Gemeinderat, 40. Sitzung vom 28.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 102
Letztes Jahr waren in manchen Bereichen noch Teil-Lockdowns aktiv, immer wieder flackerten neue Inzidenzen auf, und das wurde dann abgelöst durch diesen schrecklichen, nicht vorstellbaren Krieg, den wir seit dieser Zeit erleben - mit allen Komplikationen, mit Inflation, mit allen Verunsicherungen. Auch das, von dem wir seit Jahren gedacht haben, dass es Europa sicher durch die Krisen bringt, unser Denken von Frieden, von Abrüstung, alles hat sich wirklich verändert! Und in dieser Zeit mussten wir sehr schnell gemeinsam auf diese Situation reagieren und eben schauen und darauf achten, was die Kultur- und Kunstlandschaft braucht. Es reicht allein ein Faktor von Preiserhöhungen, Inflation oder Energie- und Personalkostensteigerungen, um das subtile Geflecht einer Kulturinstitution ins Wanken zu bringen. Das heißt, wir müssen wirklich immer passgenau schauen, welche Maßnahme die richtige ist.
Da gibt es ein paar Guidelines, und Sie kennen sie. Dazu gehört - wie sie jetzt ganz wichtig ist - die faire Bezahlung, der Versuch - der nie zu Ende ist -, wirklich zu schauen: Was heißt künstlerische Arbeit, wie wird die bewertet, wie kann man das überhaupt darstellen? Diesen Versuch haben wir schon 2018 mit einem Symposium mit der Szene begonnen - das hat ja auch zu Untergrenzen für die Bezahlungen, vor allem im performativen Bereich, geführt. Dann, weiter: „Repair and care“, also zu schauen: Wo läuft in einer Stadt etwas falsch? Und, da haben Sie natürlich immer wieder auch mit Ihrer Kritik recht, da ist der Prozess niemals abgeschlossen - niemals -, das kann nicht sein, aber man hat ein Auge darauf. Wir schauen auf die Institutionen, versuchen, sie resilienter zu machen.
Wir versuchen aber auch, neue Räume für Künstlerinnen und Künstler zu schaffen, weil sie eben probieren müssen, weil auch Musikerinnen und Musiker und auch Kinder, die Musik machen, auch Krach machen, wie wir wissen - ich bin Mutter einer Tochter, die drei Jahre lang quietschend Geige geübt hat, und da gerät man in natürliche Konflikte, mit der Nachbarschaft, aber auch intrafamiliär. Das heißt also, wir brauchen da mehr Raum für Kunst und Kultur für Kinder.
Und, ganz wichtig: Kunst und Kultur für alle - und das ist wichtiger denn je. Und das, muss ich sagen, hat mich jetzt sehr berührt - ich gehe nicht auf einzelne Details der Kritik ein, dafür ist die Zeit zu kurz, aber eines entnehme ich den Aussagen von Ihnen allen, und da nehme ich wirklich jeden und jede von Ihnen, die hier gesprochen haben, beim Wort -: Sie sind mit Eifer und mit Begeisterung für Kultur und für die Wissenschaft. Keiner von Ihnen hat jemals eine Kürzung verlangt, sondern wir alle arbeiten an einem beständigen Resilientermachen dieser Stadt in diesen Bereichen, und dafür danke ich Ihnen, auch für Ihre Beiträge, und wie gesagt, wir sind auf dem Weg.
Aber es ist viel gelungen, und das waren eben zum Beispiel diese Arbeitsstipendien, über die aber von einer Jury entschieden wird, und deswegen weiß ich nicht - weil der Gemeinderat gesagt hat oder Sie gesagt haben, Sie machen auch Kunst und Kultur (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das hat der Peko gesagt!) Ja, ja, ich weiß, aber dazu gibt es ja Jurys, und es ist schon ganz gut, dass es Jurys gibt (GR Stefan Berger: Er hat aber gesagt, Sie entscheiden!), die sozusagen Qualitätskriterien einziehen und die unabhängig von der Politik entscheiden. (GR Mag. Dietbert Kowarik: … will eh kein Geld!) Wir haben eben jetzt 84 Arbeitsstipendien zu jeweils 1.500 EUR im Monat, und das ist eine Entlastung. Die sind auch nicht durchgehend, sondern alle fünf Jahre kann man ansuchen.
Und man hat gesehen, diese Evaluierung durch Educult hat gezeigt, dass die Fair-Pay-Maßnahmen, die die Stadt Wien bis jetzt gesetzt hat - in der Stadt, in der 50 Prozent aller Künstlerinnen und Künstler dieses Landes sind, das darf man nicht vergessen, also Wien zieht ja Menschen auch an -, diese Künstlerinnen und Künstler eigentlich gut durch die Krisen gebracht haben, aber auch da ist immer Luft nach oben.
Wichtig war aber auch die Frage des Raumes, denn Raum ist in einer großen Stadt teuer, und deswegen bauen wir sukzessive auch Arbeitsräume für den performativen Bereich, aber auch Ateliers aus, damit eben Künstler und Künstlerinnen günstig auch ihrer Arbeit nachgehen können, auch die Tanzstudios, die wir dieses Jahr eröffnet haben - aber davon werde ich gerne nächstes Jahr erzählen -, aber allein die Westbahnstudios, ein neues Zentrum im 15. Bezirk, wo es eben gerade für den Bereich neue Musik und Experimentalmusik auch neue Aufnahmemöglichkeiten und Probemöglichkeiten gibt, in einer sehr schönen PPP-Form realisiert mit einem Privatier, der diesen Raum auch möglich gemacht hat.
Mir ist wichtig, wenn wir sagen, wir sprechen von dem Erleben von Kunst und Kultur: Man muss einerseits natürlich die Tradition fördern und stärken und Institutionen auch weiterentwickeln, aber wir müssen auch in den Bezirken spürbar werden, und das werden wir massiv, einerseits durch den Kultursommer, der ja überall aufschlägt, und sehr stark - weil ich Frau Korosec sehe - auch in Altenheimen. Also wir haben es geschafft, dass wir Künstlerinnen und Künstler, natürlich vor allem aus dem Bereich der Musik, in die Altersheime bringen. Es ist in jedem Altersheim auch eine Bühne für Musikerinnen und Musiker und für die BewohnerInnen, die nicht mehr so agil sind oder sich teilweise auch zunehmend gefürchtet haben - durch Corona wurde das ja beschleunigt.
Aber auch die kulturellen Ankerzentren - mittlerweile haben wir sieben an der Zahl, die sehr unterschiedlich sind, und ich nehme Sie da auch gerne wieder einmal auf eine Reise mit, um zu schauen, wie unterschiedlich da in den Bezirken gearbeitet wird. Neu dazugekommen ist im Übrigen das Fluc, das auch saniert werden wird.
Wir konnten eben das Kulturbudget maßgeblich steigern. Wir haben in Wien ein Budget, das mehr als die Hälfte des Bundesbudgets für ganz Österreich ausmacht. Also da, denke ich, ist auf Bundesseite auch noch viel Luft nach oben. Ich glaube, dieses Land braucht mehr Investment in diesem Bereich.
Auch die Wissenschaftsvermittlung - und da kann ich mich Herrn Stefan Gara nur anschließen - ist wahnsinnig wichtig in einer Zeit, in der Fake News einfach überhandnehmen und in der auch die KI uns maßgeblich beschäftigt und es Entwicklungen gibt, die wir scheinbar nicht mehr steuern können. Wir brauchen da wirkliche Tools,
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