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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 103

 

Ein wenig ratlos lässt mich, und das zum wiederholten Mal, beim Thema Internationales halt wieder einmal die FPÖ zurück. Das war jetzt die geballte diplomatische Kraft der Freiheitlichen Partei und die geballte Expertise, wenn es um Außenpolitik geht. Ich habe nämlich keine einzige Forderung gehört, ich habe keine einzige Vision gehört, wo sich unsere Europäische Union nach den Wahlen hinentwickeln soll. Was ich wahrgenommen habe, ist ein Antrag, der ja wohl zeigt, wie inhaltlich stark die Freiheitliche Partei ist, wenn es um Internationales geht, ein Antrag, dass es keine Mindestsicherung für Ukrainer geben soll. Ich darf Ihnen sagen, geschätzte Damen und Herren von der FPÖ, das klingt vielleicht am Stammtisch gut, wenn man sagt, wir sind gegen Mindestsicherung für Ukrainer, nur bekommen Ukrainer halt keine Mindestsicherung. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Den Stammtisch kennt ihr ja gar nicht! Ihr seht ja nie Bürger! Wenn man nie einen Stammtisch gesehen hat, kann man das nicht wissen!) Ihr stellt am laufenden Band Anträge, die entweder jeder rechtlichen Grundlage entbehren oder überhaupt völlig aus der Luft gegriffen sind und jeglicher Realität entbehren. Das ist die außenpolitische Kompetenz der Freiheitlichen Partei! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie von GRin Mag. Dolores Bakos, BA und GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc.)

 

Es ist auch durchaus bemerkenswert - jetzt wissen wir schon, dass da eine gewisse Nähe zu Russland ist, aber es ist trotzdem bemerkenswert -, dass man keinem Antrag beitreten kann, in dem es um den Mord an einem russischen Oppositionellen geht. Da zeigt sich, dass die FPÖ inzwischen gänzlich zu einer russischen Satellitenpartei geworden ist (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Die müssen ja Wünsche erfüllen!), dass die FPÖ, wenn es um das Thema Russland geht, nicht einmal den Mord an einem Oppositionellen klar benennen kann. Das ist wirklich, wirklich ein Armutszeugnis von euch. (Beifall bei der ÖVP sowie von GRin Mag. Dolores Bakos, BA, GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc, GR Mag. (FH) Jörg Konrad und GRin Barbara Novak, MA.)

 

Sollte hier irgendjemand noch Bedenken haben - immer wieder höre ich ja, dass gesagt wird, die FPÖ und die ÖVP haben gewisse Überschneidungen (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Was ihr von uns alles abschreibt, da haben wir alle Überschneidungen!) -, so sehen Sie jetzt ganz, ganz klar, wo eine der ganz starken Abgrenzungen zwischen der ÖVP und der FPÖ ist: Wir möchten die Europäische Union weiterentwickeln. Wir kritisieren Sachen, die zu kritisieren sind, aber wir haben immer den positiven Drall zu sagen: Wie kann es besser gehen? Bei euch von der FPÖ hingegen weiß ich nicht genau, was ihr wollt, aber alles, was ihr sagt, ist destruktiv. (Beifall bei der ÖVP. - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Ist das eine Bewerbungsrede für das Gemeinderatsmandat, für das nächste? Oder was ist denn das?)

 

Meine Damen und Herren! Ich komme noch einmal auf das Thema Navalny zu sprechen. Es ist nämlich nicht nur so, dass das eine Art Positionierung zu sein scheint, wie man zum Regime in Russland steht, es hat schon auch noch eine Varianz, die uns allen zu denken geben sollte. Die Frage ist nämlich: Wie geht Russland mit Oppositionspolitikern um, und wie geht eine liberale Demokratie mit Oppositionspolitikern um? Warum ist das wichtig? Es ist wichtig, weil es die Abgrenzung zwischen einem totalitären System oder einem System mit totalitären Tendenzen und einem liberalen System ist. Was meine ich damit? Die Frage ist: Wie hoch sind die Kosten für Einzelpersonen, Oppositionspolitik zu betreiben? Was bezahlt jemand, wenn er in Opposition zur Regierung geht? Bezahlt er das mit seinem Leben, oder bezahlt er das mit seiner Freiheit, oder bezahlt er das mit der Zerstörung seiner privaten Existenz, oder bezahlt er das mit der Zerstörung seines Rufes - oder bezahlt er das überhaupt nicht, weil es nämlich von der Meinungsfreiheit gedeckt ist? Dieses Spektrum haben wir, und ich glaube, wir sind alle aufgerufen - und da schließe ich tatsächlich alle Parteien mit ein -, zu schauen, dass wir uns auf jener Seite des Spektrums bewegen, wo Oppositionspolitiker, wo das Gegenüber der Regierung, der Regierenden gar keine persönlichen, die Freiheit betreffenden oder sonstigen Konsequenzen zu tragen haben.

 

Das ist relevant, und das betrifft uns alle genau dann, wenn wir auf den anderen zornig sind und wenn wir vielleicht versucht sind, die Justiz einzuschalten oder die Medien einzuschalten oder ein bisschen etwas zu erzählen, was überhaupt nicht stimmt. Ich halte alle diese Tendenzen, die man bei uns in Österreich vermehrt sieht, die man aber in Deutschland - leider, muss ich sagen - auch gerade jetzt vermehrt sieht, für höchst gefährlich. Ich halte es für unredlich, aber ich halte es auch für demokratiebedrohend, ich halte es für höchst gefährlich. Wir dürfen nicht zulassen, dass eine politische Auseinandersetzung, die mit Worten und mit Argumenten geführt werden soll, auf einem anderen, auf einem persönlichen Boden geführt wird. Das wäre ein schleichender Übergang von einer liberalen Demokratie in ein System, wo Opposition Freiheit kostet, wo Opposition Leben kosten kann, wo man in ein totalitäres System abgleitet. Das müssen wir alle verhindern - das ist unser aller Aufgabe, und dazu möchte ich uns alle aufrufen. (Beifall bei der ÖVP sowie von GRin Mag. Dolores Bakos, BA, GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc und GRin Dr. Jennifer Kickert.)

 

Ich habe ja gesagt, wir stehen durchaus nicht an, die EU auch zu kritisieren, und ich bin eine große Vertreterin der Meinung, dass die Europäische Union ein Recht und die Pflicht hat, sich international für die Einhaltung von Menschenrechten einzusetzen, aber wir haben auch das Recht und die Pflicht, uns dafür einzusetzen, dass sie innerhalb Europas genauso hochgehalten werden, und das gilt auch für religiöse Gruppen innerhalb Europas. Wir sehen, dass die Zahl antisemitischer Vorfälle in der Europäischen Union steigt, wir sehen, dass die Zahl der Fälle von Attacken und Gewalt gegen Christen steigt. Alleine im vorletzten Jahr, von 2021 auf 2022, gab es bei den Attacken auf Kirchen einen Anstieg von 75 Prozent und bei Hatecrimes gegen Christen einen Anstieg von 44 Prozent. Meine Damen und Herren, das ist kein Randthema, das man wegschieben kann. Hier wird Aggression, hier wird Gewalt, hier wird Unterdrückung gegen religiöse Gruppen

 

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