Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 103
ausgeübt, und auch da ist es unsere Pflicht, die Menschenrechte, die wir auch im Ausland vertreten, immer wieder einzufordern und immer wieder darauf zu schauen, dass jüdische Menschen, die in Europa leben, dass christliche Menschen, die in Europa leben, keine Angst haben müssen, ihrem Glauben zu folgen. (Beifall bei der ÖVP und von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.)
Es wurde schon viel über Migration gesagt. Lassen Sie mich auch ein paar Worte hinzufügen, nämlich betreffend die Varianz der Demographie. Es wurden ja - es ist ein aktuelles Thema - im Oktober Instrumente der Europäischen Union zur Begegnung des demographischen Wandels herausgebracht. Die Europäische Kommission bezeichnet den demographischen Wandel als eine der großen Herausforderungen in unserer Zeit - neben dem ökologischen Wandel und neben der digitalen Transition. Die Wahrheit ist, wir haben eine alternde Gesellschaft und wir hätten ohne Migration eine schrumpfende Gesellschaft, und die Wahrheit ist auch, dass man mit Migration den Alterungsprozess nicht aufhalten wird können. Es ist daher ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen.
Was die Europäische Union als eine der Adaptionsstrategien empfiehlt, ist die Zuwanderung von Arbeitskräften, und das ist leider etwas, wo die Europäische Union, wo auch wir als Österreich noch viel Potenzial haben, nämlich Potenzial, wo es darum geht, dass die gezielte Zuwanderung, dass das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte funktioniert und andererseits die ungezielte Zuwanderung, also das, was über das Asylsystem geschieht, was der Staat selber nicht lenken kann, möglichst hintangestellt, möglichst eingedämmt wird. Das ist eine Frage auf europäischer Ebene, das ist nichts, was ein Nationalstaat lösen kann. Das ist eine Frage, die die europäische Gesetzgebung betrifft, die die EMRK betrifft, die internationale Abkommen betrifft. Es ist nicht möglich, von einem Tag auf den anderen zu sagen, wir wollen überhaupt keine Asylanträge mehr annehmen.
Aus diesem Grund ist es die Europäische Volkspartei und ist es die ÖVP, die sich immer und immer wieder auf europäischer Ebene dafür einsetzt, dass die Gesetze, die europäischen Gesetze geändert werden. Das ist eine hochkomplexe Materie, und wir sind froh, dass mit dem neuen Asylpakt jetzt ein kleiner Schritt gegangen werden konnte, aber - es ist schon gesagt worden - dieser muss umgesetzt werden, und das ist die nächste große Herausforderung, die uns in den nächsten fünf Jahren erwartet. (Beifall bei der ÖVP.)
Lassen Sie uns noch ein bisschen bei den Außenbeziehungen bleiben. Wir haben hier schon öfter im Zusammenhang mit dem Thema Integration über das geredet, was man in der Wissenschaft als Transnationalismus bezeichnet, nämlich die Einflussnahme ausländischer Regierungen auf Communities im Ausland. Das ist nicht nur eine Frage, die die Bundesregierung oder das Außenministerium betrifft, nein, es ist eine Frage, die zunehmend auch Städte betrifft. Warum? Weil Städte zunehmend zu Akteuren internationalen Handelns werden müssen. Zuwanderung geht in Städte, Städte wachsen, in Zukunft wird ein Großteil der Weltbevölkerung in Städten leben. Eine Stadt muss also verstehen, dass auch sie mit ihren eingewanderten Communities ein internationaler Akteur wird. Gerade deswegen sagen wir immer und immer wieder, Wien muss beginnen, Städtepartnerschaften zu schließen, und zwar vorrangig mit afrikanischen Städten - nicht nur, weil wir viele Menschen aus diesen Herkunftsländern in Österreich haben, und nicht nur, weil es um den Austausch geht, nein, sondern weil Wien sich selber als internationaler Akteur wahrnehmen muss und weil Wien deswegen aufgerufen ist, selber internationale Beziehungen auf Städteebene zu pflegen. Jetzt wissen wir, dass es Argumente gibt, die dagegensprechen - auch die wurden schon ausgetauscht -, aber ich denke, wenn der politische Wille da ist, dann gibt es auch Möglichkeiten, das umzusetzen. Ich glaube, es wäre wichtig, dass Wien diesen Schritt macht, zu verstehen, dass es beginnen muss, international zu handeln, um die Konflikte, um die Herausforderungen, aber auch um mögliche Bereicherungen, die durch Zuwanderung nach Wien getragen werden, besser handhaben zu können. (Beifall bei der ÖVP.)
Der letzte Punkt, den ich mitgebracht habe, ist das Thema EU-Kommissar für Afrika. Das ist uns tatsächlich ein Herzensanliegen, nicht nur, weil die Europäische Union in ihrer weiteren Nachbarschaft - und Afrika ist nun einmal unser Nachbarkontinent - aktiv handeln muss, meine Damen und Herren, sondern auch, weil wir als Europäer das Selbstbewusstsein haben können, das, was uns auszeichnet, unsere USP, in andere Länder tragen zu können, und das ist nun einmal Rechtsstaatlichkeit und das ist nun einmal Law Enforcement und das ist nun einmal Rechtssicherheit. Das sind die drei Dinge, die uns unterscheiden von Chinesen, das sind die drei Dinge, die uns unterscheiden von Russen, das ist das, womit wir aktiv auf Afrika zugehen können und sagen können: Machen wir eine Partnerschaft, arbeiten wir zusammen, und machen wir das strukturiert unter dem Dach eines Kommissars für Afrika, der die europäischen Maßnahmen, die europäische Politik für Afrika koordiniert und strukturiert und da zu einem beidseitigen Wohlgefallen beiträgt! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Es ist, wie gesagt, nicht alles positiv, was die Europäische Union macht, und es gibt ganz, ganz viele Dinge, die anders gemacht gehören, und es gibt ganz, ganz viele Dinge, bei denen wir nicht einer Meinung darüber sind, wie sie gemacht gehören, aber am Ende des Tages ist es die Europäische Union, in der wir leben, und es ist die Europäische Union, die unser politisches Handlungsfeld ist, und es ist deswegen auch die Europäische Union, an der wir aktiv mitarbeiten sollten und die wir nicht als Spielball für unsere Innenpolitik verwenden sollten. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächster zum Wort gemeldet ist das Mitglied des Europäischen Parlaments Mayer. Die Restredezeit sind noch neun Minuten, diese stelle ich auch ein. Bitte schön.
EP-Abg. Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG (FPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzter Wiener Gemeinderat!
Ich bin gerne bei euch. Der Diskurs lebt, merkt man, und das ist auch wichtig für eine Demokratie, das gehört sich auch so, und deswegen muss ich jetzt vielleicht auf
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular