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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 27.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 111

 

schreiben das Jahr 2023. Es ist ein Drama, dass wir heute darüber reden müssen, jedenfalls in dieser Dichte und Deutlichkeit, aber der Anstieg antisemitischer Vorfälle in ganz Europa, auch in Österreich und auch in Wien, ist besorgniserregend. Die letzten Zahlen deuten darauf hin, dass es in Wien einen Anstieg antisemitischer Vorfälle von über 400 Prozent gibt. Das werden wir, meine Damen und Herren, hoffentlich nicht auf sich beruhen lassen, sondern entsprechende Strategien finden. Das ist schon ein Aufruf an den Zusammenhalt des gesamten Hauses und an alle, die davon reden, dass wir Demokratie erhalten und Extremismus bekämpfen müssen. Hier sind wir gefordert. Da werden wir Sie alle miteinander auch beim Wort nehmen, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie von GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM und GR Johann Arsenovic.)

 

In dem Zusammenhang: Bei der letzten Sitzung des Kongresses der Regionen und Gemeinden Europas im Europarat waren zu unserem Entsetzen - Kollegin Wieninger nickt - tätliche Angriffe gegen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und kommunale Vertreter in Europa ein Schwerpunktthema. Das gibt es schon. Das erleben wir hier Gott sei Dank nicht in diesem Ausmaß, aber es gibt Fälle, bei denen Bürgermeister getötet worden sind, bei denen ihre Häuser angezündet worden sind, bei denen Abgeordnete zu regionalen Parlamenten schwer verletzt wurden, ihre Familien mit Feuer aus dem Haus getrieben worden sind, und so weiter, und so fort.

 

Das ist etwas, was uns insgesamt besorgen muss, weil es ein Verfall demokratischer, friedlicher Kultur auf diesem Kontinent ist. Dem muss man mit allen Mitteln entgegenstehen, statt mir jetzt zu erzählen, das hängt mit einem Phänomen zusammen. Das ist insgesamt ein gesellschaftliches Problem, mit dem man sich auseinandersetzen muss, wiewohl man bestimmte Problemstellungen, die durchaus auch mit Migration zu tun haben können, nicht vergessen darf, meine Damen und Herren. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Da sind wir uns einig!) Man muss das bedachtsam und in aller Ruhe, aber auch sehr besorgt wahrnehmen und dementsprechend etwas dagegen unternehmen.

 

Wir sind in Österreich noch nicht in dieser Situation. Tragen wir alle miteinander letztendlich auch durch die Wahl der Worte, mit denen wir uns äußern, dazu bei, dass es nicht zu einer solchen Verrohung der Gesellschaft kommt, meine Damen und Herren!

 

Nach wie vor gibt es in Europa Krieg. Wenn man Europa ein bisschen weiter fasst als Österreich und Umgebung, dann gibt es einerseits in der Ukraine Krieg und es ist andererseits in Armenien und Aserbaidschan gerade ein Krieg beendet worden - mit tragischen Folgen. Meine Damen und Herren, das ist tragisch, weil Europa doch der Kontinent sein sollte, in dem es keinen Krieg gibt. Das ist kein Appell an einen pseudopazifistischen Ansatz. Dass sich die Ukraine gegen die Bedrohung durch die Russische Föderation wehrt und die Europäische Union in einer einmaligen Geschlossenheit zur Ukraine steht, ist eine Frage von Zivilisation. Das habe ich Ihnen schon einmal gesagt. Es ist eine zivilisatorische Notwendigkeit, solidarisch gegenüber der Ukraine zu sein.

 

Das bedeutet, dass wir uns wünschen müssen, dass die Ukraine diesen Krieg demnächst erfolgreich beenden kann und die Staaten der Europäischen Union weiterhin einen Beitrag dazu leisten müssen. Das ist wichtig, meine Damen und Herren, weil das Gegenteil der Sieg der Barbarei wäre. Das ist gegen das europäische Projekt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie von GRin Mag. Dolores Bakos, BA und GR Thomas Weber.)

 

In dem Zusammenhang ein Blick auf die Vertragsreform, die Kollegin Bakos schon hervorragend vorgestellt hat. Es ist ja natürlich kein Wunder, dass wir da einer Meinung sind. Uns eint in dem Fall mehr als eine formale Koalition, sondern eine gemeinsame Überzeugung, nämlich das europäische Projekt weiterzuentwickeln. Weil das heute gesagt worden ist, meine Damen und Herren: Da geht es nicht darum, dass wir dafür Sorge tragen, dass uns jemand nicht überstimmen kann. Das ist eine eigentümliche Haltung. Es geht darum, dass wir in einem gemeinsamen demokratischen Prozess Europa gemeinsam gestalten - ohne die Möglichkeit des Blockierens und Verhinderns.

 

Das ist der Grund, warum diese Vertragsreform unbedingt notwendig ist. Das ist kein Europa, wo jeder - ich hätte Hansl gesagt, jetzt sage ich gegendert Gretel (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Das ist jetzt viel besser! - Heiterkeit bei GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.), ich habe es mir gedacht, gell, aber der Einwand hat kommen müssen - wo jeder und jede versuchen können, alles durch ein Einstimmigkeitsprinzip zu blockieren. Das ist nicht das, was ich mir unter Europa vorstelle. Europa ist eine von Werten gemeinsam getragene Union, in der sich gemeinsam, möglichst überfraktionell und besonders übernational Ideen und Programme durchsetzen. Dazu ist diese Reform notwendig. Das ist der Grund, warum wir heute diesen Antrag einbringen. Ich bin froh, dass wir ihn einbringen.

 

Meine Damen und Herren, die Zukunft der Europäischen Union ist natürlich eine, die nicht national, sondern regional ist. Es ist eine Zukunft, die rational und nicht aggressiv ist. Es ist eine feste, auf Grundlagen basierende Zukunft, die dieser Kontinent hat. Für uns wäre es natürlich von entscheidender Bedeutung, dass wir möglichst gemeinsam einen Beitrag dazu leisten, dass man das auch umsetzt. Weil ich ein heilloser Optimist bin, glaube ich, dass uns das gelingen wird, meine Damen und Herren.

 

Bei der Frage, wie wir insgesamt weiter tun - auch als Österreicherin und Österreicher -, bin ich manchmal nicht so optimistisch. Ich sage Ihnen das an Hand von einem Beispiel: Es hat mich schon ein bisschen vor den Kopf gestoßen, dass die Bundesregierung es für richtig befunden hat, auf einem Veto über die Schengen-Freizügigkeit zweier Mitglieder der Union … (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Nicht die Bundesregierung! Das ist falsch!) Ich will dir nicht weh tun, aber das ist PartnerInnenweglegung. Also gut, sagen wir es weniger anrüchig: Dass es von der nationalen Ebene für richtig befunden wurde. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Das ist falsch! Warum bringst du es nicht zusammen, ÖVP zu sagen? Genierst du dich dafür?) - Warum sollte ich nicht ... (GR Ing. Udo Guggenbichler,

 

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