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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 18.10.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 96 von 103

 

eigenen Regierungszeit nicht zusammengebracht. Punkt. Also wenn Sie hier kritisieren - ich nehme es Ihnen auch ab, dass Ihnen das ein Anliegen ist, das glaube ich Ihnen, selbstverständlich -, dann kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Türe und schauen Sie wirklich, dass Sie selber auch etwas zusammenbringen, bevor Sie mit dem Finger auf alle anderen zeigen! (Beifall bei der FPÖ und von GR Wolfgang Kieslich.) Sie haben auch - ich weiß nicht, ob Sie es waren oder eine andere Kollegin - Afghanistan angesprochen, die katastrophale Situation in Afghanistan. Ja, die ist katastrophal. Ich möchte jetzt nicht so salopp ausdrücken: Und wer ist schuld daran? Was ist dort passiert? - Die großartige westliche Wertegemeinschaft hat dort ein totales Chaos hinterlassen, ein totales Chaos hinterlassen! Nachdem die Amerikaner dort abgezogen sind, ist das durch das dort eingesetzte Regime innerhalb von Wochen kollabiert. Nachdem Afghanistan zuerst von den Russen drangsaliert wurde, wurde es dann von den Amerikanern besetzt, sage ich einmal. Der Westen hat geglaubt, dort groß Polizei spielen zu können - er hat versagt. Wer ist Leidtragender? - Natürlich die Leute vor Ort, aber es hat sich auch gezeigt, dass jetzt nicht die USA die Verantwortung für die Personen, die von dort flüchten, übernehmen, sondern: Wohin kommen die? - Nach Europa, insbesondere auch nach Österreich. Also auch das sollte man bei dieser Diskussion erwähnen.

 

Natürlich ist auch die Situation in der Ukraine heute wieder ein Thema gewesen, und da sind alle Parteien, außer meiner offensichtlich, einer Meinung. Ich glaube es nicht ganz bei manchen hier im Saal. Meine Damen und Herren, keiner von uns - ich habe das schon oft gesagt und ich sage es wieder, auch wenn es die Frau Kollegin Bakos offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen will -, keiner von uns rechtfertigt die Politik Russlands, keiner! Keiner unterstützt diese Position oder diese Aktionen. Ich meine, das glauben Sie doch selber nicht! Das glauben Sie hoffentlich selber nicht, dass wir das unterstützen. Ich bin aber zum wiederholten Male für Ehrlichkeit in der Diskussion. An der Eskalationsspirale dreht die westliche Welt sehr wohl fleißig mit, auch ein Präsident der Ukraine, der uns immer wieder sagt, was wir alles zu tun haben und was nicht alles geschehen soll. Und ja, die Russen sind offensichtlich so in die Enge getrieben, dass sie zu allem bereit sind. (GR Maximilian Krauss, MA: Wollen Sie den Atomkrieg?) Diese Feststellung rechtfertigt in keinster Weise, was die Russen dort machen. Noch einmal: Keiner rechtfertigt das, nur ist Ehrlichkeit angesagt.

 

Irgendwer hat von China gesprochen, ich glaube, Kollege Florianschütz war das: Wenn China dann Taiwan angreift, na, dann müssen wir auch Kante zeigen. - Was passiert denn in China schon die längste Zeit? Dort gibt es keine Völkerrechtsverbrechen bis jetzt? Und, haben wir Sanktionen gegen China? Wo sind sie, wenn Sie den Weltfrieden da so beschwören? Und wenn wir als westliche Welt der ganzen Welt aufoktroyieren wollen: Wir sind für den Weltfrieden, wir sind für das wahre System, alles andere ist abzulehnen! - Na, wo ist das? Wo war Ihre Reaktion bei Völkerrechtswidrigkeiten der USA? Wo ist Ihre Reaktion bei Völkerrechtswidrigkeiten der Türkei? Was machen die in Syrien? Ich habe es Ihnen auch schon gesagt, das vergessen Sie alles bei der Diskussion. Also wenn Sie Weltfrieden wollen, dann gescheit!

 

Noch einmal: Keiner rechtfertigt das Ganze, nur muss schon gelten: Wer A sagt, muss auch B sagen. Und, Herr Kollege, wenn Sie sagen, na ja, militärisch sind wir neutral, aber sonst können wir nicht neutral sein, dann geht das nicht. Das nimmt Ihnen kein Staat der Welt ab. Wer A sagt, muss auch B sagen, meine Damen und Herren. Wir sehen ja, die EU, nicht nur die NATO, sondern auch die EU hat sich jetzt dazu bereit erklärt, in den Krieg mehr oder weniger einzugreifen. Wenn wir ukrainische Soldaten auf dem Gebiet der EU ausbilden, dann sind wir Kriegspartei, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, dann sind wir Kriegspartei.

 

Und ich schaue mir an - ich weiß nicht, wer von Ihnen hat jemals eine Waffe in der Hand gehabt? Wenn man Freiheit so vor sich herträgt, und das tue ich auch, weil ich ein freiheitlicher Politiker bin, und mir ist das sehr ernst, auch der liberale Staat, also das ist mein politisches Selbstverständnis. Nur, wer Freiheit vor sich herträgt, der muss auch Verantwortung tragen. In einem Krieg kann man nicht sagen: Na ja, militärisch geht es uns nichts an, aber Sanktionen machen wir schon! - Herr Kollege, das funktioniert nicht, das wissen Sie genauso wie ich.

 

Wer von Ihnen hat jemals den Wehrdienst hier abgeleistet? (Einige Gemeinderäte heben die Hand.) - Na, eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, da der Kollege Reindl und dann wird es schon ziemlich düster. Ich auch im Übrigen, ja, weil ich ein Mensch bin, der glaubt: Freiheit ist auch Verantwortung, und Verantwortung muss in letzter Konsequenz auch bis zur Verteidigung mit der Waffe gehen. Sagen Sie das!

 

Meine Damen und Herren, die Eskalationsspirale treiben wir weiter. Natürlich ist Putin schuld an dieser Situation, keine Frage, und natürlich schüttet er jetzt Öl ins Feuer, und er hat sich offensichtlich so verschätzt, dass ihm eben jetzt nur noch übrig bleibt, mit Atomwaffen, ja, mit Atomwaffen zu rasseln. Na, glauben Sie, dass der das nicht macht? Glauben Sie das wirklich, wenn der in die Enge getrieben ist? Wollen Sie dafür verantwortlich sein, meine Damen und Herren? Ich nicht, ich sage es Ihnen so, wie es ist. (Beifall bei der FPÖ und von GR Wolfgang Kieslich.)

 

Die Sanktionen tun Russland natürlich weh, ja, auch das ist klar, die Sanktionen kommen schon an in Russland. Wir merken es jetzt eh auch schon, keine Frage, nur, uns schaden sie halt auch massiv. Die Frage ist, ob wir das durchstehen, durchstehen wollen und ob das eine Mehrheit findet. Wenn jetzt Kollege Florianschütz gesagt hat: Ja, und ein paar rechte Sektierer in Europa, die gibt es leider auch! - Herr Kollege, diese rechten Politiker sind politisch in Wahlen gewählt worden, die sind in freien Wahlen gewählt worden, in Italien oder Ungarn. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Schweden!) Man kann natürlich sagen, die sind alle nicht demokratisch, aber die sind demokratisch legitimiert. Die sehen

 

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