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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 28.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 97

 

fügung stellen, damit diese Stadt eine spannende Kulturhauptstadt, wie wir sie gerne nennen, bleibt. Herzlichen Dank! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn ich mir allerdings das Budget anschaue, dann muss ich - nach der Leistungsschau meines Vorredners Thomas Weber - sagen, ich bin nicht ganz so begeistert von diesem Budget, ich sehe da mehr „more of the same“, aber wenig Geld für Innovationen. Letzte Woche haben Sie ja die Kulturstrategie für Wien präsentiert, und darin gibt es auch einige Ideen, aber viele von den Innovationen, sehe ich, sind da nicht so ganz möglich. Wir haben 67 Millionen EUR mehr, damit können aber im Wesentlichen die Löcher gestopft werden, die es schon gibt. Das heißt, Investitionskosten oder vertraglich festgelegte Personalkosten werden abgedeckt, aber ganz neues Geld für neue Innovationen, für eine neue Art, die Stadt und die Kulturlandschaft zu denken, ist eigentlich nicht da. Wir fördern weiterhin im großen Stil Mainstreamangebote wie die Vereinigten Bühnen, die in anderen Städten ohne Subventionen auskommen. Es gibt in dieser Kulturstrategie weiter keine Vision, wie die Theaterlandschaft 2030 in Wien aussehen soll, und es gibt weiter zwar ein Bekenntnis zu Fair Pay, aber es ist nicht genau klar, wie das in Zukunft finanziert werden soll. Es reicht nämlich nicht, Fair Pay nur zu verlangen, wenn nicht gleichzeitig die Ressourcen für die dafür notwendigen Subventionserhöhungen geplant werden.

 

Die Mittelbühnen - das wissen Sie - werden gerade zwischen den Forderungen der MitarbeiterInnen nach Fair Pay und den gedeckelten Subventionen aufgerieben. Auch andere Institutionen - wir sehen es in den Akten, die zum nächsten Ausschuss kommen - versuchen, entlang Fair Pay einzureichen und erhalten diese Summen dann nicht, weil sie nicht im Budget sind. Wie wir da weitermachen, weiß ich noch nicht. Eigentlich bräuchte es einfach mehr Kulturbudget für diese Stadt. Ich bin ansonsten ja nicht so sehr der Meinung der FPÖ, aber da muss ich ihr zustimmen: Ein Kulturbudget von 2 Prozent für diese Stadt wäre schon etwas, wo wir uns hinbewegen könnten.

 

Die Kulturstrategie will die Kulturszene angemessen in die Stadtplanung einbringen, aber wenn wir uns die Realität anschauen, dann müssen wir feststellen, dass es noch nicht so gut funktioniert. Ich spreche jetzt über das Nordwestbahngelände. Das Nordwestbahngelände wird von den BewohnerInnen her so groß wie Krems sein. Zirka 16.000 bis 20.000 Personen werden dort wohnen, und es ist keine kulturelle Infrastruktur geplant, weder eine städtische Bücherei noch Veranstaltungshallen als soziokulturelle Nachbarschaftszentren oder gar Kulturzentren oder Proberäume. Nichts davon findet sich in der Flächenwidmung. Wie soll dieser neue Stadtteil also kulturell lebendig oder überhaupt ein Ort sein, wo Menschen zusammenkommen, und nicht nur eine Schlafstadt? Ich weiß es nicht. Es gibt auch kein Erinnerungskonzept für das Nordwestbahngelände. Vielleicht wissen es nicht alle von Ihnen, aber es ist ein historischer Schmerzort. 1938 hat hier im Nordwestbahngelände die Ausstellung „Der ewige Jude“ stattgefunden. Es wurden hier im Nordwestbahngelände arisierte, also enteignete Güter gestapelt, und es hat auch genau in dieser Gegend Zwangsarbeit gegeben. Es gibt also Grund genug, sich an diesem Ort auch an die unangenehme Geschichte zu erinnern, und im Moment findet das in der Planung nicht statt.

 

Eine zeitgemäße Erinnerungspolitik ist Thema der Kulturstrategie. Im Umgang mit der Lueger-Statue zeigt sich aber, dass die aktuelle wissenschaftliche und gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit toxischen Statuen übersehen oder halb ignoriert wird, denn sonst müsste klar sein, es ist nicht mehr zeitgemäß, die Verherrlichung eines Antisemiten mitten in der Stadt bestehen zu lassen. Auch wenn er um 3 Grad gekippt ist, ist er leider noch immer ein Held von 20 m Höhe. Mein Kollege Nikolaus Kunrath wird danach noch mehr dazu sagen.

 

Die Kulturstrategie verspricht außerdem ein leicht zugängliches Kulturangebot für Kinder. Gleichzeitig erwähnt sie mit keinem Wort die dringend notwendige Restrukturierung des Theaters der Jugend, das im aktuellen Angebot nur noch Kinder von finanzkräftigen Eltern und bei Weitem nicht alle Bevölkerungsgruppen dieser Stadt erreicht. Das ist sehr schade. Gerade wenn Kinder und Jugendliche nicht frühzeitig einen Zugang zur Kultur bekommen, werden sie später diese Orte auch als fremd empfinden. Das heißt, wir müssen ein Angebot schaffen, wo wirklich alle Kinder dieser Stadt ins Theater kommen, in die Kinos oder auch an andere Orte kommen. Das halte ich für total wichtig.

 

Während die SPÖ auf Bundesebene ein Instrument für jedes Kind fordert, schaffen Sie es nicht, hier in Wien in den Pflichtschulen einen ordentlichen musikpädagogischen Unterricht zu schaffen, sodass alle Kinder auch wirklich von MusikpädagogInnen unterrichtet werden. Wir haben diese Personen, die werden auf unseren Unis ausgebildet, aber leider landen sie nicht in den Schulen, sondern müssen sich am privaten Mark verdingen. Da wäre in dieser Stadt gerade für die Zukunft deutlich mehr drinnen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Zur Publikumsentwicklung: Da steht drinnen, Sie wollen das Publikum entwickeln und marginalisierte gesellschaftliche Gruppen sollen integriert werden, aber wie diese Inklusion stattfinden soll, wie wir mehr Diversität auf die großen Bühnen der Stadt bringen, steht nicht in dieser Kulturstrategie. Es soll einen Beirat geben, aber was der machen soll, was der entscheiden soll, wo sein Handlungsspielraum ist, das wissen wir nicht, und das wird auch nicht zu Ende gedacht. Zumindest wirkt es so, vielleicht kommunizieren Sie es nur nicht. Es fehlen meiner Meinung dieser Strategie die Unterfütterung der Inhalte und auch die Erfolgsmarker. Wann waren wir erfolgreich? Wie funktioniert Audience Development? Wie funktioniert das Outrage? Wen will diese Kulturstrategie künftig im Publikum sehen? Wie soll die Theaterlandschaft 2030 ausschauen? Welche Umverteilungen im Budget sind geplant? Und vor allen Dingen: Welche Kultursparten sollen in Zukunft gefördert werden? Solche Fragen hätte ich in der Kulturstrategie gerne beantwortet.

 

Postskriptum: Transparenz in der Fördervergabe und Kontrollmöglichkeiten für Großsubventionen über 1 Millionen EUR kommen in der vorliegenden Kulturstrategie leider auch mit keinem Wort vor. Wenn so viel Steuergeld in

 

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