Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.01.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 99 von 106
glaube, das Wiener Publikum ist ein extrem gutes Theaterpublikum. Das Wiener Publikum liebt einfach seine Schauspieler. Wir haben viele großartige Schauspieler. Die sollten wieder den Platz auf der Bühne haben und nicht ein Regietheater, das das praktisch nicht nur niederbügelt, sondern einem Schauspieler auch überhaupt keinen Raum mehr zur eigenen Entfaltung lässt.
Das Volkstheater hat eine wunderbare und gute Tradition in dieser Hinsicht, und das sollte wiederbelebt sein. Das ist unser großer Wunsch. Dann werden wir einer Förderung für dieses Theater auch sehr gerne wieder zustimmen. (Beifall bei der FPÖ und von GR Peter L. Eppinger.)
„Nicht geeignet“ lässt mich hier noch einen kleinen Anhang sagen, bei dem es nicht unmittelbar ums Volkstheater geht, aber wo etwas im Raum steht, was ein bisschen ähnlich ist, nämlich das Gerücht - das sage ich jetzt einmal, wir wissen es noch nicht sicher -, dass Matthias Lilienthal, der in München die Kammerspiele - man muss es sagen - verlassen musste, weil er das Publikum dort wirklich vergrault hat, die Wiener Festwochen übernehmen soll. Dann haben wir hier sozusagen ein weiteres Problem. Dessen künstlerische Leistung will ich überhaupt gar nicht bewerten. Er ist für Wien nur völlig ungeeignet. Wenn sein einziger oder sein größter Anspruch ist, die „bürgerliche Kunstkacke zu entsorgen“, wie er das in München wollte - dort hat er es aber auch erlebt, das ist ein bisschen ein vergleichbares Publikum, vor allem das der Münchner Kammerspiele -, dann kann das nur eine Drohung sein. Wir würden uns sehr, sehr wünschen, dass es hier eine andere Entscheidung gibt, weil ich nicht glaube, dass das gut für Wien ist.
Wie gesagt: Unser großer Anspruch ist, nach dieser krisenhaften Situation, die durch die vielen Sperrtage, und so weiter natürlich geherrscht hat, Wiener Theater wieder ... Es ist schwer, das ist auch keine Frage, aber ich glaube, es ist gar nicht so schwer, das Wiener Publikum mit einem guten Stück und mit hervorragenden Schauspielern, die wir eben haben, zu begeistern.
In diesem Sinne sagen wir jetzt einmal Nein zu dieser Förderung und hoffen sehr, dass wir dem auch wieder aus vollem Herzen zustimmen können. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Eppinger. Ich erteile es ihm.
GR Peter L. Eppinger (ÖVP): Im Prinzip könnte man jetzt eine ganze kurze Rede halten. (Beifall von GR Mag. Thomas Reindl und GR Markus Ornig, MBA. - GR Barbara Novak, MA: Bitte!) Freut euch nicht zu früh, denn was das Volkstheater und seine Führung in den letzten Jahren aufführt, braucht eine längere Erzählung.
Ich grüße euch, ihr drei hier oben auf der Tribüne. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Samel! Frau Vorsitzende! Gerhard, Ursula, Herr Weber, Frau Matiasek, Herr Berger!
Frau Matiasek hat das sehr schön und sehr vornehm gesagt, weil sie eine sehr liebe und respektvolle Frau ist. So erlebe ich sie auch im Kulturausschuss. Ihr werdet jetzt gleich staunen. Ich weiß nicht, ob ihr wisst, was im Volkstheater alles passiert, aber ihr werdet vor lauter Kopfschütteln gleich ein Schleudertrauma kriegen. Das hat mit Experimenten nichts mehr zu tun. Das haben Sie sehr vornehm ausgedrückt, aber ich glaube einmal, jeder hier im Saal kennt das Dschungelcamp, die RTL-Ekel-Show, auch wenn Sie es nicht gesehen haben. Wenn man sich jetzt daneben das Volkstheater ansieht, dann fragt man sich: Was ist aus dem einstigen Erfolgstheater geworden? Das ist kein Erfolgstheater mehr. Ich möchte noch nicht von einem Misserfolgstheater sprechen, aber von einem Erfolg ist man weit entfernt.
Die Geschichte, die ich Ihnen oder euch, liebe Wienerinnen und Wiener, jetzt erzähle, ist mit Zahlen, Daten und Fakten über Jahre hinweg belegbar. Das hat nichts mehr mit einer Emotion, einem persönlichen Gefühl oder einer Empfindung, wie Sie gesagt haben, zu tun. „Tiefenbohrung“, „Der Würgeengel“, „Nackt & mutiert“ - klingt wie die Dschungelprüfung von RTL, oder? Es steht aber auf dem Spielplan des Volkstheaters. Was lesen wir hier noch? „Erniedrigte und Beleidigte“. „Alle A...löcher abschlachten“, „Du arme ... Drecksmetzger“. Der Würde dieses Hauses geschuldet bitte ich Sie, wenn Sie sich dafür interessieren, liebe Wienerinnen und Wiener, einfach den Spielplan selbst anzuschauen. Ich habe nicht alles genau ausgesprochen.
Das kann man jetzt natürlich belächeln. Da kann man sagen: Geh bitte, die Kunst darf alles. Ja, klar, darf sie, selbstverständlich. (GR Jörg Neumayer, MA: Aber?) Nichts aber, gar nichts aber, ganz bewusst. Danke für den Zwischenruf, Herr Neumayer. Lieber Jörg, danke für den Zwischenruf. Gar nichts aber, gar nichts aber. Es steht der künstlerischen Leitung natürlich frei, zu spielen, was auch immer jeder und jede wollen. Das muss hier im Raum niemandem gefallen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Aber ob es jemanden interessiert?)
Das Volkstheater zählt jedoch zu den Großbühnen der Stadt, die nach den Vereinigten Bühnen mit 50 Millionen EUR die meisten Fördergelder erhalten, im Jahr fast 10 Millionen EUR, 24 Millionen EUR für die Sanierung von Bund und Stadt. Da darfst du, da musst du dir Kritik gefallen lassen. Zitat: „So kann und darf es für diese wichtige Wiener Theaterinstitution nicht weitergehen.“ Richtig.
Als sich der Eigendeckungsgrad mit 18,6 Prozent - Zitat - „wohl auf einem Tiefpunkt“ befindet, sagt genau diesen richtigen Satz - ich wiederhole ihn noch einmal: „So kann und darf es für diese wichtige Wiener Theaterinstitution nicht weitergehen“ - der sehr geschätzte Herr Weber von den NEOS, im März 2019.
Um die Wienerinnen und Wiener und euch vielleicht mit auf den Weg zu nehmen - ihr beschäftigt euch wahrscheinlich nicht jeden Tag mit dem Volkstheater und mit Förderungen und mit Eigendeckungsgrad -: Zu wie viel Prozent kann man seine Kosten selbst decken und seine Einnahmen selbst stemmen? Das misst man am Eigendeckungsgrad. Im Corona-Jahr 2020, im Pandemiejahr selbst, also wohlwissend, wie schwierig das für die Art der Branche ist - auch das wissen wir, es ist schwierig, selbstverständlich, da gibt es hier nichts schönzureden -, hat sich das Volkstheater für die kommenden Jahre selbst einen Eigendeckungsgrad von 12 Prozent zum Ziel gesetzt. Bei 18,6 Prozent haben Sie bereits gesagt: „wohl auf einem Tiefstand“. Wie viel haben die zuletzt erreicht? 12
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