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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 27.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 37

 

kann. Das ist Ihre politische Verantwortung. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Ein Beiwagerl ist übrigens ein umgangssprachliches Wort für einen Unterrichtspraktikanten, früher Probelehrer. Das ist ein Lehrer, der unter Aufsicht eines Betreuungslehrers zur Seite gestellt wurde, der zum ersten Mal unterrichtet. Man darf sich das so vorstellen: Ein junger, engagierter Lehrer mit neuen, frischen Ideen kommt in diese Schule, um das Unterrichtspraktikum zu absolvieren. Dieser Praktikant bekommt einen Betreuungslehrer an die Seite gestellt, nennen wir ihn Herrn Ludwig, den er sich nicht aussuchen kann, der seine 20 Jahre alten grauen Overhead-Folien auf dem grauen Overhead-Projektor wirft. Herr Wiederkehr, genau dieses Beiwagerl sind Sie. Sie sind das pinke Beiwagerl der SPÖ, die Sie vielleicht manchmal daneben stehen lässt und bei unangenehmen Dingen vorschickt, bestimmen dürfen Sie aber, so scheint es, nichts. Da können Sie noch so innovative Ideen haben, besser wird Wien eben nimmer, und schon gar nicht mit einem Unterrichtspraktikanten mit pinkem Leiberl. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Herr Wiederkehr, wir haben viel Hoffnung in Sie gesetzt. Das haben wir wirklich, aber heute müssen wir Ihnen klar sagen, wir haben uns komplett getäuscht. Warum? Erstes Jahr, die Reform der LehrerInnenzuteilung in Wien: Sie haben eine Reform zwei Wochen vor Schulschluss über die Köpfe aller Beteiligten hinweg präsentiert, Eltern waren verwirrt, die Kinder hatten Angst, die DirektorInnen haben sich nicht ausgekannt. Statt dass Sie ExpertInnen an einen Tisch holen, haben Sie überhaupt keine Sensibilität für das System Schule gezeigt. Sie haben gesagt: Nun wird es gleich viele Gewinner wie Verlierer geben. Mehr war es nicht. Wir dachten damals: ziemlich ungeschickt, ziemlich praxisfern, ohne Gespür für die Schule, aber vielleicht lernt man ja dazu. Diese Illusion haben wir sehr rasch aufgegeben.

 

Zustände bei der MA 35: Auch wenn vorhin präsentiert wurde, welche Reform eingeleitet wurde - ganz ehrlich, bitte lesen Sie den „Standard“, wenn Sie uns nicht glauben. Für Staatsbürgerschaftsanträge wartet man derzeit sage und schreibe 350 Tage auf einen Ersttermin. SOS Mitmensch lässt kein gutes Haar an Ihrer Behörde, und Sie stellen sich immer raus, als hätte Ihre Reform irgendeine sichtbare Verbesserung gebracht. Es ist die zweite Reform, mit der Sie schon gescheitert sind, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Weiter geht es mit Missbrauchsvorwürfen in Kindergärten und Schulen. Gestern haben Sie noch gesagt: „Ich bin der Krisenmanager in dieser Regierung.“ Herr Wiederkehr, das Einzige, was in diesem Satz stimmt, ist das Wort Krise. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Leider können Sie keine Krise richtig managen, so kommt uns das zumindest vor. Im Falle der Missbrauchsvorwürfe haben wir von Anfang an immer noch eine gescheiterte Kommunikation mit den Eltern. Diese E-Mails haben wir, wir haben mit den Eltern auch telefoniert, nicht nur wir, auch die ÖVP hat gute Kontakte zu den Eltern, soviel ich weiß. Die Eltern wurden von Ihnen im Regen stehen gelassen und sie haben gesagt, dass Sie von Anfang an für sie nicht da waren. Wir haben damals auch gesagt, dass das kein Thema für politisches Kleingeld ist, aber Ihren Umgang in dieser Frage mit dieser Sache kann man Ihnen nicht durchgehen lassen. Da nehmen wir zur Kenntnis: Ihr Krisenmanagement bezog sich auf den Austausch der Leiterin der MA 10, aber mehr war es nicht. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Die Zustände in der Bildungsdirektion, Probleme mit den Dienstverträgen, Probleme mit dem Anrechnen von Vordienstzeiten, mit Gehältern: Gut, das ist auch nicht alles nur in Ihrem Verantwortungsbereich, aber schon in Ihrem Verantwortungsbereich ist, dass 250 LehrerInnen an 200 Schulen ihre Zuteilungen nicht rechtzeitig bekommen haben, nicht arbeiten konnten. Sie sagten noch im Herbst, keine Klasse steht ohne Lehrer da. (GR Markus Ornig, MBA: Das stimmt auch!) Da haben Sie sich getäuscht, im besten Fall haben Sie sich getäuscht. Im Dezember letzten Jahres ist rausgekommen, dass 25 Volksschulklassen keinen fixen Lehrer, keine fixe Lehrerin haben. Dann erfahren wir noch, dass SPÖ und NEOS Personal aus den Mehrstufenklassen von anderen Standorten abziehen, um den Mangel zu beheben. Diese jahrelangen Errungenschaften reformpädagogischer Natur sind mit den NEOS zurückgefahren. Das muss man sich einmal vorstellen!

 

Zuletzt der Fördermittelmissbrauch in einem der größeren Wiener Kindergärten, in einem Verein, über den es schon länger Beschwerden von MitarbeiterInnen an die MA 10 gab. Auch Ihre Klubvorsitzende, Kollegin Emmerling, hat vor zwei Jahren schon Bedenken angemerkt, damals der Förderung nicht zugestimmt, zu Recht Bedenken angemerkt. Mittlerweile hat sich das komplett geändert. Warum haben Sie nicht irgendeine Art von Initiative gezeigt, den Zweifel über diesen Verein auszuräumen, den Ihre Klubvorsitzende zu Recht hatte? Warum? Wer hindert Sie denn eigentlich daran, für das einzustehen, woran Sie zuvor noch geglaubt haben? Ich frage mich das wirklich. (GR Markus Ornig, MBA: Warum haben Sie vor zwei Jahren zugestimmt eigentlich?)

 

Ich könnte jetzt noch etliche Punkte aufzählen, was in Ihrem Ressort alles nicht funktioniert. Schlusslicht in der Inklusion in Wien im 11., 12. Schuljahr, der LehrerInnenmangel, der immer schlimmer wird, wo Ihnen auch die Ideen ausgehen, die DirektorInnen wegbrechen. Auch das ist ein aktuelles Thema, und, und, und. Herr Bildungsstadtrat, Sie haben wirklich, wirklich viele Baustellen von der SPÖ geerbt, doch Sie machen als Baumeister überhaupt keine gute Figur. Vielleicht sind es die zubetonierten Wege der SPÖ, die das Problem sind, aber auf zubetonierten Wegen lässt sich wirklich kein Beiwagerl eigenständig lenken. Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Zierfuß, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

11.09.48

GR Harald Zierfuß (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Mitglieder der Stadtregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich gehe vielleicht zu Beginn, selbst wenn Sie nach Ihrer Verteidigungsrede aus dem Saal rausgegangen ist - ich verstehe es, nach der Rede -, auf einiges ein, was Frau Klubobfrau Emmerling der NEOS gesagt hat, denn

 

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