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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 103

 

nicht von irgendwelchen Industriellen irgendwann gesetzte Sätze, sondern tatsächlich Sätze, die damals zurückgekommen sind. NEOS, ÖVP, SPÖ und FPÖ stimmten für dieses Zitat, ich war damals der Einzige, der dagegen gestimmt hat, und Gott sei Dank hat das Europaparlament dann auch gegen diese Vorgaben gestimmt.

 

Es ist mir schon klar, Länderstellungnahmen sind immer ein Kompromiss, müssen immer gesamt abgesprochen werden, sind Ausdruck der Landesregierungen, aber es sollte zumindest einen breiten Meinungsbildungsprozess dazu geben, und deswegen bringe ich auch heute einen Antrag ein, der die Abhaltung von Fachenqueten vorschlägt, die dann genau darüber sprechen können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vielleicht kann dann auch im Ausschuss konkreter darüber gesprochen werden, wenn Städtewettbewerbe angegangen werden, wenn Wien Demokratiestadt wird und man erfährt das dann vorher und nicht zufällig aus den Medien. Man könnte auch gemeinsam und transparenter zusammenarbeiten. Die NEOS halten sich ja immer für die Transparenzpartei, da wäre das dann so wichtig.

 

Ich möchte aber zurückkommen, denn die Europäische Union ist auch geschaffen worden, weil sie ein Friedensprojekt ist, auch weil sie ein Friedensprojekt ist, das gemeinsam an einem Frieden in Europa arbeiten und entsprechend agieren möchte. Klar, EU-GegnerInnen wie die FPÖ stellen immer wieder das Ungarn von Viktor Orbán als Vorbild hin. Schauen wir uns doch an, welche Zustände in dieser illiberalen Demokratie, und so nenne ich es nun einmal in Ungarn, herrschen. Seit Orbán dort regiert, ist die Lage für die Zivilgesellschaft immer bedrohlicher geworden. Es gibt eine klare Diskriminierung und die Kriminalisierung von LGBTIQ+-Personen, Ablösung der Gleichstellung der Frauen, Zerstörung der Rechte, Gleichschaltung des Bildungswesens und der Medien. Nicht zu vergessen eine Korruption, die immer drückender wird und das mit Steuergeldern der BewohnerInnen aufgebaute Vermögen des Landes in die Taschen regimenaher Kleptokratie hineinprivatisiert. Jüngstes Beispiel ist das Ermöglichen, dass Burgen, Herrenhäuser, Gutshöfe im Besitz des Staates, von denen ein Teil mit weit über 100 Millionen EUR an EU-Mitteln renoviert wurde, an Fidesz-Günstlinge übertragen werden.

 

Für uns in Wien ist es wichtig, zu wissen, dass das Orbán-Regime die Stadt Budapest finanziell systematisch auszuhungern versucht. Auch die zumeist zum Bund oppositionellen Bezirke innerhalb der Budapester Stadt, die ja weit autarker und stärker eigenständig regieren können, stehen unter Druck. Wir versuchen, durch bilaterale Kontakte zwischen Wien und den Budapester Bezirken zu kooperieren, wie zum Beispiel die historische Innenstadt Wiens, also der 1. Bezirk, oder der 2. Bezirk, der derzeit gerade einen Literaturaustausch begonnen hat, wo Budapester und Wiener LiteratInnen sich gemeinsam austauschen und gemeinsam Veranstaltungen haben.

 

Ich möchte noch zu zwei anderen Ländern kommen, die sich außerhalb der EU befinden und in dieser internationalen Arbeit momentan eine anstrengende Struktur schaffen. Das eine ist die Türkei. Dort wird der österreichische Staatsbürger Mehmet Ali Cankaya, er ist ein Mensch, der sich seit Jahren im Ehrenamt der freialevitischen Gemeinde engagiert, festgehalten und darf nicht ausreisen. Ein österreichischer Staatsbürger darf nicht ausreisen, und wir wollten gemeinsam mit euch allen einen Antrag einbringen, dass wir hier gegen dieses Verbot sind, dass wir dafür sind, dass ein österreichischer Staatsbürger - ein Wiener, der sich engagiert, der 282 Container nach dem Erdbeben in die Türkei geschafft hat, 282 Familien einen Unterhalt gegeben hat, 282 Familien ein neues Zuhause gegeben hat -, wieder zurück darf, zurück kann.

 

Gefordert auch von der Stadt Wien, wie wir das oft tun, wie die Stadt Wien sich sehr oft engagiert und sich mit großer Unterstützung als Menschenrechtsstadt für die Freiheit von BürgerInnen aus dieser Stadt einsetzt. Was macht die SPÖ heute? Sie stimmt diesem Antrag nicht zu. Die SPÖ stimmt nicht zu, Mehmet Ali Cankaya zu helfen und zu unterstützen, und das erschreckt mich und das ärgert mich, und ich bin wirklich entsetzt, dass das hier heute nicht passiert. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Doch leider gibt es in diesen Strukturen auch noch eine Ebene, die Ungarn und die Türkei harmlos erscheinen lassen, im Vergleich zu dem, was derzeit in Russland passiert. Der Umgang mit OppositionspolitikerInnen, angefangen 2006 mit Anna Politovskaya, deren Mörder niemals verfolgt wurden, die immer vom Kreml gedeckt wurden, bis zum dramatischen Tod - StR Hanke nannte es heute einen tragischen Tod -, ich nenne es einen dramatischen Tod, dem Mord auf Raten an Alexei Navalny.

 

Die Erschießung verletzter ukrainischer Gefangener, die Ermordung von Kriegsüberläufern wie eben in Spanien, Lukas Mandl hat das heute schon gesagt, der Bomben- und Raketenterror gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine, die Bedrohung von Nachbarstaaten bis zu einer absurden Weltallatomkriegspolitik: Nicht einmal geringste Reste internationalen Rechts und die Spielregeln auf eine auf Kooperation basierende Weltordnung zu respektieren, Putin ist alles recht, um seine Macht zu festigen.

 

Wir haben es nicht mit einer Neuauflage des Kalten Krieges der frühen 1980er Jahre zu tun, sondern mit einer immer brutaler werdenden Politik. Das erinnert mich immer an die 30er, 40er Jahre des letzten Jahrhunderts. Deshalb muss Europa sich gemeinsam diesen Herausforderungen stellen, und deswegen unterstützen wir GRÜNEN auch die Aufnahme des Westbalkans in die Europäische Union, um da auch entsprechend zu agieren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein Schritt, der vor allem in Österreich längst überfällig ist, ist die Reduktion der Abhängigkeit von russischem Gas, die uns Putin-Schmeichler aller drei Parteien eingebrockt haben. Klimaministerin Leonore Gewessler beweist mit ihrer Ankündigung (GR Anton Mahdalik: Was hat sie bisher gemacht?), den Ausstieg aus russischem Gas per Gesetz bis Ende 2027 durchzusetzen (GR Anton Mahdalik: Wenn sie dann nicht mehr Ministerin ist!), jenes Verantwortungsgefühl, das die österreichische Gaswirtschaft auch zwei Jahre nach Putin‘s Angriff auf die Ukraine vermissen lässt.

 

Auch Energiepolitik ist Sicherheitspolitik, Österreich darf Putin‘s Kriegsmaschine nicht längerfristig finanzieren.

 

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