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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 110

 

ser Studie mitverfolgt, die publiziert wurde. Was ich vielleicht nicht mitverfolgen konnte oder einfach nicht stattgefunden hat, ist die Einbindung kritischer Stimmen. Gab es für Ärzte, die Pubertätsblockern, Hormonbehandlungen oder generell affirmativen Behandlungsansätzen gegenüber kritisch sind, irgendwann einmal die Möglichkeit, diese Leute zu Wort kommen zu lassen? Irgendwann einmal? (VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Das ist nicht das Thema, es geht um ein Queeres Jugendzentrum! - GRin Bettina Emmerling, MSc: Darum geht es dort ja nicht!) - Darauf komme ich danach. Ja, das glaube ich so nicht.

 

Gab es jemals auch pauschal gesehen für die ganzen LGBTIQ-Förderungen, die Sie machen, oder sagen wir, Transförderungen, die jetzt im Zentrum stehen, Ihrerseits die Einladung an kritische Ärzte, zu Wort zu kommen und ihre Meinung zu sagen? Ich habe davon nichts mitbekommen. Gab es jemals Ihrerseits die Einladung an kritische Kinder- und Jugendpsychologen, diese Menschen zu Wort kommen zu lassen? Da steht seitens kritischer Kinder- und Jugendpsychologen dieser Vorwurf immer wieder im Raum, dass sie ein bisschen dazu gedrängt werden, einen Jugendlichen, der mit der Selbstdiagnose kommt, er hat Geschlechtsdysphorie oder fühlt sich im falschen Körper, unterstützend und bestätigend zu behandeln und nicht kritisch zu hinterfragen, ob das tatsächlich so ist. Haben Sie jemals diesem Fachpersonal die Möglichkeit gegeben, Ihnen gegenüber ihre Meinung und ihre Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen? Ich glaube nicht. Haben Sie jemals Jugendforscher befragt, ob vielleicht die These stimmen könnte, dass Trans in einem gewissen Ausmaß ein Jugendtrend ist, der vielleicht durch die Pubertät beschleunigt wurde, der vielleicht durch Influencer, durch YouTube-Videos, durch TikTok beschleunigt wird, der vielleicht Kinder und Jugendliche betrifft, die eigentlich dahinterliegende Probleme haben, Herausforderungen haben, in der Pubertät stecken und in dieser Zeit der Unsicherheit dann sich die YouTube-Videos anschauen, coole Influencer auf TikTok sehen und sich auf einmal denken, gehöre ich auch dazu, bekomme ich ein bisschen Aufmerksamkeit, und damit in etwas hineingeraten, was eigentlich gar nicht ihrer Identität entspricht?

 

Ich halte es also für äußerst sinnvoll, dass Sie sich nicht nur in den Prozess des Jugendzentrums, sondern generell bei diesen sehr, sehr häufigen, unseres Erachtens überschießenden Förderungen im Bereich Kinder und Jugendliche mit einer Transidentität auch einmal kritische Stimmen anhören und dann vielleicht die eigene Haltung und die eigene Förderintensität noch einmal überdenken. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ein zweites Stichwort, das ich gehört habe, ist Raum für Vielfalt. Das wundert mich tatsächlich. Ich habe mir die Seite der Wiener Jugendzentren angesehen und dort steht: Die Angebote stehen den Zielgruppen zur Verfügung, unabhängig von Weltanschauung, Nationalität, Geschlecht, sexueller Orientierung, Kultur, wirtschaftlichen Möglichkeiten. Das klingt für mich nach Vielfalt. Vielfalt klingt für mich danach, dass wir nicht ein Jugendzentrum für Jugendlichen mit türkischem Hintergrund, nicht für Jugendliche mit christlichem Hintergrund und nicht für Jugendliche, die homosexuell sind, machen. Vielfalt bedeutet, dass Menschen, egal von ihrer Identität und von ihrer Hautfarbe und Religion und was auch immer man da hineinpackt, lernen, friedlich miteinander zu leben. Deswegen halte ich den Ansatz, dass man sämtliche Jugendliche, wie es hier in der Selbstdefinition der Wiener Jugendzentren steht, zusammen an einen Ort packt und dort mit ihnen arbeitet, für deutlich inklusiver und vielfältiger, als für Transjugendliche eine Segregation herbeizuführen (GR Thomas Weber: Das IHS kommt in seiner Studie zu einem anderen Ergebnis!) und ihnen dadurch in Wahrheit auch die Möglichkeit nimmt, sich selbst in einer Mehrheitsgesellschaft zu bewähren und auch die Mehrheitsgesellschaft lernt, mit Jugendlichen mit einer Transidentität umzugehen. Das hielten wir für einen sinnvolleren Umgang. (Beifall bei der ÖVP. - GR Thomas Weber: Und das IHS sieht das anders!)

 

Ich möchte noch ein bisschen über dieses Thema Influencer und Jugendtrend sprechen. Mich hat letztens eine Mutter angerufen, die bei einem Elternabend bei einem von hier geförderten Verein war und mir erzählt hat, ihre Tochter hat während der Pandemie mit damals 13 begonnen, sich als Bub zu fühlen, wollte auch als Bub angesprochen werden. Sie hat das sehr, sehr lange akzeptiert, hat versucht, sich einzulesen, ist eben zu diesem Elternabend gegangen. Bei dem Elternabend wurde ausschließlich bestärkend agiert und es wurde - Frau Kollegin Emmerling, ich komme zurück - eben auch die Möglichkeit eröffnet: Ja, es gibt Pubertätsblocker. Diese Beratung ist also nicht nur die unterstützende, affirmative Beratung, sondern auch die Beratung, dass es Pubertätsblocker gibt. Die sogenannte Stopptaste findet statt, die findet jetzt schon statt. Deswegen haben wir die realistische Befürchtung, dass es auch in diesem Jugendzentrum stattfinden wird.

 

Aber gut, zurück zu unserer Mutter: Die Mutter war dort, sie hat sich beraten lassen, sie hat sich wahnsinnig schwer getan, mit der Situation umzugehen. Sie hat mir erzählt, ihre Tochter hat eine körperliche Behinderung, sie glaubt, dass das der Grund ist, warum sie mit ihrer Weiblichkeit Probleme hat. In der Pandemie ist ihrer Tochter, so wie alle anderen, im Internet gehangen, sie hat sich Influencer- und YouTube-Videos angeschaut. Jetzt ist das Mädchen 16 und möchte sich die Brüste amputieren lassen.

 

Was ich damit sagen möchte oder warum ich diese Geschichte erzähle, ist, dass hier im schlimmsten Fall irreversible Fakten geschaffen werden. Die werden geschaffen, wenn über die Einnahme von Pubertätsblockern und Hormontherapien beraten wird, die werden geschaffen, wenn ein dahinterliegendes psychologisches Problem oder auch nur eine pubertäre Identitätsfindungsherausforderung nicht ernst genommen wird. Die werden geschaffen, wenn das tatsächliche Bedürfnis des Jugendlichen, der vielleicht einfach nur Aufmerksamkeit möchte, nicht ernst genommen wird, sondern pauschal gesagt wird: Aha, du fühlst dich im anderen Geschlecht? Da hast du die Zuckerl.

 

Das ist falsch, und ich glaube nicht, dass Sie diesen falschen Ansatz wollen, aber ich glaube, dass gut gemeint

 

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