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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 106

 

Ich glaube, es ist uns allen sehr wichtig, dass wir die höchste Versorgungsqualität und -sicherheit haben wollen, und dass die Qualität Herstellen ein tagtäglicher Prozess ist. Qualität muss hergestellt werden, sichergestellt werden und weiterentwickelt werden. Wir erleben es tagtäglich, hier gibt es ganz, ganz große Herausforderungen. Und ich habe es schon öfter gesagt, wir GRÜNE haben es schon oft gesagt: Diesen Herausforderungen wird aus unserer Sicht viel zu wenig entgegengewirkt. Es wird viel zu wenig gemacht, um diese Herausforderungen zu bewältigen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

So orten wir, und das ist ja sehr besorgniserregend, große, große Mängel allerorts, beispielsweise bei den Arbeitsbedingungen. Ich erinnere an die vielen Gefährdungsanzeigen, die eindeutig Gefahr in Verzug bei der Behandlung und Betreuung von Kranken in den Spitälern zeigen. Über die Personalnot haben wir ja schon ganz oft hier diskutiert, auch darüber, dass das Personal ausgebrannt ist, dass wir viel zu viele gesperrte Betten haben, wo eigentlich PatientInnen drinnen liegen sollen. So ist es auch bei den gesperrten OP-Sälen. Wir haben eine steigende Zahl an Fluktuation, wir haben eine steigende Zahl an unbesetzten Facharztstellen. Wir haben eine steigende Zahl an geschlossenen Abteilungen, Gangbetten sind mittlerweile auch wieder ins öffentliche Bild gelangt - ich will gar nicht sagen, dass sie nicht früher auch da waren.

 

Also, sehr geehrte Damen und Herren, mit der Qualität und der Sicherheit in unseren Spitälern schaut es aktuell nicht so rosig aus. Da muss man wirklich mehr tun. Ich vermisse nach wie vor die konkreten Pläne, die unmittelbar und mittelfristig tatsächlich eine Entlastung bringen, eine Entlastung für das Personal, und die etwas sicherstellen, nämlich die Versorgung von Patientinnen und Patienten in Wien, und hier auch das Vertrauen in das öffentliche Gesundheitssystem. Das ist einfach etwas ganz, ganz Wichtiges, an dem wir alle arbeiten sollen, denn die Privatisierung, die Ökonomisierung der Gesundheitsversorgung geht voran, die schreitet voran, da warten viele darauf, in die Presche springen zu können, und ich glaube, das dürfen wir nicht zulassen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Insofern, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss dieses Prinzip des Löcherstopfens wirklich ein Ende haben. Das ist eine Maßnahme, die man in einer Notsituation machen kann, aber das Personal von einer Krisenabteilung zur nächsten zu verschieben, das geht sich einfach nicht mehr aus. Ich glaube, das sehen wir alle über die letzten Wochen, Monate, und man kann eigentlich schon sagen, Jahre. Natürlich ist die Situation komplex und nicht einfach zu lösen, aber es gibt viele Schritte, die man angehen kann. Und einer dieser Schritte ist beispielsweise - und ich bringe heute gemeinsam mit KollegInnen meiner Fraktion einen Antrag dazu ein -, den jungen angehenden MedizinerInnen eine Perspektive zu geben.

 

Und diese Perspektive schaut im ersten Schritt einmal so aus, dass sie im klinisch-praktischen Jahr eine angemessene, faire, eine gute Entlohnung für ihre Arbeit bekommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir fordern mindestens 1.100 EUR. Ich sage nicht, dass das schon viel ist, aber es ist ein erster wichtiger Schritt, um hier tatsächlich die jungen Studierenden, die die zukünftigen ÄrztInnen sind, mit einem positiven Signal in der Zukunft auch an die Spitäler zu binden. Das ist sicher nur ein Puzzlestein, da bin ich schon ganz auch Ihrer Meinung, aber es ist ein wichtiger Baustein.

 

Warum ist das so wichtig? Vielleicht wissen das viele von Ihnen nicht, das klinisch-praktische Jahr ist im 6. Studienjahr, also das ist schon das 11., 12. Semester. Die Studierenden sind fast fertig. Nach diesem Jahr beginnen die meisten einen Turnus oder eine Facharztausbildung. Die haben also schon ganz schön viel gelernt, wissen schon ganz schön viel und machen, und das ist auch gut so, im Spital für 48 Wochen dieses klinisch-praktische Jahr. Das ist eine gute Sache. Fakt ist aber auch, dass es nicht nur eine Ausbildung ist, eine Lernphase, sondern auch schon eine Arbeitsphase. Und diese Arbeitsphase, wenn man mit den Studierenden spricht, ist nicht überall gleich, das gebe ich schon zu, aber bei vielen ist es so, dass es eine ganz schön intensive Arbeitsphase ist und viele schon das Gefühl haben, dass sie so etwas wie SystemerhalterInnen sind, da - ich habe es schon angesprochen - die FachärztInnen fehlen und es den Studierenden im klinisch-praktischen Jahr ja auch schon erlaubt ist, ärztliche Tätigkeiten durchzuführen. Also sie leisten Arbeit, sie stützen das System, sie unterstützen nicht nur die KollegInnen, die schon in Fachausbildungen sind, und sie unterstützen nicht nur die TurnusärztInnen, sondern sie sind eigentlich eine ganz wichtige und wesentliche Säule.

 

Und was bekommen sie für diese Arbeit? Sie bekommen seit heuer 800 EUR. Für die einen mag das viel sein, aber wenn man die Steuern abzieht, dann sind das ungefähr 670 EUR. Und das ist bei jenen, die einen Vollzeitjob in der Klinik leisten, eigentlich ein Hohn, muss ich sagen. Es ist keinesfalls angemessen, es ist keinesfalls wertschätzend, es fühlt sich für viele an, dass sie ausgebeutet werden. Ich glaube, diese Situation können wir uns nicht leisten. Wir brauchen hier einfach mehr Wertschätzung und diese Wertschätzung muss sich auch monetär ausdrücken. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Lhptm Doskozil präferiert ja eher Zwangsmaßnahmen und meint, man kann die Abwanderung von MedizinerInnen ins Ausland damit stoppen, indem man sie einfach ans Spital verpflichtet. Ich glaube, es gibt elegantere Varianten, es gibt klügere Varianten, es gibt feinere Mittel, um die Bindung zu erreichen, nämlich die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, die Verbesserung der Wertschätzung. Man kann nicht immer nur davon reden, sondern man muss auch Taten setzen, und die Erhöhung der Aufwandsentschädigung für das klinisch-praktische Jahr wäre genau so eine Maßnahme. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Sie erlauben mir einen kleinen Sidestep, denn nicht nur der Rechnungshofbericht zur Prävention ist vor Kurzem erschienen, sondern gestern ist auch der Österreichische Krebsreport vorgestellt worden. Dieser Report hat zum einen Mut machende Befunde. Beispielsweise, dass man heute höhere Überlebenschancen hat und bessere Behandlungsmethoden in der Krebsbehandlung. Aber zum anderen gibt es auch sehr alarmierende Befunde. Und diese erfordern rasches und konsequentes Handeln.

 

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