«  1  »

 

Gemeinderat, 49. Sitzung vom 24.01.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 69

 

das heute nicht mehr. Der wesentliche Grund dazu ist auf der einen Seite der Bau der I. Wiener Hochquellleitung - wir haben im letzten Jahr genügend Gelegenheit gehabt, darüber zu sprechen, sie war ja 150 Jahre alt - und eben der Ausbau des Kanalnetzes auf der anderen Seite.

 

Es ist bis heute so, dass die beste Medizin gegen Krankheit und Seuchen Trinkwasser in bester Qualität und eine funktionierende Kanalisation und Abwasserreinigung sind. Das geht bis in die jüngste Vergangenheit. Wir wissen alle, dass in der Covid-Pandemie das Abwasser einen wahren Informationsschatz im Kampf gegen Corona geliefert hat. Wir waren eine der ersten Großstädte Europas mit einem umfassenden Abwassermonitoring. Die Erkenntnisse daraus haben viel dazu beigetragen, die Viren zu bekämpfen, und waren ein wesentlicher Baustein im Krisenmanagement der Pandemie. Das kann möglicherweise auch ein sehr zentraler Baustein sein, um den Wienerinnen und Wienern zukünftig Schutz gegen Influenza, Noro-Viren oder die Vogelgrippe zu bieten. Es ist also eine große Sache, die wir hier aufbauen konnten und auf die wir aufbauen werden.

 

Die Arbeit an einem funktionstüchtigen und zukunftsfähigen Wiener Kanalsystem geht - und das war jetzt schon ein kleiner Beitrag dazu, um das zu zeigen - weit über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus. Wir haben mit dem Abwassermonitoring das Thema Seuchenprävention gehabt. Es gibt zum Beispiel die Renaturierung des Liesingbachs und den Bau des Wientalkanals zum Schutz des Wienflusses zu erwähnen, die digitale Kanalnetzsteuerung, die Speicherbecken in Simmering, Favoriten und Liesing sowie die Technologien der Energiegewinnung.

 

Warum sage ich das? Das alles ist möglich, weil sich die Stadt vor 100 Jahren entschieden hat, alle Maßnahmen am Wohl der BürgerInnen und nicht am Gewinn von Unternehmen zu orientieren. Das ist eben das Jubiläum, das wir feiern: Die Entscheidung des Gemeinderates vom 1. Juli 1923, den städtischen Kanalbetrieb bis Jänner 1924 in den Dienst der Stadt überzuführen. Diese Entscheidung hat es möglich gemacht, die Kanalräumung zu modernisieren, die Erfordernisse der Hygiene anzugehen und gleichzeitig - eine sehr zentrale Sache - die Arbeitsverhältnisse der Kanalräumer - in dem Fall nicht gegendert - vor 100 Jahren zu verbessern.

 

Damals wie heute können wir durch diese Entscheidung der Bevölkerung diese Leistungen garantieren - und das zu einem sehr, sehr günstigen Preis. Lassen Sie mich ein paar beeindruckende Zahlen erwähnen, die zeigen, was es ist, was Wien Kanal leistet! Es ist durchaus beeindruckend: 184 Milliarden Liter Wasser pro Jahr werden über das öffentliche Kanalnetz zur Kläranlage transportiert und dort eben auf dem höchsten Stand der Technik gereinigt. Täglich werden 20 Tonnen abgelagertes Material aus den Kanälen geholt, um einen störungsfreien Abfluss der Kläranlage zu garantieren.

 

Die MitarbeiterInnen von Wien Kanal sind aber auch Dienstleister. Im privaten Bereich gibt es jährlich zirka 500 Kanalverstopfungen, die behoben werden müssen. 700 t Öl muss aus den Fettabscheidern geholt werden. Natürlich werden unsere Kanäle inspiziert: 200 km jedes Jahr. Es werden bei 1.000 bis 1.500 Kleinstellen, schadhafte Kanalgitter, und vieles mehr ausgewechselt sowie einige Kilometer Kanäle neu gebaut, saniert und umgebaut. Wenn man so will: Tagesgeschäft.

 

Die aktuelle Herausforderung ist aber eine ganz andere Nummer für die Abwasserprofis, weil der Klimawandel nicht nur die Lebensqualität in unserer Stadt generell auf eine Probe stellt und wir alles tun müssen, damit die Lebensqualität auch in 20 Jahren hoch ist, sondern auch das Abwassersystem. Wir wissen es alle: 2023 war weltweit das heißeste Jahr in der Messgeschichte. Im Sommer 2022 sind die österreichischen Gletscher gegenüber dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre etwa um die doppelte Masse geschrumpft, und, und, und.

 

Trockene Phasen führen aber auf der anderen Seite auch zu sehr starken punktuellen Niederschlägen. 2021 war zwar die Abweichung von plus 1,3 Grad gegenüber dem Temperaturmittelwert ein Grund dafür, dass wir gesagt haben, es war ein heißes und auch trockenes Jahr. Es gab aber besonders starke Regenfälle im Juli und im August, die das ausgeglichen haben. Vor allem der Abend des 17. Juli war ein Beispiel für die Herausforderungen der Stadt und damit des Kanalsystems. Wir hatten extreme Regenmengen in kurzer Zeit. Es gab Überflutungen und Stromausfälle. Auf der Hohen Warte fielen an diesem Tag zwischen 19 und 22 Uhr mit 80 mm Regen pro Quadratmeter enorme Wassermengen, die in diesem Zeitraum für einen neuen Stationsrekord gesorgt haben. Die Wiederkehrzeit des Regens lag deutlich über 100 Jahren.

 

Es ist dann so weitergegangen: 2023 zum Beispiel beim 20-jährigen Ereignis am 6.6. in Kaiserebersdorf, am Tag darauf bei einem 30-jährigen Ereignis. Während man solche Regenfälle nur aus den Tropen gekannt hat, ist es mittlerweile üblich, dass solche „rain bombs“ in einer Stadt wie Wien runtergehen und damit die Kanalisation belasten.

 

Was brauchen wir gegen ein derartig verrücktes Wetter, wenn ich das so sagen darf, im Zusammenhang mit der Kanalisation? Wir müssen auf der einen Seite Platz schaffen, um die Leistung zu erhöhen, damit man diese derartig großen Regenmengen auf der einen Seite aufnehmen kann und auf der anderen Seite vor Überflutung schützen kann. Man muss aber auch klar dazusagen: Dazu ist die Kanalisation grundsätzlich nicht ausgerichtet. Die Kanalisation ist kein Hochwasserschutz. Wir wollen aber natürlich das Beste tun - alles, was wir können -, um in Kombination mit dem Gewässerschutz einen Beitrag dazu zu leisten. Das funktioniert durch unterirdische Speicherbecken, Speicherkanäle, den Ausbau der Anlagen und die Leistungsfähigkeit der Pumpwerke.

 

Ich könnte jetzt Stunden reden. Ich versuche seit fünf Minuten, einen kleinen Überblick darüber zu geben, was allein in diesen Bereichen in den letzten Jahren erledigt und geschaffen worden ist, sodass damit ein Beitrag zum Hochwasserschutz oder eben Überflutungsschutz geleistet worden ist. Das ginge, wie gesagt, natürlich weiter.

 

Das größte Speicherbecken ist in Simmering. Die meisten werden es wissen: Es ist unter einem Fußballplatz in der Haidestraße 11 und fasst 34 Millionen Liter Wasser, die dort zwischengespeichert werden. Aber auch

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular