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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.02.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 64

 

Nahen Osten, einem durchaus nicht sehr friedlichen Gebiet, gesagt, dass er schon viel an Zerstörung gesehen hat, dass er aber ein solches Maß an Zerstörung noch nie gesehen hat.

 

Meine Damen und Herren! Gedanken und Gebete helfen, was aber auch hilft, sind Geld und Manpower, und beides hat Österreich sofort bereitgestellt, und zwar 3 Millionen EUR aus dem Auslandskatastrophenfonds. Außerdem wurde eine Einheit des Österreichischen Bundesheeres entsendet, die bereits am Tag nach der Katastrophe vor Ort war, um zu helfen.

 

Aber nicht nur Österreich, sondern ganz, ganz viele Staaten der Welt haben, unabhängig von ihren bilateralen Beziehungen zur Türkei, geholfen, und ich meine, dass es ein schönes Zeichen ist, dass trotz bilateraler Konflikte auf politischer Ebene auf einer menschlichen Ebene zwischenstaatlich geholfen werden kann. An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass es uns Österreicher mit Stolz erfüllen sollte, dass unser Land moralisch und monetär Möglichkeiten hat zu helfen und das auch getan hat. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist aber auch zivilgesellschaftlich in guter Manier viel in Österreich geschehen über die großen Hilfsorganisationen, wie die Caritas, Nachbar in Not, aber auch über private Hilfsinitiativen. Wir im 22. Bezirk unterstützen beispielsweise einen türkischstämmigen Unternehmer, der privat eine Initiative gestartet hat. Und es ist eine Selbstverständlichkeit für uns, das auch als Privatpersonen und nicht nur als politische Akteure zu tun. Insgesamt unterstützen wir natürlich die Hilfsleistungen der Stadt Wien und stehen zu 100 Prozent dahinter.

 

Ich möchte aber dennoch auch ein paar politische Aussagen treffen, und da schließe ich an die Kollegin Aslan an. Ich kenne natürlich nur die Berichterstattung in Österreich und in internationalen Medien, ich habe natürlich nicht den Einblick in türkische Medien. Es wird aber auch in den internationalen Medien davon gesprochen, dass es eben nicht nur die Naturgewalt war, die zu diesem Ausmaß der Katastrophe geführt hat, sondern auch ein politisches Versagen, nämlich dass nicht für den Fall eines weiteren Erdbebens vorgebaut wurde und dass zweitens aber auch die geltenden Bauregelungen nicht eingehalten und kontrolliert wurden. Ein solches Versagen ist im syrischen Rebellengebiet nicht überraschend, denn das ist kein funktionierender Staat. Die Türkei ist jedoch ein funktionierender Staat, und deswegen wäre zu erwarten gewesen, dass man dort besser mit einer solchen Katastrophe umgehen kann.

 

Ich möchte eine türkischstämmige Freundin von mir zitieren, mit der ich geredet habe. Sie hat Gott sei Dank niemanden in diesem Gebiet verloren, sie hat mir aber erzählt, dass sie zu ihrem Mann gesagt hat: „Siehst du, er kann Waffen bauen, aber für die Menschen ist er nicht da.“ - Frau Kollegin Aslan! Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen: Das ist keine gute Politik. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)

 

Jetzt komme ich auf die Anträge der Grünen zu sprechen. Sie haben das Wort Globalisierung angesprochen. - Ich denke, es greift jetzt offenbar ein Fehlglaube Platz, nämlich dass Migration sämtliche Probleme dieser Welt löst. Das ist aber nicht korrekt, wobei ich, wohlgemerkt, nicht von Asyl nach der GFK spreche, sondern von Migration. Warum? - Erstens, weil durch diese Visaliberalisierung eine Selektion getroffen werden würde, dass nämlich nur jenen Menschen geholfen wird, die familiäre Bindungen nach Österreich haben. Zweitens hat Karim El-Gawhary berichtet, dass jeder, der weggehen konnte, weil er Familie irgendwo anders in der Türkei hat, bereits weg ist. Das heißt, es wäre nicht sinnvoll, eine Visaliberalisierung für Menschen zu machen, die ohnehin schon irgendwo anders untergekommen sind.

 

Und drittens denke ich, dass der Benefit der Globalisierung eben nicht darin liegt, Menschen von A nach B zu bringen, sondern Fortschritt von A nach B zu bringen. Best-Practice-Beispiele im Sinn von Good Governance sind in diesem Fall besonders wichtig. Es geht um Technologien für den erdbebensicheren Bau beziehungsweise um Hilfe beim Aufbau. Das sind doch die Benefits, die die Globalisierung und das Zusammenwachsen der Welt bringen, anstatt Menschen von einem Ort zum anderen zu transportieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aus diesen Gründen ist uns die Hilfe vor Ort so enorm wichtig, weil es ja darum geht, dort eine lebenswerte Umgebung zu schaffen, wo Menschen ihr Zuhause haben. Es geht darum, dass sie in ihrem Zuhause bleiben beziehungsweise dieses neu und besser aufbauen können. Ich glaube, hinter diesem Ziel, neu und besser aufzubauen, stehen wir in Österreich zu 100 Prozent. Das unterstützen wir sehr gerne.

 

Etwas möchte ich noch in Richtung FPÖ sage: Ich glaube, wir alle haben den Tweet von Herrn Landbauer gelesen. Wir alle wissen, dass er sehr wohl diese zynische Aussage getroffen hat, dass wir das Geld lieber in Österreich behalten sollen, als zu spenden. Ich glaube, ein derartiger Zynismus und Populismus ist vielleicht in der österreichischen Innenpolitik salonfähig. Es wäre aber wünschenswert, dass Sie so etwas der österreichischen Außenpolitik ersparen, denn da geht es um den Außenauftritt Österreichs, und da sind dieser Zynismus und Populismus fehl an Platz. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Öztas. Ich erteile es ihm.

 

12.59.35

GR Ömer Öztas (GRÜNE)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich habe vorhin sehr damit gehadert, ob ich überhaupt reden möchte, weil mich das Thema sehr betrifft. Es zerfrisst mich, um ehrlich zu sein, innerlich, hier vorne zu stehen und über das Thema zu reden.

 

Das Erdbeben in der Türkei und Syrien vor wenigen Wochen hat uns alle tief erschüttert. In den Morgenstunden des 6. Februar erfuhr ich wie viele andere, dass das Gebiet mitten in der Nacht von einem Erdbeben getroffen wurde. Es war bekannt, dass die Türkei und Syrien ein Erdbebengebiet ist. Viele Menschen dachten sich also nichts dabei. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, die Meldung: 200 Tote, nach einigen Stunden waren es 500 und am nächsten Tag 2.000. Mittlerweile haben wir über 50.000 Tote und über 100.000 Verletzte und noch immer sind Tausende unter den Trümmern, und die Hoffnung der Angehörigen, sie überlebend zu bergen, wird mit jedem

 

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