Gemeinderat, 40. Sitzung vom 27.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 97 von 115
städtischen Krankenhäusern Rückgänge der Beschäftigten zu verzeichnen sind, das ist auch eine Tatsache - und, Frau Kollegin Huemer, wir werden Ihren Anträgen zustimmen, abgesehen von jenem betreffend die Vier -Tage-Woche, denn, ich meine, ich kann mir eine Vier-Tage-Woche im Bereich Pflege durchaus vorstellen, aber gerade in der Situation, in der wir jetzt sind - wir haben so einen Mangel im Pflegebereich -, können wir uns das nicht leisten. Arbeitszeitverkürzung, ich gebe Ihnen recht, ist durchaus ein Zukunftsmodell, aber es derzeit zu beschließen und auch umzusetzen, wäre, das muss ich ganz offen sagen, eigentlich völlig unmöglich.
All das sind Indikatoren, so wie ich gerade erwähnt habe, für eine mehr als - wie würde ich sagen - herausfordernde Situation in den Wiener Spitälern und Pflegeheimen. Man hat es ja auch im Bericht des Patientenanwaltes gehört: Da ist die Rede von eingeschränkten Leistungskapazitäten, Bettensperren, Stationssperren. Als Grund wird jeweils - und so ist es auch - ein Personalengpass angegeben. Und ja, natürlich ist dieses Problem offensichtlich, und ja, natürlich gibt es dieses Problem nicht nur in Wien, aber die Wiener Spitalslandschaft, meine Damen und Herren, vor allem auch mit dem AKH, spielt einfach eine zentrale Rolle im österreichischen Gesundheitssystem. (Beifall bei der ÖVP.)
Deshalb muss alles getan werden, um diesen Entwicklungen entgegenzusteuern. Und da muss man an verschiedenen Hebeln ansetzen und durchaus Grundsatzdiskussionen führen. Wir müssen die Finanzierung aus einer Hand angehen - ich weiß, das geht nicht von einem Tag auf den anderen, aber wir müssen endlich einmal damit beginnen. Es wird seit vielen Jahren darüber geredet, aber es wird letztendlich dann nichts gemacht. Wir brauchen das! Dabei muss ganz oben angesetzt werden, aber die Vereinfachung der so komplexen Finanzierungsströme ist mehr als dringend notwendig, denn jeder, der sich damit wirklich beschäftigt, weiß, wie viel Geld in den Finanzierungsströmen versickert und nicht dort ankommt, wo es eigentlich ankommen sollte. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir müssen natürlich die Primärversorgungszentren umsetzen. Herr Kollege Gara ist sehr optimistisch, wenn er glaubt, dass wir die 36 im nächsten Jahr haben. Ich hoffe es, aber da muss jetzt schon sehr angetaucht werden, denn bis jetzt haben wir 11 und wir haben bereits das Jahr 2023 - und im nächsten Jahr sollten es 36 sein. Wobei es jetzt etwas leichter ist, weil die Bundesregierung diesbezüglich wichtige Maßnahmen gesetzt hat, insbesondere auch, was das schnellere Tempo betrifft. Dass das Vetorecht der Ärztekammer nach einem halben Jahr endet, wird das hoffentlich beschleunigen, aber trotzdem: Wenn man davon ausgeht, dass man jetzt noch 25 Primärversorgungszentren bauen soll, die dann fertig sein sollen - die man nicht nur geplant haben soll, sondern die fertig sein sollen -, dann ist das an sich eine gute Sache, wenn es tatsächlich gelingt.
Und warum sind diese Primärversorgungszentren so wichtig? - Weil sie natürlich die Spitäler entlasten und eine Stärkung der niedergelassenen und wohnortnahen Versorgung bedeuten. Und da braucht es, Herr Stadtrat - und da würde ich wirklich von Ihnen auch jede Unterstützung erwarten -, noch viel mehr Druck, um zu einer raschen Umsetzung zu kommen.
Was auch schon gesagt wurde - ich glaube, von Kollegen Seidl -: Wir müssen natürlich endlich die Spitalsreform im WIGEV umsetzen. Das ist ja ein Drama, dass sich jetzt schon drei oder vier Gesundheitsstadträte damit beschäftigt haben, es aber an einem Mann hängt, der Nein sagt, und das ist Herr - wie wir alle wissen -, das ist die Gewerkschaft. Es ist nicht zu glauben! Wir brauchen da diese Abkoppelung von der Politik und eine professionelle Strukturreform. Das ist unbedingt notwendig, ist in jedem Bundesland in Österreich möglich, nur in Wien ist es offensichtlich nicht möglich. Also ich hoffe, dass da endlich Schwung hineinkommt. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir müssen auch die Digitalisierung in den Spitälern angehen. Gerade hat ja eine Dienstreise stattgefunden - ich konnte leider nicht mitfahren, was mir noch jetzt sehr leid tut -, und zwar nach Tallinn, wo man festgestellt hat, wie die digitale Welt in diesem Bereich ausschauen kann. Bei uns ist da ja praktisch fast nichts, aber das wäre so wichtig, denn damit könnte man entlasten - man könnte das Personal damit entlasten, man könnte die Patienten damit entlasten -, man könnte so vieles damit erreichen. Ich hoffe, dass vielleicht Tallinn jetzt der Ansporn ist, damit sich da endlich etwas tut.
Generell noch einmal: Wir müssen das Gesundheitswesen ganzheitlicher denken. Da meine ich einerseits eine Reform des Kassensystems - darüber reden wir auch seit vielen Jahren, aber es geschieht nicht, das ist dringend notwendig, denn das würde auch zu einer Entlastung der Spitäler führen -, ich meine aber auch ein gesamtheitliches Denken der Gesundheits- und Pflegeleistungen. Gesundheit und Pflege sind nicht zwei völlig getrennte Teile, das muss man viel mehr gemeinsam sehen - und es ist ja in den meisten Ländern auch gemeinsam.
Es gab aber auch Erfreuliches - ich gehöre ja nicht zu denen, die sagen, alles ist schlecht -, es hat natürlich in manchen Bereichen auch Fortschritte gegeben. Ich bin auch sehr froh, dass die Pflegelehrgänge im FH Campus, diese 810, die wir vor 2 Jahren beschlossen haben, jetzt schon in der 2. Phase sind, dass 750 Plätze für Pflegeassistenten geschaffen werden. Natürlich ist das halt zu spät, man hätte früher beginnen sollen, aber es ist immer noch besser, man hat zumindest damit begonnen. Das ist ein guter Schritt für die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich bringe drei Beschlussanträge ein. - Übrigens, Frau Huemer, Ihren Pflegeanträgen werden wir generell zustimmen, die finde ich alle gut - wie gesagt, abgesehen von jenem zur Vier-Tage-Woche, aber nicht aus Prinzip, sondern auf Grund der Situation.
Der erste Antrag betrifft die adäquate Versorgung von Schmerzpatienten und Schaffung eines Schmerzzentrums - sehr, sehr wichtig. Zweitens: Ein Beschlussantrag betreffend Pilotprojekt ehrenamtliche Demenzbegleitung in den Akutspitälern des WIGEV. Und drittens: Ein Beschlussantrag betreffend sofortige Evaluierung und Weiterentwicklung und Umsetzung des Zieles Gesundheits
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