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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 28.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 97

 

Das spannt den Bogen von der Fernwärme zum Heizen auch im Gartenbau beziehungsweise in der Landwirtschaft, was Kollegin Otero-Garcia schon angesprochen hat. Das ist ein sehr umfangreiches Thema, und es gab auch immer wieder Kritik seitens der Landwirtschaft betreffend die Anschlüsse an die Fernwärme beziehungsweise auch die Preisgestaltung und die Verträge. Ich bin froh, dass es 2023 eine Einigung beziehungsweise ein kulantes Entgegenkommen seitens der Wien Energie gegenüber dem Gartenbau gegeben hat. Und ich bin bei Ihnen: Da muss etwas getan werden, um den Gartenbau entsprechend zu unterstützen, dass auch umgestiegen werden kann. Das ist nämlich nicht immer so trivial. Landwirte berichten uns, dass die Kombination mit Fernwärme auch im Hinblick auf die Beziehungen zur Stadt in der Vergangenheit eher sehr mühsam war, und daher glaube ich, dass es höchste Zeit ist, auch dem Gartenbau und der Landwirtschaft entgegenzukommen.

 

Das bringt mich auch zu dem Punkt, den wir schon vorige Woche diskutiert haben, und zwar zum Umgang mit der Landwirtschaft. Ich habe das auch schon erwähnt, als der AgSTEP hier zur Beschlussfassung vorgelegen ist. Die Flächensicherung ist das eine, aber der alltägliche Umgang mit der Landwirtschaft auch in kultureller und atmosphärischer Hinsicht ist die zweite Frage, und das ist die weitaus wichtigere Frage. Es ist nämlich ein Problem, wenn sich Landwirtinnen und Landwirte aus unterschiedlichsten Gründen nicht willkommen fühlen, etwa, weil das Grundstück neben ihrem auf Basis einer neuen Flächenwidmung so verbaut wird, dass der Sonneneinfall verhindert wird, wodurch im Gartenbau ein Produzieren verunmöglicht wird. Dadurch hat die Stadt zwar nicht direkt auf das Grundstück Einfluss genommen, es gab aber Auswirkungen durch Tätigkeiten in der Umgebung. Deshalb würde ich mir wünschen, sehr geehrte Damen und Herren, dass auch dieses gewisse Gespür, was die Landwirtschaft braucht und wie sie am besten unterstützt wird, in Zukunft mehr Platz greift. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenn es um Unterstützung und die Frage, ob sich die Landwirtschaft in Wien wohlfühlt oder nicht, geht, komme ich auch noch zu einem zweiten Thema, das wir im Zuge der Fragestunde vorige Woche angerissen haben: Ich spreche jetzt von der Rolle von „Wiener Gusto“. Das ist eine Marke, die seitens der Stadt entwickelt wurde, um Produkte, die die Stadt selber produziert, auf den Markt zu bringen und zu vermarkten. Ich gebe zu, dass ich diese Entwicklung beziehungsweise diese Maßnahme von Anfang an sehr kritisch gesehen habe und ich tue es nach wie vor. Warum? Ich habe dazu mehrere Anfragen in der Hinsicht gestellt, was die Idee dahinter ist, wie die Strategie ist, wie der Zugang dazu aussieht, welche Ziele die Stadt mit dieser Idee verfolgt. - Bei der ersten Anfragebeantwortung wurde auch klar definiert, dass die Produkte, die Wien über „Wiener Gusto“ anbietet, jedenfalls in Qualität und Quantität konkurrenzfähig sein müssen und Sie sich mit diesem neuen Produkt auf den Lebensmittelmarkt begeben.

 

Vorige Woche habe ich den Stadtrat gefragt, was sein Zugang im Hinblick auf den Vorwurf ist, dass die Stadt damit in Konkurrenz mit heimischen Betrieben und Landwirtinnen und Landwirten tritt. Das ist nämlich aus meiner Sicht sehr wohl eine etwas unfaire Dimension, weil die Stadt ganz andere Hebel hat als ein familiärer Betrieb in der Landwirtschaft, der nicht wahnsinnig groß ist und vielleicht ein Produkt herstellt. Die große Stadt mit ihren Hebeln steht diesem Produzenten dann nämlich vis-à-vis. Wir haben auch hinterfragt, wie viel das Werbebudget beträgt, denn mir ist aufgefallen, dass es, als die Marke gelauncht wurde, fast kein Auskommen gab, ohne irgendwo über die Werbung für diese Marke zu stolpern. Und ich habe jetzt auch im Kommunikationsbericht der Stadt für 2022 nachgelesen, dass von Oktober bis Dezember 2022 die Werbekampagne für diese Marke gelaufen ist, und zwar mit einem Werbebudget von 1,2 Millionen EUR nur für diesen Zeitraum.

 

In Anbetracht dessen frage ich Sie jetzt noch einmal: Sind Sie nach wie vor der Meinung, dass die Konkurrenzsituation zwischen Stadt und heimischen Produzenten und Produzentinnen so trivial darstellbar ist, wenn Sie innerhalb von 3 Monaten 1,2 Millionen EUR nur für das Marketingbudget aufwenden, um ein Produkt auf dem Markt zu bewerben und um direkt in Konkurrenz mit kleinen heimischen Landwirtinnen und Landwirten zu treten? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in irgendeiner Art und Weise die heimische Landwirtschaft unterstützt, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Noch dazu ist ja auch ein kleiner Trick dabei. Aus der zweiten Anfragebeantwortung, die wir auf unsere Frage bekommen haben, ob es sich dabei nur um Wiener Produkte handelt, geht nämlich klar hervor, dass die Produkte von „Wiener Gusto“ genauso auch in Niederösterreich produziert werden. Na klar, denn die Stadt Wien hat Flächen in Wien und in Niederösterreich! Das heißt, es gibt da auch noch einen kleinen Marketing-Gag. Die Produkte von „Wiener Gusto“ werden zur Hälfte in Niederösterreich produziert, sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, das geht sich irgendwie nicht zu 100 Prozent aus! Tut mir leid, aber ich bin kein Fan dieser Marke und werde es wahrscheinlich auch nicht werden! Ich verstehe wirklich nicht, warum es überhaupt die Aufgabe der Stadt sein muss, in einer solchen Art und Weise in den Markt einzutreten und damit den heimischen Betrieben Konkurrenz zu machen.

 

Dazu noch ein spannendes Detail am Rande: Ich habe dann, als ich gerade die Werbebudgets in diesem Bericht durchgeschaut habe, auch noch einen Vergleich gezogen. Fürs Parkpickerl wurden 960.000 EUR ausgegeben, und für „Wiener Gusto“ wurde somit mehr Geld ausgegeben als für die Kommunikation der flächendeckenden Ausrollung des Wiener Parkpickerls. Da muss ich mich schon fragen: Steht das in einem angemessenen Verhältnis? Und: Ist das der Landwirtschaft wirklich dienlich? - Ich glaube es nicht, sehr geehrte Damen und Herren! - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Redezeit betrug zehn Minuten. Die fraktionelle Restredezeit beträgt acht Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Spitzer, und ich erteile es ihm. Selbstgewählte Redezeit zehn Minuten. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

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