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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 106

 

Zu diesen Befunden, die besorgniserregend sind, gehören eben - Kollegin Matiasek hat es gesagt - die Prävention. Wir müssen hier auf unsere Lebensstile mehr Acht geben. Wir brauchen da mehr Gesundheitskompetenz -, aber auch die Demographie. Und warum die Demographie? Wir werden älter. Das ist gut so. Aber die Wahrscheinlichkeit, im Alter an Krebs zu erkranken steigt natürlich. Und so ist die Prognose, dass bis 2040 doppelt so viele PatientInnen wie heute an Krebs erkrankt sind, und diese PatientInnen brauchen natürlich medizinische Untersuchungen. Es ist klar, das müssen nicht alles MedizinerInnen sein und das werden nicht alles MedizinerInnen sein. Das braucht es auch gar nicht. Aber was schon klar ist: Wir machen heute die Gesundheitsversorgung von morgen. Und auf diesen Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich einfach noch einmal ganz explizit hinweisen und hindrängen: Es sind die JungmedizinerInnen, es sind die Studierenden in Ausbildung, die uns in der Zukunft im Krankenbett betreuen werden, die uns in Zukunft, wenn wir schwer erkranken, Therapien verschreiben werden. Wir brauchen sie ganz, ganz dringend und wir können nicht am Ende anfangen, sondern wir müssen am Anfang anfangen, um das Personal an die Spitäler in Wien zu binden.

 

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, ersuche ich Sie wirklich ganz, ganz dringend, dass Sie diese Aufwandsentschädigung von derzeit 800 EUR auf mindestens 1.100 EUR erhöhen. Und ich möchte noch einen Aspekt hinzufügen, warum das wichtig ist, nicht nur die Bindung ans Spital, nicht nur die Wertschätzung und nicht nur die faire Entlohnung: Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten fast ein Jahr im Spital. Als Studierende können Sie vielleicht noch einen Nebenjob machen, aber in dieser Zeit geht das definitiv nicht. Vielleicht haben Sie was erspart, können mit der Unterstützung Ihrer Eltern rechnen, können bei der Oma gratis wohnen, aber bei vielen ist das nicht so der Fall. Ein Drittel der Studierenden muss selbst dafür sorgen, dass sie ein existenzsicherndes Einkommen schaffen. Das heißt, sie arbeiten neben dem Studium. Das gilt natürlich auch für Medizinstudierende. Dadurch entsteht tatsächlich eine ganz schön prekäre Situation, die wir auch ein bisschen entschärfen könnten, indem mehr Geld für das klinisch-praktische Jahr zur Verfügung steht. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich glaube, von Arbeit muss man leben können. Dieses Motto kann nicht nur generell, sondern muss auch für angehende MedizinerInnen gelten. Wie Sie wissen, die ÖH selbst sieht als ersten Schritt ebenfalls diese 1.100 EUR als angemessen, aber eben als ersten Schritt. Die Ärztekammer legt den Benchmark schon bei 1.700 EUR. Das ist die Richtung, wo es hingehen soll. Ja, es kann immer mehr werden, aber zumindest ein Einkommen, von dem man auch ein bissel leben kann, wäre wichtig. Und noch ein Punkt: Graz zahlt mittlerweile zumindest schon 900 EUR.

 

Ich weiß, wir haben im Dezember diese Aufwandsentschädigung von 650 auf 800 EUR erhöht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe das aber nicht als Erhöhung. Sondern das ist die Anpassung an die Inflation. Seit 2015, als diese 650 EUR eingeführt wurden, bis heute sind viele Jahre vergangen. Gerade angesichts der Teuerung ist sozusagen die Aufwandsentschädigung extrem gesunken. Dass hier nachgezogen wurde, ist gut, ist richtig, ist eine Inflationsanpassung, aber es ist keinesfalls eine Erhöhung, die es dringend braucht. Also bitte reden Sie sich jetzt nicht auf ein Wissenschaftsministerium aus, das hier Fakten setzen soll. Es gibt kein Verbot und auch kein Gebot, dass nur so viel Aufwandsentschädigung zu leisten wäre, nein, es liegt ganz alleine in der Hand der rot-pinken Stadtregierung, hier ein angemessenes, faires Entgelt zu schaffen. Bitte tun Sie das und stimmen Sie unserem Antrag zu. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Dr. Gorlitzer. Ich erteile es Ihm.

 

15.20.13

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Wir werden diesem Poststück zustimmen, es geht ja um die Qualität und die Sicherheit im Gesundheitswesen. Das ist auch sehr wichtig, denn bei der Qualität hängt auch vieles mit der Ausbildung zusammen. Eine gute Ausbildung bedeutet auch eine hohe Qualität im medizinischen System.

 

Die Überprüfung und Genehmigung von Facharztausbildungsstellen obliegt ab 1. Jänner 2023 den Ländern, und wir haben uns einmal angesehen, wie es im Moment so ausschaut in Wien. Wir haben am 5.12.2022 eine Anfragebeantwortung bekommen und da stehen dann ganz erstaunliche Zahlen, was 2021 bezüglich Ausbildungsstellen im Wiener Gesundheitsverbund los ist: Es gibt 1.032 Ausbildungsstellen im Wiener Gesundheitsverbund und von denen sind insgesamt 185 nicht besetzt. Das ist ganz erstaunlich, immerhin sind 18 Prozent der Ausbildungsstellen in Wien nicht besetzt. Nur bei 4 Stellen von 25 gibt es eine Vollbesetzung, das entspricht nicht einmal 20 Prozent aller Fächer, die mit ihren Ausbildungsstellen voll besetzt sind. Besonders prekär ist die Situation bei den sogenannten Mangelfächern. Unbesetzte Stellen: in der Labormedizin fast 34 Prozent, in der Radiologie fast 27 Prozent, erstaunlicherweise in der Allgemeinchirurgie fast 25 Prozent, Anästhesie 20 Prozent, Augenheilkunde fast 18 Prozent und in der Kinderpsychiatrie - gut, das ist ein Dauerthema - auch fast 18 Prozent.

 

Allein daran erkennt man, dass hier langsam ein Versorgungsproblem entsteht. Wir sehen das ja jetzt schon bei der Klinik Ottakring, wo Leistungen ausgelagert und teuer zugekauft werden müssen, mit bis zu 300 EUR pro Stunde, um Röntgenbilder zu beurteilen. Das ist schon symptomatisch für einen dauernden Abwärtstrend in der Wiener Gesundheitspolitik. Und die Auswirkungen davon lesen wir mittlerweile fast täglich in der Zeitung: Durch Abgänge wie Pensionierungen, aber auch Kündigungen kommt es zu einem absoluten Personalmangel in Wien, schon seit Monaten. Zum Beispiel haben 17 KollegInnen innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Ausbildung den Wiener Gesundheitsverbund verlassen. Und in den nächsten Jahren wird sich die Situation noch deutlich verschärfen, durch die Pensionierungswelle der sogenannten Babyboomer, die in den nächsten fünf bis zehn Jahren

 

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