, mit dem großen Skandal. Und da greifen wir gleich auf den Konsum zurück und auf die Bawag, damit wir ja das Narrativ „die Roten können nicht wirtschaften“ gut, gut ausstatten können. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: AKH!) Die Plakate waren leider schon gedruckt für das Dirty Campaigning der ÖVP, also bleiben wir drauf - genau, das ist es, deine Plakate - und diskutieren weiter über Spekulation, schön auf Dirty Campaigning drauf bleiben. (GR Mag. Juraczka: Bei euch ist nie etwas ein Skandal!) Also wir geben nicht zu, dass es doch keine Spekulation war, wir geben nicht zu, dass es ein gesundes Unternehmen war. (Ruf bei den GRÜNEN: Ihr habt es gefährdet!) Wir geben natürlich gar nicht zu, dass wir vollen Bewusstseins in Kauf nehmen, dass ein wichtiges Unternehmen, das zwei Millionen Kunden versorgt, das für die Versorgungssicherheit in ganz Ostösterreich immens wichtig ist, das im Übrigen auch für die Netzstabilität so unendlich wichtig ist, dass man hergeht und dieses Unternehmen öffentlich wie die Sau durch die Stadt jagt. Das nimmt man schlicht und einfach in Kauf. Man nimmt in Kauf, dass das Unternehmen ein schlechtes Image erleidet, man nimmt in Kauf, dass die Kundinnen und Kunden verunsichert sind, man nimmt in Kauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verunsichert sind, nur, weil man politisches Kleingeld damit wechseln kann. Das ist widerlich, sowas von widerlich! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es hätte aber eine andere Variante gegeben. Man hätte es auch wie in der Schweiz machen können. Man hätte sich auch mit allen in Ruhe hinsetzen können. (StR Peter Kraus, BSc: So wie am 15. Juli?) Man hätte das schlicht und einfach ein paar Tage lang gut abarbeiten können, um dann eine Pressekonferenz zu machen.

 

Ich bin dankbar und ich bin froh, dass es jetzt auch, mit der Beschlussfassung heute ja auch von uns dann hier mitgetragen, eine weitere Liquiditätsreserve gibt. Ich bin froh, dass es die OeBFA gibt, ich bin froh, dass viele anderen Länder das auch schon in Anspruch genommen haben, und ich bin froh, dass wir es als Wien auch in Anspruch nehmen können. Dafür ist es auch da, das ist auch das geschaffene Instrument.

 

Und ja, wenn ihr es braucht, dann sage ich auch gerne Danke dafür, denn ich bin wirklich froh, dass es dieses Instrument gibt. Ich hoffe, wir werden es nicht brauchen, aber ich vermute, wir werden es noch oft brauchen müssen, für das, was da auf uns zukommt. (StR Peter Kraus, BSc: Warum haben wir es am 15. Juli nicht gemacht?) Warum wir es nicht damals schon genommen haben? Na, weil man immer zuerst versucht, und ich glaube, das macht jeder, im Eigenen etwas zu stemmen, die Herausforderung einmal selbst zu meistern, bevor man sich hilfesuchend an jemanden anderen wendet. Was aber lernen wir daraus, wenn man sich in diesem Land hilfesuchend an jemand anderen wendet? Wir lernen daraus, dass man fest ein paar Watschen kriegt und gleich einmal durchs ganze Land getrieben wird, weil man Hilfe gesucht hat. Na, bravo, wenn das die Lehre sein soll, die wir gemeinsam daraus ziehen, dann wünsche ich uns für die Herausforderungen, die noch kommen, viel Freude. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Kollegin Pühringer, die gerade den Kopf schüttelt - gut, macht nichts -, hat heute eines der wichtigsten Worte gesagt, und das ist der Grund, warum ich so emotional bin. Kollegin Pühringer, ich habe allen sehr aufmerksam zugehört, auch Ihnen, und das ist „Fürsorge“. Sie haben von der Daseinsfürsorge gesprochen und ich halte das Wort „Fürsorge“ genau für den zentralen Schlüssel,

 

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