Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 103
Digitale Bildungsplattformen sollen den Zugang zu Bildung über Grenzen hinweg vereinfachen und ein EU-weites System zur schnellen und unkomplizierten Anerkennung von Qualifikationen und Abschlüssen schaffen, was wirklich grundlegend ist. Was heißt das auch für Österreich? Dass Bundesländer Nostrifizierungsverfahren nicht länger verschleppen können dürfen und natürlich, dass Karrieremöglichkeiten, die teilweise auch durch Interessensvertretungen in Kammern beschränkt werden, nicht weiter eingeschränkt werden dürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe es anfangs erwähnt, diese Vision des gemeinsamen Europas trägt mich hier in dieser Debatte. Ich bin froh, dass es diese breite Mehrheit gibt, aber lassen Sie uns auch gemeinsam ein Europa der Zukunft vor Augen führen, in dem die Bildungsfreizügigkeit als fünfte Grundfreiheit lebendige Realität ist. Ein Europa, wo junge Menschen frei und ungehindert nicht nur reisen können, sondern auch Wissen und Erfahrungen austauschen und einbringen können, wo jede Bildungseinrichtung zu einem Knotenpunkt in einem vernetzten System des Lernens und der kulturellen Bereicherung wird.
Ein Europa, das seine Stärke auch in der Diversität der Menschen sieht und aus dieser Diversität der Bürgerinnen und Bürger schöpft und in dem jeder Einzelne den gleichen Zugang zu Bildung und berufliche Chancen hat. Dieses Europa können wir bauen mit der Einführung der Bildungsfreizügigkeit, Schritt für Schritt, gemeinsam in Richtung eines offenen, vernetzten und inklusiven Kontinents. Herzlichen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Kunrath. Sie haben das Wort.
GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen hier am Podium! Herzlich willkommen, Evelyn, Moni, Andi, Lukas und Herr Mayer! Hallo an die Zusehenden via Livestream!
Gleich zu Beginn möchte ich für mich eines klarstellen, und das ist der Unterschied zu manchen anderen hier: Die EU hat sich für mich in die richtige Richtung entwickelt und gerade mit dem Green Deal und mit Ausnahme eines wichtigen Landes auch in anderem pro-koalitionären Stil zusammengearbeitet. Diese Orientierung muss weiter verteidigt und gestärkt werden angesichts der immer gefährlicher werdenden Klimakrise. Ich komme dann später auch noch dazu, wie derzeit ja noch manchmal in Wien mit der Klimakrise umgegangen wird.
Herr StR Hanke und andere haben heute schon erwähnt, wie wichtig die EP-Wahl am 9. Juni dieses Jahres für Österreich ist - sie ist ja in anderen Ländern zu anderen Zeitpunkten -, und was für ein entscheidendes Datum das dafür wird. Wird es eine Mehrheit für einen zukunftsorientierten Kurs geben oder droht ein Rückschritt? Wird es darauf ankommen, ob Rechtsextreme bei ihren Positionen in Menschenrechtsfragen - von Abtreibungsverbot über Genderverbot und Angriffe auf LGBTIQ+-Rechte bis hin zu Remigrationsphantasien - isoliert bleiben (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Was ist die ÖVP? Rechtsextrem?), ebenso bei ihren Angriffen auf KlimaschützerInnen, die sie in Zeiten wie diesen absurderweise als TerroristInnen bezeichnen, oder, das ist leider auch ein Problem, das man immer wieder auf der europäischen Ebene sieht, dass sich die konservativeren Parteien diesen schrittweise annähern?
So leid es mir tut, Lukas (in Richtung EP-Abg. Mag. Lukas Mandl), wenn du hier sitzt, da nehme ich mit Besorgnis einen schleichenden Kurswechsel, vor allem bei der Pro-EU-Partei ÖVP wahr. Ob dies aus Überzeugung oder aus Parteitaktik passiert, macht im Ergebnis kaum einen Unterschied. Der wirklich absurde Kampf für die Kürzung von Arbeitslosengeld, das Verteidigen der Autoindustrie, die längst die Zukunft erkannt hat und trotzdem noch immer Träume in der ÖVP herrschen, wie die Autos mit Verbrennungsmotoren fahren sollen, Blockaden beim Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen oder in Österreich bei einem längst fälligen Klimaschutzgesetz, zwei Dinge, die mich aber besonders irritiert haben: dass Karo Edtstadler den nationalen Klimaaktionsplan zurückgezogen hat (GR Markus Gstöttner, MSc: Man muss das halt abstimmen in der Regierung!), und, was heute auch schon erwähnt wurde, dass der ehemalige, geschätzte IHS-Leiter Martin Kocher plötzlich gegen ein faires Lieferkettengesetz arbeitet. Denn auch hier wird gegen die Realität gearbeitet.
Ich habe mich mit verschiedenen Organisationen, die sich mit diesem Lieferkettengesetz intensiv beschäftigen, zusammengesetzt und mit ihnen gesprochen. Es sagen alle, die Industrie will das selbst, weil sie viel deutlichere und viel klarere Vorgaben hat, wie sie dann arbeiten kann, und dass nicht nur regional wirtschaftliche Betriebe einen Vorteil haben, sondern dass auch die ausgebeuteten Menschen im globalen Süden dann eine bessere Struktur bekommen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Das sind Anzeichen für eine Orientierung weg von einem solidarischen Europa. Othmar Karas hat das bei seiner Rede zur Bekanntgabe seiner Nichtkandidatur für die Europa-Wahl ja eindrucksvoll auf den Punkt gebracht. Leider wird das aber immer wieder auch hier in Wien auf eine andere Ebene gebracht. Ich habe das das letzte Mal am 1. Februar 2023 verstehen müssen, als nicht nur Toni Mahdalik, der im EU-Ausschuss sitzt, von dem ich es nicht anders erwartet habe, dagegen gestimmt hat, sondern auch die SPÖ. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Die NEOS wahrscheinlich auch!) Wovon spreche ich? Von einem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, das Nature Restoration Law, eine wesentliche Unterstützung für den Green Deal. Dieses wurde im Europaparlament mit knapper Mehrheit beschlossen, ohne die Stimmen der GRÜNEN und einiger Konservativer - Othmar Karas war einer davon - wäre es sonst gescheitert.
Im Europaausschuss am 1. Februar haben wir eine einheitliche Länderstellungnahme dazu abgestimmt, in der Passagen gestanden sind wie: „EU-gesetzliche quantitative Vorgaben für die Schaffung von bestimmten Anteilen von Grünflächen in städtischen Gebieten sind absolut überzogen“ oder „wie die Kommission eine derart massive Priorisierung der Klimaschutzinteressen vorsehen kann, ist unverständlich und scheint auch rechtlich überaus problematisch“. Das sind Zitate aus dem Jahr 2023 und
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